Arrabona - Múzeumi közlemények 13. (Győr, 1971)

Lengyel A.: Beiträge der Geschichte der Győrer Arbeiterbewegungen

BEITRÄGE ZU DER GESCHICHTE DER GYÖRER ARBEITERBEWEGUNGEN • Der zweite Teil der gesammelten und durch Archivalien belegten Beiträge zur Geschichte der Győrer Arbeiterbewegungen erfaßt die bedeutsamsten Ereignisse der Jahre 1899—1906. Da die Meldungen des Polizeiamtes und die Unterbreitungen des Obergespans ziemlich wortkarg und kurzgefaßt waren, zeitweilig sogar zahlreiche Momente der Arbeiterbewegungen — wie Ausstände und unerlaubte Versammlungen — einfach totschwiegen, konnten und mußten wir die authentische Chronik je eines Halbjahrs nur gestützt auf Presseberichte, vornehmlich des lokalen Blattes „Győri Munkások Lapja" (Zeitung der Győrer Arbeiter) bzw. des späteren Presseorgans „Népakarat" (Volkswille) ergänzen. Bezeichnend für die Arbeiterbewegungen dieser sieben Jahre sind im allgemeinen — abgesehen von unbedeutenden Schwankungen — die begeisterte Aktivität, ja Ag­ressivität und die bewußt durchgeführte agitatorische Tätigkeit. Ausstände, Volks­versammlungen, Demonstrationen am 1. Mai verursachten den Behörden, aber auch den Betriebsleitern gleicherweise Verdruß und Unbehagen. Das aufsehenerregendste Ereignis der Arbeiterbewegung war zweifelsohne der am 1. Október 1902 aus­gebrochene, 22 Tage dauernde Ausstand von etwa 2000 Arbeitern der Győrer Waggon­fabrik. Zu diesem großangelegten Streik kam es, weil die Direktion des Betriebs die vertraglich festgesetzten Rechte der Belegschaft hinterhältig beschneiden wollte. Die zähe Beharrlichkeit der Arbeiterschaft aber und ihr einheitliches Auftreten veran­laßten schließlich die Direktion ihre starre Haltung aufzugeben und der streikenden Belegschaft Zugeständnisse einzuräumen. Auch die eindrucksvolle, am 1. Dezember 1904 in Győr veranstaltete Demonst­ration, als der Ministerpräsident István Tisza die Stadt besuchte, darf nicht unerwähnt bleiben. Der Regierungspräsident war mit einem großen Gefolge nach Győr gekom­men, um an der Volksversammlung der Liberalen Partei teilzunehmen. Die Aktionen, die gegen ihn und seine Suite gestartet wurden, ließen keinen Zweifel darüber auf­kommen, daß die im Dienste des ungarischen Imperialismus und des Finanzkapitals stehende, das Volk unbeugsam unterdrückende Politik auch in den einfachsten Ar­beitern wachsenden Haß und Verzweiflung auslöste. Die Umzüge der Arbeiterschaft am 1. Mai demonstrierten jährlich die Ent­schlossenheit der Werktätigen. Im Jahre 1906 nahmen z. B. mehr als 8000 Arbeiter am Umzug und später am Volksfest im Komlós-kert (Hopfengarten) teil. Die Redner sprachen — wie es in diesem Zeitabschnitt bei allen Zusammenkünften der Fall war — nicht nur über Lohnforderungen und von der wirtschaftlichen Unterdrückung, sondern es wurden immer häufiger Fragen angeschnitten, die auf die Notwendigkeit der Einführung des allgemeinen geheimen Wahlrechtes verwiesen und die die Er­weiterung der politischen Rechte der Arbeiterschaft forderten. Die gewerblichen und landwirtschaftlichen Arbeiter hatten — obwohl die Ver­handlungen hinter den Kulissen stattfanden — Kunde darüber erhalten, daß die volksfeindliche Wekerle-Regierung mit der Vorbereitung des „Fessel- und Prügel­bank"-Gesetzes das an und für sich übervorteilte und ausgebeutete Proletariat sowohl politisch als auch wirtschaftlich noch stärker zu knebeln gedachte. Alfréd Lengyel 415

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