Kulcsár Mihály (szerk.): Alba Regia. Annales Musei Stephani Regis - Szent István Király Múzeum közleményei. C. sorozat 43. (Székesfehérvár, 2015)

Szemle

ersten Weihnachtsabend hat man bis zu den 1950er Jahren noch Stroh auf den Zimmerboden gestreut und hat dort geschlafen. Die Erwähnung des Hajóser Weihnachtsstrohs ist bemerkenswert, dessen Erhaltung im 20. Jahrhundert bis jetzt nur bei den ungarländischen Kroaten und Ruthenen bekannt war. Die Tage vom Hl. Fabian, Sebastian und Rochus sind Votivtage mit Arbeitsverbot für die Bewahrung der Gesundheit der Tiere. Die Statue der wundertätigen Maria vom Bussen-Berg wurde aus der Urheimat hierher gebracht, deshalb wurden die Marientage des Kirchenjahres mit großer Eifer gefeiert. Von Maria erwartete man guten Weinertrag. Die Männer feierten auf dem Kellerberg: „In Hajós gab es sog. Kellertage, an denen die Männer nicht arbeiteten, sondern in den Kellern feierten. Solche Kellertage waren erstens die zwei Votivfeste, also der Fabians- und Sebastianstag (20. Januar) und der Rochustag (16. August), andererseits der Tag des Hl. Georg (24. April), sowie den Feiertagen folgende Montage: der Ostermontag und der Montag des Kirchtages im November nach dem Emmerichstag. Die zwei Frauentage (Mariä Himmelfahrt und Mariä Geburt) waren auch Kellertage...” (S. 297.) Die bedeutendste Charakteristik der traditionellen schwäbischen Mentalität der Hajóser ist die bedingungslose Zuneigung zum Ackerlandbesitz. Ihr Hauptziel war der Erwerb von mehr Ackerland, denn nur so hielten sie den Lebensunterhalt ihrer Familien für gesichert. Das Ackerland wurde bearbeitet, kein Stückchen durfte unbewirtet oder unbenutzt bleiben. Aus diesem Grund ist die Empörung des mit den heutigen Zuständen unzufriedenen, traditionell denkenden schwäbischen Hajóser Gewährsmannes verständlich: „In meiner Zeit wurde alles Land bewirtet, damit es nicht ungenutzt bleibe, es war eine Schande wenn etwas vernachlässigt wurde. Selbst die halbe Gemarkung der benachbarten ungarischen Dörfer wurde aufgekauft. Und heute ist die halbe Gemarkung von Hajós unbenutzt. Immer mehr Ackerland bleibt unbenutzt. Die Weingärten leiden sehr unter dem häufigen Wechsel der Eigentümer. In den Weingärten blüht jetzt der Wildtabak in langen Küometern, zur größten Freude der Bienenzüchter. Die Hajóser sehen die Vernachlässigung im ganzen Land, so auch in der Hajóser Gemarkung.” (S. 305.) In Hajós haben alte Eltern den gesamten Betrieb als Erbe an die erwachsenen verheirateten Kinder weitergegeben: das Wohnhaus mit den dazugehörigen Wirtschaftsgebäuden, den Gemüsegarten, den Keller, die Äcker, die Gärten im Überschwemmungsgebiet, die Wiese, den Weingarten und das Vieh, zusammen mit der erforderlichen Arbeit. Bei der Übergabe haben die Eltern einen kleinen Teü des Landes für sich behalten oder Rente (Depadat) von den Erben in Form von verschiedenen 1 Lebensrnitteln bekommen. Bei Großwirtsfamilien blieb meistens der älteste Sohn im Familienhaus. Er bekam die Hälfte des Hauses, seine Brüder bekamen Land. Er führte die Wirtschaft fort, also musste er unbedingt Bauer bleiben. In Hajós zog meistens der junge Ehemann bei der Familie seiner Frau ein, er ah Schwiegersohn, ln den meisten Familien hielt die Ehefrau Wirtschaft und Haushaltsgeld in den Händen. Doch die alltägliche landwirtschaftliche Arbeit wurde in der Familie unter dem Wirt, der Wirtsfrau, der jungen und der älteren Generation aufgeteilt. Laut der Analyse der dörflichen Moral und der Sitte waren die Hajóser Schwaben sehr laut, wenn sie irgendwo auftauchten. Ihre Volkstracht war früher völlig schwarz, was sehr verschieden von der der Nachbardörfer war, deshalb wurden sie schwarte Schwaben genannt. In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts haben sie die Nachbardörfer überholt: die Röcke wurden kürzer, durch die Kaschmirröcke wurde die Volkstracht bunter, die vielen Röcke machten sie schick und ihre Festtracht aus Samt eleganter. Die Kalocsaer Volkstracht hatte großen Einfluss auf die Hajóser Volkstracht. Früher, also vor 1945, kannte der Hajóser Bauer das Wort Moral, Sitte weder im Schwäbischen noch im Ungarischen. Doch seine Moral war auf sicherer Grundlage. Man sagt, früher, also vor der Vertreibung nach dem Weltkrieg, waren die Menschen besser. Sie hielten besonders den Verstoß gegen die zehn Gebote für eine Sünde: Diebstahl, Einbruch, Fluchen, den Betrug des Anderen, Ehebruch, die Unaufrichtigkeit gegeneinander. Der Hajóser Bauer István Gausz (1932) hat die moralischen Grundlagen des Lebens und seine eigene Identität so zusammengefasst: „An erster Stelle will ich ein anständiger Mensch, an zweiter Stelle ein anständiger Ungar, an dritter Stelle ein anständiger Schwabe sein! — Also muss ich vor allem ein anständiger Mensch sein. Wir leben und wohnen in Ungarn. Wir kamen zum ungarischen Volk und wir müssen akzeptieren, das wir hierher gehören, obwohl unsere Nationalität anderswoher stammt... Ich glaube, diese Reihenfolge ist am meisten zweckmäßig, dass der Mensch so denkt und so sein Leben lebt...” (S. 578.) Die Untersuchung der geistigen Kultur, der Volksdichtung und der Volksbräuche zeigt an, wie eine im 18. Jahrhundert eingesiedelte Gemeinschaft ihre 300 Jahre alten Traditionen und fast die gesamte, aus der Urheimat mitgebrachte Kultur bis zum 21. Jahrhundert bewahren konnte. In dessen Hintergrund steht die Tatsache, dass die Hajóser Schwaben die alltägliche und festliche orale Tradition, sowie die Texte der Volksdichtung und der Volksbräuche bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts bewahrten. Insbesondere die Kinderfolklore konnte viele Fragmente der volkstümlichen Glaubenswelt der Urheimat bewahren. Nach mündlicher Überlieferung ließ sich als erster jemand mit dem Namen Fuszenecker in Hajós nieder, der sieben Kinder hatte, die sich dann vermehrten, deshalb ist der Familienname Fuszenecker in Hajós so häufig. Sie kennen auch die Ortsneckerei von den Taten der sieben wandernden Schwabenburschen (S. 870—872). Über dieses 421

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