Alba Regia. Annales Musei Stephani Regis. – Alba Regia. Az István Király Múzeum Évkönyve. 24. 1986-1988 – Szent István Király Múzeum közleményei: C sorozat (1990)

Szemle – Rundschau - Fitz Jenő: Neuere Ergebnisse in der Pannonia-Forschung. p. 157–160.

Unausgesprochen ging die Theorie über die zweite Phase von der Vorstellung des späteren Pannoniens aus, wobei die Zusam­mengehörigkeit der nördlichen und südlichen der Drau liegen­den Gebiete als Selbstverständlichkeit betrachtet wurde. Den­nach konnte die Besetzung, die Inbesitznahme, der zu Illyricum bislang nicht gehörenden Gebiete von Süden nach Norden vor­dringend durgeführt werden. Nur ist diese Ansicht nichts weni­ger als stichhaltig. Die nördlich der Drau lebenden gehörten bis Mitte des 1. Jh. v. Chr. dem Machtbereich der Boii an. Dem Untergang des boisch-tauruskischen Staates folgte wahrschein­lich eine kurzfristige dakische Herrschaft, die aber nach dem Tod von Burebista zunichte wurde. Fortan erstreckte das Köni­greich Noricum seinen Einfluß auf die boischen Gebiete (Car­nuntum, Scarbantia), auf die Völker, die östlich und südlich von den Boii lebten (Savaria, Plattensee-Gegend). Die gleiche Kultur sowie die Verbreitung des Fundgutes von Pannonien-Noricum lassen darauf schließen, daß Noricum in dieser Periode die verwandten Völker bis zur Donaulinie in den eigenen Machtbe­reich einbezogen hat. Da in den letzten Jahrzehnten des 1. Jh. v. Chr. an dieser Strecke der Donaugegend keinerlei Verändu­rengen stattfanden, ist es wohl kaum zu bestreiten, daß im Jahre 15 v. Chr., als das Königreich Noricum von Rom annektiert wurde, auch dieses Gebiet in die römische Interessensphäre einging. Die Besetzung des gesamten Donau-Gebiet begann nicht in den Jahren 12-9, sondern schon 15 v. Chr., die Okkupa­tion durch Tiberius beendete nur den Vorgang. Diese Deutung der Geschehnisse stellt die Phasendifferenzen zwischen dem südlichen und dem nördlichen Teil der späteren Provinz in ein anderes Licht. Südlich der Drau begann mit der Eroberung - schon aus militärischen Gründen - eine entschiede­ne provinzielle Entwicklung. Illyricum verfügte bereits vor 12 v. Chr. seit geraumer Zeit über eine provinzielle Organisation, die nun auch in den neuen Gebieten geltend gemacht wurde. Das friedlich annektierte Noricum erhielt demgegenüber Jahrzehnte lang keinen Provinz-Status, eine örtliche Verwaltung bildete sich unter dem Schutz der Armee von Illyricum allenfalls auf primiti­ver Ebene, während sich in der Lebensform der Bevölkerung so gut wie nichts änderte. Dies dürfte aich im « pannonischen » Teil von Noricum der Fall gewesen sein. Eine weitere Frage : Wann wurde aus dem Gebiet nördlich der der Drau ein Bestandteil Pannoniens? Direkte Beweise sind nicht .verfügbar, und so sind wir auf Hypothesen angewiesen. Die Änderung erfolgte vielleicht erst unter Claudius, wie es Endre Tóth vermutet (1976, 201), als die provinzielle Or­ganisation sowohl in Noricum als auch nördlich der Drau an­fing. Zu dieser Hypothese liefert auch Plinius der Ältere eine Grundlage: Noricis iunguntur lacus Pelso, déserta Boiorum, iam tarnen colonia diui Claudi Sauaria et oppido Scarbantia habitatur (N. H., III, 14). Falls die Interpretierung richtig ist, gehörte die Siedlung Savaria noch zu Noricum, als ihr von Claudius der Rang einer colonia verliehen wurde. Pilinius kennte allerdings Savaria auch gemäß dem Zustand seiner eigenen Zeit erwähnt haben (wie er dies in einem anderen Falle mit dem Lager von Carnuntum tat: N. H., IV, 25). Vor der Stadtgründung stand in Savaria ein Militärlager (Tóth 1977, 196, Anm. 26) - statio­nierte hier die legio XV Apollinaris? - zweifellos aber auf dem Territorium der Armee von Illyricum. Seit Tiberius führen wir entlang der Bernstein-Straße eine ganze Reihe von Kastellen und Truppen verbänden in Evidenz: aufgrund dessen ist die Frage nicht abwegig, ob die Bernstein-Straße und die weiter östlich liegenden Gebiete von Noricum nicht schon früher, veiel­leicht anläßlich der Zweiteilung von Illyricum, unter die Admi­nistration des Statthalters von Nord-Illyricum gestellt wurden. Mit einigen Gegenstimmen setzte die frühere Forschung diese Zweiteilung auf die Zeit um 8/9 n. Chr. (Nagy 1970, 459-466), nach Abschluß des großen pannonisch-dalmatinischen Aufstan­des, oder noch auf die Kriegszeit an. Die Argumente jedoch, die diese Datierung bestätigen konnten, sind bestenfalls fragwürdig. In Res Gestae wird nur die Ausdehnung, aber nicht die Teilung von Illyricum erwähnt (Braunért 1977, 207). In den Quellen wird gegen Ende der Herrschaft von Augustus und in den ersten Regierungsjahren von Tiberius eine einzige Provinz - Illyricum - gennant (Fitz 1988, 13-25). Die Teilung scheint vor dem Aufenthalt von Drusus in Illyricum zwischen 17 und 20 unwahr­scheinlich zu sein. Es fragt sich nun, ob wir im Vierteljahr hun­dert von 20 bis 45 mit zwei beachtlichen Reorganisierung über­haupt rechnen könne, oder ob die Teilung von Illyricum, moti­viert durch die Sicherheit von Italien - neben der der Entzwei­ung der Pannonii und der Delmatae auch durch die Verteidigung gegen die Germanen -, nicht zugleich auch die Ausgestalltung der späteren Provinz Pannonién bedeutete? Die militärische Befestigung der Bernstein-Staße wurde vielleicht schon unter Drusus begonnen, aber jedenfalls vor Claudius beendet : Heute scheint dies das stärkste Argument zu sein, welches für die Angliederung der Gebiete nördlich der Drau an die später Pan­nonién genannte Provinz sprechen könnte, vermutlich nach der Teilung der früheren Provinz Illyricum um das Jahr 20. II. In der Periode der frühen Kaiserzeit erfuhr ein anderes, häufig wiederkehrendes Thema, die geplante Schaffung der Provinz Marcomannia und Sarmatia, eine neue Wende. Die Quellen sind wiedersprüchlich ; betrachtet man die bekannten historischen Geschehnisse gerade der beiden Zeitabschmitte - 175 und 179/ 180 -, da diese Pläne durchgeführt werden sollten, so entbehrt ein derartiges Vorhaben infolge der Umstände jeder Wahr­scheinlichkeit. Es entwickelten sich zahlreiche unterschiedliche Meinungen, die bereits wiederholt aufgezählt und analysiert wurden, doch die auf verschiedene Art interpretierbaren und betonbaren Quellenangaben ermöglichten bisher keine ein­wandfreie Klarstellung der Frage. Wahrscheinlich ist diese Un­gewißheit auch weiterhin nicht überwunden, doch das bekannt gewordene Konsulat des Ti. Claudius Pompeianus - das in Nicopolis ad Istrum gefundene Diplom (Gerassimova-Tomova 1875, 227-232 = AE, 1975, 758) erwähnt es am 23. August 166 (Molisani 1978, 168) - scheint jene Meinungen zu bekräftigen, die den Gedanken der Organisierung der beiden Provinzen auf die Jahre vor den Markomannenkriegen datierten. Auf jeden Fall wird durch das Konsulat des Claudius Pompeianus eine langjährige Streitfrage entschieden: Pannónia Inferior hat er zweifellos als Konsular verwaltet. Das bedeutet mit anderen Worten, daß in Pannónia Inferior bei seinem Amtsantritt im Jahre 167 zwei Legionen stationierten. Die zweite Legion hielt sich bereits 166 unter seinem Vorgänger Q. Caecilius Rufinus Crepereianus in der Provinz auf: dieser wurde in seinen Inschrif­ten aus Aquincum (CIL. III, 10407 = ILS, 3109; CIL, III, 10415) als Konsular bezeichnet (Fitz 1980, 405-410). Vermut­lich dürfen wir in dieser zweiten Legion die neuerdings aufge­stellte legio II Italica erblicken, die am niederpannonischen Limes mehrere Denkmäler hinterlassen hat (z. B. unveröffentli­che Ziegelstempel von Albertfalva, nach freundlicher Mitteilung von Tibor Nagy). Wie bereits mehrfach angedeutet, stand die Aufstellung neuer Legionen gewöhnlich mit der Organisierung einer neuen Provinz in Zusammenhang (Birley 1971, 10). All dies dürfte also darauf verweisen, daß Mark Aurel gegen Mitte der 160er Jahre tatsächlich den Gedanken erwog, die germani­schen und sarmatischen Völker an der Donau zu unterjochen, die fortwährende Unruhen und Gefahrsituationen schufen. Die­ser Plan dürfte ausschlißlich vor 169/70 als realistisch gelten. Vielleicht wurden die Vorbereitungen des Jahres 168 im Zeichen dieses Planes unternommen. Nach dem Großangriff der Marko­mannen versuchte Mark Aurel keine Eroberungen nehr. Mögli­cherweise wollten die Markomannen mit ihrem Angriff gerade des bevorstehenden Feldzug vorbeugen : an der Donau vernicht­eten sie in einem Überraschungscoup das römische Expeditions­heer von 20 000 Mann, verheerten das Aufmarschgebiet und belagerten Aquileia, das Hauptquartier (Fitz 1985, 123-125). III. Die meisten austehenden Probleme zeigen sich im Fortleben der pannonischen Bevölkerung, in der langsamen Entromanisie­rung Pannoniens. Ein gewisser Fortschritt ist allenfalls von den archäologischen Forschungen, von der Erforschung der Militär­lager, von der fortlaufenden Abgrenzung des Fundgutes aus dem 5 Jh. und nicht zuletzt von der Analysierung der Gräberfel­der zu erwarten (Barkóczi-Salamon 1984, 147-187). Eines scheint heute bereits ohne Zweifel zu sein, daß nämlich die auch in Quellen ausführlich detaillierten Fluchtwellen eher die wohl­habenden städtischen Bevölkerungsschichten betrafen, während die breite Masse größtenteils an Ort und Stelle blieb, bzw. sich in die mit Mauern geschützten Städte, Lager und Refugien 158

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