Fülöp Gyula (szerk.): Festschrift für Jenő Fitz - Szent István Király Múzeum közleményei. B. sorozat 47. (Székesfehérvár, 1996)

G. Susini: La Testimonianza Danubiana di un Sagalasseno

JENO FITZ SEPTUAGENARIO E. Weber DER IMMUNIS TUBULARIUS - EINE BISHER UNBEKANNTE MILITÄRISCHE FUNKTIONSBEZEICHNUNG Die angeführte Funktionsbezeichnung erscheint auf einer In­schrift. die nach glaubwürdiger Angabe aus Carnuntum stammt und sich heute im Privatbesitz in Niederösterreich befindet. Es handelt sich um einen stark beschädigten Altar, 43 x 30 cm groß, die Breite des Schaftes beträgt 22 cm, die Dicke 20 cm. Der obere Teil mit mindestens zwei Zeilen des Inschrifttextes fehlt. Stärker beschädigt ist auch der Sockel rechts, und auch das Schriftfeld ist bestoßen. Das Material ist lokaler Sandstein mit einer dün­nen weißen Stuckauflage, die auf der Rückseite fehlt; die Buch­staben sind mit roter Farbe ausgemalt. Nichts deutet daraufhin, daß eine Fälschung oder Verfälschung vorliegt. Die Buchsta­benhöhe beträgt etwa 4 cm (Abb. 1). Valeria­nus immu(nis) tubula(rius) v(otum) s(olvit) l(ibens) m(erito). Z, 2 sind die beiden letzten Buchstaben MV ligiert, ein dreiecki­ger Punkt ist danach in den Zwickel zwischen den Schrägstrich des V und die Kante des Steins so eingefügt, daß er auf und fast unter die Zeilenlinie zu stehen kommt. Punkte in der üblichen (1) E. Vorbeck, Militärinschriften aus Carnuntum (1980) verzeichnet Nr. 302, 303 und 317 drei Weihungen an Silvanus domesticus (!), die von Beneiiziariem und einem strator des Statthalters stammen, 51 von einem cornicularius der legio XIIII, 64 von einem optio; Nr. 100 und 101 von Soldaten ohne Angabe eines besonderen Dienstgrades, 237 ein Veteran der legio XV. Die Zahl der Weihungen im Zivilbe­reich ist weit höher. (2) Belege wieder bei Vorbeck a. a. O. ; angesichts des Charakters der Göttin bemerkenswert Nr. 75 = CIL III 15 191 von einem ve(tera­­nus) ex optione cust(odiarum), also dem ehemaligen Leiter des Mili­tärgefängnisses, aus dem Jahr 201 n. Chr., und Nr. 77 = CIL III 15 192, gestiftet von den clavicul(arii), Schließern. (3) Zu den (auch orientalischen) Kulten in Carnuntum zusammenfas­send H. Stigutz, ANRWII/6 (1977) 597 ff.; siehe auch M. Kand­­ler. Neues zur Verehrung der heliopolitanischen Götter in Carnuntum, in: Consilium Eirene XVI (16th International Eirene Conference II, Prag 1983) 191-195, und M. Kandler-H. Zabehlicky, Untersu­chungen am Ostrand der Canabae Legions von Carnuntum,in : Studien zu den Militärgrenzen Roms III (Stuttgart 1986) 341-349 (zu einem Tempelbezirk für Jupiter Heliopolitanus ebd. 344 ff.) (4) Vorbeck a. a. O. verzeichnet nur drei Belege. Nr. 250 ist ein vet(era­­nus), 309 ein vet(eranus) ex duplikar(io) und 311 ein evocat(us), also ausgediente Soldaten verschiedenen Ranges. (5) In Carnuntum ist dieser Dienstgrad bereits einige Male bezeugt, etwa durch CIL III 11 112 = Vorbeck Nr. 81 und AE 1956,148 = Vorbeck Nr. 82 und vor allem durch die Weihegruppe Minervae et Genio imm(unium) sac(rum), CSIR Österreich 1/2 (1967) Nr. 59 = Vorbeck Nr. 80. Zur Funktion siehe Dig. 50, 6, 7 quibusdam Form sind auch sonst nach den Wortenden Z. 2 und 3 sowie zwischen die Abkürzungsbuchstaben Z. 4 gesetzt. Welcher Gottheit der Stein geweiht war, läßt sich auch nicht annähernd bestimmen. Im militärischen Bereich war vor allem Iuppiter optimus maximus beliebt, im Raum von Carnuntum kommt aber, unter anderen, oft auch Silvanus vor1, Nemesis2 und orientalische Gottheiten, wie Mithras und Iuppiter Doliche­­nus oder Heliopolitanus3 4 5. Der eigentliche Kriegsgott Mars er­scheint dagegen wider Erwarten relativ selten4 5 * *. Die Überraschung der Inschrift aber liegt in der Funktionsbe­zeichnung des Stifters. Gut bezeugt ist zunächst die Charge eines immunis, eines Soldaten, der von den üblichen schweren Dien­sten befreit war!, ein „Gefreiter“. Diese Leute fanden vor allem im Verwaltungsdienst und in den Schreibstuben der Offiziere in Kommandofunktionen bis hinauf zum Statthalter Verwen­dung6 *. Waren sie bei der Verwaltung der fabricae, der Industrie­betriebe der Legion eingesetzt, gehörten sie wohl zum officium des praefectus legionis, des Lagerkommandanten. In diesem Umkreis haben wir auch den tubularius zu suchen1. Tubuli sind Röhren oder röhrenförmige Gegenstände, anschei­nend auch eine besondere Art von Metallbarren8; auch die röhrenförmigen Ziegel, durch welche beim üblichen römischen Heizungssystem die Heizgase in den Wänden aufsteigen konn­aliquam vacationem munerum graviorum condicio tribuit, mit einer Aufzählung von militärischen Tätigkeiten, die Freiheit von den son­stigen Diensten gewährten. Dazu gehörten offenbar auch die Profes­­sionisten der Legion. (6) So vor allem der librarius oder der immunis caerei, dessen Bezeich­nung von den von ihm ständig verwendeten Wachstafeln abgeleitet ist, CIL III 14 3582 = Vorbeck Nr. 83; vgl. A. B. Dobson, Die Rangordnung des römischen Heeres (1967) 40. (7) Nach einem freundlichen Hinweis der Redaktion des „Thesaurus Linguae Latinae”, München, ist diese Funktion bisher, noch nicht bezeugt, nur in CIL VI 9951 erscheint ein Amphi[--------•] / tubul [- --] servo [--------]. Eine Fehllesung oder Verschreibung von tabularius ist bei unserer doch recht sorgfältigen Inschrift auszuschließen, und das V ist gerade an dieser Stelle sehr deutlich. Ebenso scheidet schon aufgrund der Wortform eine direkte Beziehung zur tuba, der Kriegs­trompete aus ; der Hersteller eines solchen militärischen Signalinstru­ments ist der tubarius, siehe die oben angeführte Digestenstelle. Die Funktion eines tubicen wieder (die in der Regel hinter der militäri­schen Abkürzung TVB zu vermuten sein wird) ist in Carnuntum mehrfach bezeugt; vgl. etwa CIL 4483 und 14 35821* = CSIR Öster­reich 1/4 (1972) Nr. 384 f.; Vorbeck Nr. 151 und 150 (tubicines der legio XV, mit Darstellung des Instruments). (8) Diese Bezeichnung taucht nur bei Plinius NH 33, 108 auf. Beim Ausschmelzen des Silbers aus dem meist bleihaltigen Erz ergibt sich ein Nebenprodukt (spuma argenti), das als röhrenförmiger Barren ausgebracht wird, wie sich aus dem Zusammenhang eindeutig ergibt ; die Übersetzung von tubulus mit “Metallbarren” (ohne zusätzliche Angabe) in den Handbüchern ist daher zumindest irreführend. 97

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