Gunda Béla et al. (szerk.): Ideen, Objekte und Lebensformen. Gedenkschrift für Zsigmond Bátky - István Király Múzeum közelményei. A. sorozat 29. (Székesfehérvár, 1989)

Attila Selmeczi Kovács: Das Pressen von Öl

bisherigen Gleichgewicht. Die plötzlich eintreffende Kon­junktur: die starke Nachfrage nach dem Rapsöl zwang die sich kapitalisierenden Großgrundbesitze in der ersten Hälfte des 19. Jh., modernere Ölbetriebe zu errichten. Demgegenüber war in den Dörfern die herkömmliche tech­nische Einrichtung der kleinen Werkstätten der größeren Inanspruchnahme durch die Rapsölproduktion nicht ge­wachsen. Das Verschwinden der dörflichen Ölmühlen wur­de seit Ende des vergangenen Jahrhunderts durch die in der Fabrikindustrie konzentrierte Ölproduktion beschleu­nigt. Gegen Mitte des vergangenen Jahrhunderts trug dazu nicht unwesentlich auch die Erleichterung der kirchlichen Fastenregeln bei, wonach zur Fastenzeit statt Öl auch But­ter benützt werden durfte. * In der geschichtlichen Entwicklung der Ölpflanzenkultur trat also seit Ende des 18. Jh. eine wesentliche Änderung ein: Es erfolgte ein Vorstoß der sich von den früheren Pflanzenkulturen in Bezug auf physische Eigenschaften und Agrokultur unterscheidenden primären Ölpflanzen, die sich auf die Technologie der Ölproduktion maßgeblich auswirkten. Fortan wurde das Instrumentarium der Ölpro­duktion immer abwechslungsreicher, die Technik der ein­maligen Warmpressung verbreitete sich ganz allgemein. Infolge dieser Praxis berichten volkskundliche Untersu­chungen nur über diese neuere Technologie der Ölproduk­tion, wobei noch im 18. Jh., besonders aber in den voran­gegangenen Jahrhunderten das Speiseöl ausschließlich aus dem kaltgepreßten, färb- und geschmacklosen Öl bestand. Laut Maurizio ergaben sich aus der Kaltpressung die be­sten Varianten des Speiseöls (1927, 222).(1) Dies gilt beson­ders im Falle des Lein- und Hanfkerns, deren durch Erhit­zung gewonnenes Öl höchst unangenehm schmeckt. Des­halb unterschieden die Aufzeichnungen aus dem 16—17. Jh. das aus Leinkern kalt geschlagene Öl (ung. peceolaj), welches auch auf herrschaftlichen Tafeln vorkam, vom gewöhnlichen Leinkernöl, welches zur Zubereitung von Speisen nicht verwendet wurde (vgl. Selmeczi Kovács 1979). Ein ungrarischer Fachautor, der sich für die Sonnenblume einsetzte, beschrieb die traditionelle Technologie der Spei­seölproduktion zu Beginn des 19. Jh. wie folgt: Das Mehl der gemahlenen Sonnenblumenkerne wird in ein Tuch gehüllt und in Teilen kalt ausgepreßt. Die zurückbleibende Kuchenmasse wird zerstampft und abermals kalt ausge­preßt. Der aus diesem letzteren Kuchen durch Zerstampfung gewonnene Brei wird mit Wasser begossen, aufgewärmt und auf dem sog. „warmen Weg“ erneut ausgepreßt; doch ist dieses Öl minderwertiger und muß daher vom anderen getrennt aufgefangen werden (Torna 1839, 32—33). Der Verfasser beschreibt genau die jahrhundertelange Praxis, die zur Zeit der sekundären Ölpflanzenkultur in Mittel­europa bei der Verarbeitung von Lein und Hanf allgemein verbreitet war. * Das Pressen im Kaltverfahren und die physischen Eigen­schaften des herkömmlichen Rohstoffes verliehen der Ölschlägertechnologie ein wesentlich einfacheres Aussehen als der, der sich seit Mitte des vergangenen Jahrhunderts zeigte. Erstens mußten die winzigen Kerne, Raps einge­schlossen, nicht geschält werden, die alten Ölmühlen hatten also keine Einrichtung für diese Arbeitsphase. Die Geräte zum Zerstampfen der Kerne waren hingegen äußerst wech­selvoll und reichten vom einfachsten Mörser bis zu den mehrfachen Stampfenreihen der Wassermühlen (vgl. Hoff­mann 1969, 114—115). Trotz der Vielfalt an Form und Konstruktion beruhten jedoch diese Stampfgeräte auf dem­selben technischen Prinzip : Mit einem Schlag, der auf klei­ner Fläche viel Kraft entfaltet, wurden die winzigen Kerne zermalmt, d. h. einige Handvoll Kerne warf man in die Vertiefung der Stampfe, und der herniederfallende Knüppel zerkleinerte sie kraft seines Gewichtes.(2) Beliebte Varianten der zum Entzug des Ölgehaltes kleiner Kerne benützten Brechgeräte waren auch in früheren Jahr­hunderten die mehrgliedrige Stampfe wie z. B. aus der Mühle von Huszt (Hust, SU) im Jahre 1684 aufgezeichnet wurde: „Stampfe zum Leinkernbrechen mit vier eisenbeschlagenen Brechstöcken“ (Takáts 1915, 461). In letzter Zeit wurde die Brechvorrichtung mit Pferd oder Wasserenergie be­tätigt, doch in den traditionellen, kleinen Dorfwerkstätten wurde die mehrgliedrige Stampfenreihe bis zur jüngsten Zeit mit menschlicher Kraft: mit dem Fuß oder der Hand betrieben (Taf. I. 1). Die zweite Phase im Arbeitsprozeß der geschichtlichen Ölproduktion war das Auspressen des Öls. Dazu benützte man eine Keilpresse mit einem gewaltigen Schwinghammer. Das Kernmehl wurde in Tuch- oder Leintuchsäckchen zwischen die, in der Mitte der 3—4 m hohen Balkenkon­struktion befindlichen Preßhölzer gelegt, dann wurden von beiden Seiten mit den herabhängenden Knüppeln horizon­tale Keile über die Preßhölzer eingetrieben (Abb. 1).(3) Die Betätigungsweise des Geräts, die die Arbeitskraft von we­nigstens zwei Männern erforderte, begründet eindeutig (1) Die geschichtliche Bedeutung des Kaltpressens von Speiseöl wird aus den Pyrenäen von Krüger 1939, 491 ; aus Nieder­sachsen von Bomann 1929, 148; aus Ungarn von Gergelyffy 1809, 68—69 bestätigt. (2) Diese speziellen Stampfgeräte entwickelten sich als Adapta­tionen der zur Abschälung der herkömmlichen Getreidearten dienenden Handwerkzeuge (Mörser, Stampfe). Vgl. Gunda 1983, 161—169; Gamerith 1956. (3) Das Alter des geschilderten Geräts wurde von Eröss 1969, 288 auf 250—300 Jahre festgesetzt. 273 i ■ Abb. 2.: Spindelpresse mit Keltenbaum aus 1821. Zetelaka (Zetea, Rumänien), Nach Művelődés XXXII. 1979, Nr. 11. 17.

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