Gunda Béla et al. (szerk.): Ideen, Objekte und Lebensformen. Gedenkschrift für Zsigmond Bátky - István Király Múzeum közelményei. A. sorozat 29. (Székesfehérvár, 1989)

Gyula Viga: Spezifische Geräte zur Zubereitung der Schneckennudeln bei den Ungarn

Abb. 9.: Hölzerner Schneckenmacher aus 1782 (Debrecen). Fotó József Hapák Abb. 10.: Rückseite des Stückes auf Abb. 9. Ernährungskultur, diese Teigsorte in den bäuerlichen Kü­che „adaptiert“ werden, wo sie bis zur jüngsten Vergangen­heit eine außergewöhnliche Rolle spielte. Es ist freilich auch nicht auszuschließen, daß die Schnek­­kennudel auch in den adelig-bürgerlichen Haushalten erstmals an einem Schilfrohr-Gerät entstanden ist. Recht unwahrscheinlich ist aber die Vermutung, daß sie vom Weberkamm der Bäuerinnen in die adelig-bürgerlichen, städtischen Küchen gelangt wäre. Angesichts der wechselvollen Terminologie und der viel­fältigen Formen im östlichen Teil des Landes, ferner der Tatsache, daß sich diese Teigsorte in Westungarn bis heute nicht allgemein verbreitet hat, meine ich, daß wir ihren Ur­sprung auf jeden Fall entlang, insbesondere östlich der Theiß zu suchen haben, vielleicht gerade in der Gegend von Deb­recen. All dies wirft freilich eine weitere und — mangels Anga­ben — nicht beantwortbare Frage auf : Wir wissen nämlich nicht, ob die Schneckennudel bei den Ungarn ein ethnisches Spezifikum ist, oder Analogien oder gar Antezedenzien hat. In seinem Werk „Diétetika“ erwähnt István M á t y u s , daß die Nudeln [ung. laska (Sammelname] nach Ungarn aus Norinbergia (sprich: Nürnberg) gebracht werden. Be­reits im 18. Jh. wird der Nürnberger Trockenteig in einem gedruckten Zolltarif aus Nagyszeben (Hermannstadt) an­geführt (Mitteilung von Eszter K i s b á n ). J. G. K r ü - n i t z erwähnt im Jahre 1816 eine, der Schneckennudel ähnliche Teigsorte, die an einem gerippten Hartholzgerät geformt wird, wenn auch nicht in gleicher Weise (1816, (Miskolc) 811). Allerdings sind die frühesten, bekannten Stücke aus Debrecen älter, aber es ist dennoch nicht auszuschließen, daß diese Teigsorte — oder eine ähnliche — in süddeut­schen Gebieten oder anderen Gegenden Westeuropas be­kannt gewesen sein dürfte. Bedenkt man die damaligen Beziehungen der Stadt Debrecen zu Westeuropa, ihr hoch­­entwickeltes Zunftgewerbe, die Kontakte der Zünfte, die Wanderungen der Studenten und Handwerkerburschen, so ist das Vorhandensein der Verbindungen gewiß nicht auszuschließen. Bei den Nachbarvölkern, in der unmittelbar angrenzen­den Kulturzone also, finden wir jedoch keine Spur einer etwaigen Verbreitung dieser Teigsorte. In den slowakischen und polnischen Gebieten wurde den Suppen bei den Fest­essen und namentlich beim Hochzeitsmahl keine Sonder­stellung eingeräumt, auch von einer Trocken- bzw. Sup­pennudel besonderer Form wissen wir nicht. Rumänische Analogien sind mir unbekannt; je weiter südwärts, um so geringer wird anscheinend die Bedeutung der der Schnek­­kennudel ähnlichen, mit vielen Eiern zubereiteten Teigsor­ten (Mitteilung von Erzsébet B ö d i ). Solange also keine Analogien von den Nachbarvölkern oder aus anderen Teilen Europas auftauchen, müssen wir diese geknetete Suppennudel als eine typisch ungarische Erscheinung ansehen, die freilich — ungeachtet ihrer eigen­tümlichen Form — der spezifischen Ernährungskultur, einer typischen „Mehlspeisenzone“ der süd- und mittel­europäischen Weizengebiete angehört.(7) Gyula Viga (7) An dieser Stelle möchte ich Eszter Kisbán und Erzsébet Bődi dafür danken, daß sie mir bei der Verfassung dieser Arbeit mit zahlreichen Angaben und nützlichen Ratschlägen behilflich waren. 269

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