Gunda Béla et al. (szerk.): Ideen, Objekte und Lebensformen. Gedenkschrift für Zsigmond Bátky - István Király Múzeum közelményei. A. sorozat 29. (Székesfehérvár, 1989)

Gyula Viga: Spezifische Geräte zur Zubereitung der Schneckennudeln bei den Ungarn

Schuldig. Die den regionalen und lokalen Forschungsberich­ten zu entnehmenden Angaben gestatten zwar keine allge­meinen Schlußfolgerungen, doch sind in bezug auf unser Thema die Unterschiede zwischen den verschiedenen Klein- und Großregionen auffallend. In der Großen Ungarischen Tiefebene und im Nördli­chen Mittelgebirge ist die Schneckennudel allgemein be­kannt, beim Hochzeitsmahl sogar eine der unerläßlichen Zutaten der Fleischsuppe, hauptsächlich wenn diese aus Geflügelfleisch gekocht wird. Allerdings zeigen unsere Angaben, daß sie auch in diesen Regionen nicht gleichzeitig und auch nicht mit gleicher Bedeutung in die festliche Speisenfolge aufgenommen wurde: Während die „Schnek­­kensuppe“ bei den Palozen schon im vergangenen Jahr­hundert selbst bei den ärmsten Familien vom Hochzeits­tisch nicht fehlen konnte (Istvánffy 1894, 41), kam sie z. B. im Komitat Bereg viel später in Mode und wurde erst um 1930—35 in den scherzhaften Reimen des Braut­führers erwähnt (frdl. Mitteilung von Sarolta Csiszár). Im Komitat Szatmár, in den Gebieten Nyírség, Hajdúság und Sárrét, im Komitat Békés, in Klein- und Großkuma­­nien, im Theißtal und im Jászság-Gebiet ist sie allgemein bekannt, schon weniger aber im mittleren Teil des südli­chen Tieflandes. In der Gegend von Baja ist dieser Nudeltyp noch gebräuchlich, aber nicht typisch (Mitteilung von Ede Solymos und Emese S z o j k a), in der Umgebung von Mohács jedoch schon gar nicht mehr bekannt (Mittei­lung von György Sarosácz). Auch in zahlreichen Ortschaften Transdanubiens er­scheint beim Hochzeitsmahl die „Gänsehals-Suppe“, ist aber im westlichen Transdanubien weithin unbekannt (z. B. in den Komitaten Győr und Moson). Auch die Deut­schen West-Transdanubiens kennen diese Teigsorte nicht (Mitteilung von József K ü c s á n). Indem er die Volks­nahrung des Őrség-Gebietes (Wart) schildert, erwähnt László Kardos gerade diese Teigsorte, um zu veran­schaulichen, wieviel ärmlicher in dieser Beziehung die Volksnahrung Transdanubiens im Vergleich mit der Ge­gend von Debrecen und den großkumanischen Regionen ist (1943, 27—28). Freilich können auch an dieser Stelle die Probleme der Ansiedlungen nicht übersehen werden. Wir wissen beispiels­weise, daß der Brauch und die Geräte der Zubereitung von Schneckennudeln in die Gegend von Mosonmagyaróvár von Familien mitgebracht wurden, die aus dem Hajdúság- Gebiet hierher umgesiedelt wurden (Mitteilung von Anna Ács) — ähnliches müssen wir auch im Falle der aus dem Bükk-Gebirge ins Komitat Baranya Übersiedelten und auch anderer Volksgruppen denken. In dieser Hinsicht haben wir nur wenige Angaben über die herkömmliche Nahrung der jenseits der Landesgrenzen lebenden Ungarn bzw. der Nachbarvölker. Siebenbürgi­­sche Angaben aus dem 19. Jh. bezeugen eine traditions­reiche Vergangenheit (T. Szabó, 1978, 122—123), doch im ehemaligen Oberland (heute: Slowakei) sind die Spuren der Schneckennudel kaum zu entdecken und auch in rezen­ten Angaben kommt sie nur sporadisch vor (frdl. Mittei­lung von Ludvik N e u f e 1 d). Unsere Angaben lassen erkennen, daß die Zubereitung der anspruchsvolleren Teigsorten, so auch der Schnecken­nudel, ihre Grenzen hat, die von pflanzengeographischen Faktoren bestimmt werden. In nördlicher Richtung ver­läuft diese Grenze am Rande der tiefländischen Weizen­zone, zumal nur hochwertiges Weizenmehl zur Zubereitung dieser Teigsorte geeignet ist. Die Bewohner des nördlichen Berglandes verschallten die erforderliche Getreidemenge vor allem durch die Kontakte infolge der traditionsreichen regionalen Arbeitsteilung. All dies reicht freilich in sich nicht aus, um die mut­maßliche Gegend lokalisieren zu können, in der sich dieser Erscheinung entwickelte. Dazu müssen wir in die Unter­suchungen auch die verfügbaren Geräte, das gegenständ­liche Fundgut einbeziehen. Zubereitung der Schneckennudel, gebotener Anlaß Die Schneckennudel ist die anspruchsvollste Suppen­zutat, die die meiste Arbeit erfordert und deshalb nur aus festlichem Anlaß (vor allem zum Hochzeitsmahl) zubereitet wird. Sie ist nur für Fleischsuppen, hauptsächlich für die Hühnersuppe bestimmt. Bei der Zubereitung wird das Mehl mit viel Eiern, ohne Wasser hart geknetet, der fertige Teig wird zu schmalen Blättern (ung. levél) gestreckt. Das Blatt wird in kleine viereckige oder rhombusförmige Stücke zerschnitten, aus denen mit Hilfe einer Spindel an einem zu diesem Zweck dienenden Gerät gerippte Röhrchen gemacht werden. Im Hajdúság-Gebiet gilt eine andere Methode: aus dem Teigblatt werden nur schmale Bänder ausgeschnitten, von denen jeweils nur soviel abgerissen wird wie zum ein­maligen Aufwickeln nötig ist. Die Hausfrau lobt die schöne Schneckennudel. Ihre schöne gelbe Farbe hat sie von den vielen Eiern, doch sind Größe und Form durch örtliche Faktoren — Ge­schmack und Tradition — bestimmt. In dieser Beziehung kann selbst in Nachbardörfern der Geschmack verschieden sein. In Tiszaigar formte die Frau z. B. „spitze“ Schnek­­ken, im Unterschied etwa zu Kunmadaras, wo die Schnek­­ken „stumpf“ oder zum Kunság-Gebiet, wo sie winzig klein waren (Bakó 1954, 258). In Cserépfalu (Bükk Ge­birge) tadelte man die Frauen der unweiten Ortschaft Ré­páshuta, weil sie so große Schnecken machten, daß nur zwei in einer Zündholzschachtel Platz hatten (Huseby 1983,13). Für Festlichkeiten im engen Familienkreis machte die Hausfrau auch allein die Schnecken, vielleicht mit Hilfe ihrer größeren Töchter, doch zur Vorbereitung eines Schlachtfestes oder gar eines Hochzeitsmahles, wo an die 100 bis 300 Personen bewirtet werden mußten, reichte die häusliche Arbeitskraft nicht aus. Für ein Hochzeitsmahl wurden 50 bis 150 Blatt Teig geknetet. Im Tiefland und im nördlichen Bergland war die Zubereitung der Schnek­­kennudel eine willkommene Gelegenheit der herkömmli­chen Kollektivarbeiten, im Unterschied zu Transdanubien, wo solches nur vereinzelt vorkam. Die Zubereitung der Schneckennudel (ung. csigacsináló, csigataposás, csigavégtaposás, csigapergető) fand gewöhn­lich eine Woche vor der Hochzeit statt (ÚMTSZ, I, 820— 822; Madarassy 1931, 34—35; MNL, I, 500), an manchen Stellen erst am Vortag der Hochzeit. Dies war jedenfalls ein bedeutsamer Teil der festlichen Vorbereitungen. In den vergangenen 2—3 Jahrzehnten war diese Gelegenheit — hauptsächlich wegen der Erwerbstätigkeit der Frauen — nicht mehr derart zeitgebunden wie früher. 259

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