Gunda Béla et al. (szerk.): Ideen, Objekte und Lebensformen. Gedenkschrift für Zsigmond Bátky - István Király Múzeum közelményei. A. sorozat 29. (Székesfehérvár, 1989)

Gyula Viga: Spezifische Geräte zur Zubereitung der Schneckennudeln bei den Ungarn

SPEZIFISCHE GERÄTE ZUR ZUBEREITUNG DER SCHNECKENNUDELN BEI DEN UNGARN Die wissenschaftliche Tätigkeit von Zsigmond B á t k y war jederzeit mit Untersuchungen von Arbeitsgeräten und kleineren Gebrauchsgegenständen sowie ihren formalen, funktionellen und geschichtlichen Problemen verbunden (Gunda 1978, 34—53; Gunda—Krompecher—Szendrey 1939, 363—374). Besondere Aufmerksamkeit widmete er dem Instrumentarium der Küche, da darin nach seiner Ansicht die allerältesten Verfahrensweisen und die primi­tivsten Geräte fortbestehen und viele gewiß auch „prä­historische“ Analogien nachzuweisen sind (Bátky 1906, 174). Um so bedauerlicher also, daß während in der un­garischen Volkskunde in den letzten Jahrzehnten mehrere Abhandlungen über Geräte — vor allem aus dem Bereich der Wirtschaft — verfaßt wurden, manche sogar mit mono­graphischem Anspruch, die synthetisierende Aufarbeitung der Küchengeräte heute größtenteils noch bevorsteht. Die in den vergangenen Jahrzehnten angehäuften geschicht­lichen Angaben, vor allem Inventare, gelegentliche archäo­logische Funde und insbesondere die erhebliche Anzahl „ethnographischer“ Gegenstände in den öffentlichen Samm­lungen würden eine derartige Aufarbeitung nicht nur er­möglichen, sondern nachdrücklich erfordern. Dieser Ar­beit stehen allerdings heute noch viele Hindernisse im Wege, davon das bedeutendste; das Fehlen der Sachkatalo­ge der öffentlichen Sammlungen. Der vorliegende Aufsatz möge als ein bescheidener Beitrag zur Erschließung des Instrumentariums und der Traditionen der Zubereitung von Speisen angesehen werden. In der ungarischen Volksnahrung spielten die verschiede­nen Suppen — zwar mit unterschiedlicher Bedeutung je nach Landschaften — eine wichtige Rolle, einschließlich der aus verschiedenen Fleischsorten gekochten. In die Fleischsuppen taten die Frauen vielerlei Mehlspeisen aus mit Eiern geknetetem Teig; es entwickelten sich eigene regionale Traditionen in bezug auf die Form dieser Zu­taten, die zu den verschiedenen Suppen am besten passen und am schmackhaftesten sind. Eine besonders wichtige Rolle spielte dabei eine nudelartige Teigsorte, die mit Hilfe einer kleinen Spindel an einem winzigen gerippten Gerät geformt wurde (Abb. 1). Zur Zubereitung waren bei den Ungarn vielerlei Geräte bekannt, deren Verbreitung — ebenso wie die Kenntnis dieser Teigsorte — eine eigenartige territoriale Aufteilung aufweist und den Anspruch auf die Untersuchung der mit den geschichtlichen und kulturellen Kontakten verknüpften Prozesse untermauert. Es sei allerdings erwähnt, daß dieses Gerät in den „An­leitungen“ (Útmutató) von Zsigmond Bátky, bis heute unentbehrlich zur Untersuchung des materiellen Bereiches der Volkskultur, nicht genannt wird (1906). Wir dürften wohl kaum fehl gehen, wenn wir auch dessen Ursache in der nachfolgend erörteten Ordnung der Verbreitung dieses Objektes suchen.!1) Neben den Angaben der Fachliteratur untersuchte ich bei der Aufarbeitung des Themas vor allem die in den eth­nographischen Sammlungen der Museen befindlichen Ge­räte, und so hatte ich die Gelegenheit, rund 250 Gegenstän­de zu prüfen. Auch an dieser Stelle möchte ich meinen Kol­legen danken, die mir in dieser Arbeit behilflich waren. Zur Terminologie Die am gerippten Gerät geformte, schneckenförmige Teigware („Schneckennudel“), heißt in der ungarischen Umgangssprache csiga (Schnecke) oder lúdgége (Gänse­hals), doch die wortgeographische Untersuchung der einzelnen Ausdrücke kann nicht von der Sachgeschichte, der Verbreitung unseres Gerätes, getrennt erfolgen. (1) Im Kapitel über Ernährung des Buches A magyarság nép­rajza (Volkskunde des Ungartums) schreibt nämlich Bátky schon über dieses Gerät und die damit ange­fertigten Teigsorten (o. J. U, 80). Dies erklärt sich vermutlich damit, daß diese Gegenstände in der Sammlung des Buda­­pester Ethnographischen Museums bis zu den 1920er Jahren fehlten und erst damals aus Debrecen und Umgebung hin­gebracht wurden; manche waren wahrscheinlich Duplikate aus dem Museum von Debrecen. 257

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