Gunda Béla et al. (szerk.): Ideen, Objekte und Lebensformen. Gedenkschrift für Zsigmond Bátky - István Király Múzeum közelményei. A. sorozat 29. (Székesfehérvár, 1989)

József Liszka: Geräte und Methoden der Güterbeförderung mit menschlicher Kraft im TAl des Páris-Baches

einen ungarischen Ausdruck (kantárka) zu dessen Bezeich­nung benützt. Übrigens konnten wir zwischen den Trag­geräten und -methoden der beiden ethnischen Gruppen keine wesentlichen Unterschiede beobachten; allenfalls sind bei den Slowaken auch archaischere Erscheinungen erhalten geblieben. Über die leinenen Tragtücher mit Binde konnten wir z. B. in den ungarischen Dörfern nur an Hand von Erinnerungen Auskünfte erhalten (hier wird heutzutage höchstens ein Tragtuch ohne Binde benützt, welches aus einem zerlegten, alten Sack oder einem handelsüblichen Tischtuch gemacht wird), während das Volk der slowaki­schen Dörfer das Gerät auch heute noch intensiv benützt. In den ungarischen Dörfern erinnert man sich schon kaum an den altertümlichen Tragkorb mit Rand, genannt filkas, auch der Ausdruck ist nur sporadisch bekannt (andrer­seits erschien in Kürt der dem Slowakischen entlehnte Ausdruck opályka). Die Slowaken in Jásová und Kolta benutzen hingegen auch heute das Gerät ganz intensiv und nennen es filkas. Auch in der Terminologie sind stän­dige Überdeckungen und Wechselwirkungen zu beobach­ten. Dies gilt sowohl für die in ungarischen Dörfern ge­bräuchlichen slowakischen Ausdrücke, z. B. trak (Csúz), noszilló (Für), opályka (Kürt), váska (allgemein) wie auch für die von den Slowaken benützten ungarischen Wörter (kantárka, hamvaska, pohuska, filkas usw.). Bemerkenswert ist immerhin, daß popolnica das slowakische Äquivalent von hamvas, in den von uns untersuchten slowakischen Dörfern nicht bekannt ist (Paríková 1979, 463). Ein neuerer Gerätetyp des Lastentragens auf dem Rük­­ken scheint der Tragkorb zu sein, der — laut unseren An­gaben — im hier behandelten Gebiet bis zu diesem Jahr­hundert das auch heute noch feststehende Verbreitungs­areal erreicht hat. Übereinen weiteren erfolgreichen Vorstoß haben wir keine Angaben. Aufschlußreich ist der Fall der aus dem traditionsreichen Korbflechterdorf Kisnána nach Kürt umgesiedelten Slowaken, die zwar den neuen Geräte­typ mit sich brachten, das herkömmliche Tragtuch jedoch damit nicht zu verdrängen vermochten. Dies zum Teil deshalb, weil der einzige, im Korbflechten bewanderte, betagte Umsiedler recht bald starb, und zum anderen, weil es in der Gegend nur spärliche Rohstoffquellen, sprich: Eichen und Haselnußsträcher, gab. Auch ist die Tatsache nicht zu übersehen, daß die slowakischen Neusiedler — eine Minderheit — sich der aufnehmenden Gemeinschaft an­passen wollten, auch dadurch, daß sie äußerliche Merkmale wie etwa den Tragkorb abschafften. Schon im Jahre 1939 betonte Béla G u n d a die Wich­tigkeit einer kartographischen Erfassung der ungarischen Traggeräte und -methoden (Paládi-Kovács 1973, 511), und urgierte 1955 auch die Vorbereitung eines slowakischen ethnographischen Atlasses im Zusammenhang mit der Erörterung dieses Themas (Gunda 1955, 206). Seither sind die Vorarbeiten — Datensammlung und im wesentlichen auch die Vorbereitung und Aufarbeitung — zu den ethno­graphischen Atlanten beider Völker durchgeführt worden, und dies ermöglicht uns, die Lehren in bezug auf unser Thema zu ziehen. Auf einige hervorgehobene Erscheinun­gen konzentriert, wurde diese Arbeit ungarischerseits von Attila Palád i-K ovács (1973) und slowakischerseits von Magdaléna Paríková (1979) vollendet. Aus ihren (Nővé Zámky) zusammenfassenden Abhandlungen zeichnet sich im großen und ganzen das approximative Verbreitungsareal der wichtigsten Geräte und Methoden der Güterbeförderung mit menschlicher Kraft ab. Forschungen in einer Kleinre­gion, wie etwa im hier skizzenhaft geschilderten Páris-Tal, können keine wesentliche Veränderung der Verbreitungs­grenzen der von uns untersuchten Gerätetypen ergeben, sondern vielmehr mit konkreten Angaben eines Teilgebie­tes diese bekräftigen bzw. präzisieren. Die Verbreitung des Tragkorbes liefert ein anschauliches Beispiel für die These, wonach zwischen den Verbreitungsgebieten der einzelnen Kulturerscheinungen keine scharfen Trennungslinnien ge­zogen werden können, diese vielmehr sukzessive, gleich­sam ineinander aufgehend, einander ablösen. Bezeichned für die bäuerliche Güterbeförderung mit menschlicher Kraft ist im allgemeinen die vorrangige Rolle, die die Frauen darin spielen. Die schwersten Lasten werden mit Hilfe der verschiedensten Geräte von den Frauen auf dem Kopf, dem Kücken, am Arm oder in der Hand geschleppt, während sich die Männer bei der Güter­beförderung durch Zugkraft auszeichnen. Während sich die Frauen im Bedarfsfall gelegentlich auch der wenigen, typisch „männlichen“ Traggeräte bedienen (Ausnahmen sind allenfalls die bei der Weinlese gebräuchlichen Butten oder die verschienenen, eher als Statussymbol denn als Last geltenden Ranzen, kommt es praktisch gar nicht vor, daß sich ein Mann zu „weiblichen“ Traggeräten und -me­thoden herbeiläßt. Kommt es dennoch dazu, so keineswegs nach Frauenart und nicht über weite Entfernungen (Lu­kács 1978, 55). All dies gilt voll und ganz auch für die ein­schlägigen Bräuche im hier behandelten Gebiet. Auch hier steht der Löwenanteil an der Lastentragung den Frauen zu, vor allem — aus verständlichen Gründen — den Frauen und Mädchen der ärmeren Schichten, obwohl dies auch in wohlhabenden Kreisen keine Seltenheit ist. An mehreren Stellen wurde uns erzählt, wie die Frau des Großbauern hinter dem leeren Pferdewagen zu Fuß ging und die Rübenblätter im Tragtuch auf dem Rücken vom Feld nach Hause schleppte, um die Tiere zu schonen. Unterdessen saß der Bauer auf dem Bock. Im allgemeinen läßt sich also feststellen, daß die voran­gehend geschilderten Traggeräte und -methoden — zwar mit kleineren oder größeren Unterschieden der Intensität, recht oft durch Phasenverschiebung in der Entwicklung bedingt — im wesentlichen in sämtlichen Bauernschichten des untersuchten Gebietes gebräuchlich, bzw. sowohl dem ungarischen wie auch dem slowakischen Ethnikum vertraut waren. Das Verbreitungsareal der hier als dominant erkann­te Tragmethode, nämlich die Güterbeförderung auf dem Rücken in einem Tragtuch, fügt sich genau in den großen Block ein, der die nördliche Hälfte des Karpatenbeckens ausfüllt und in organischer Verbindung mit den benach­barten tschechischen, slowakischen und ukrainischen Ge­bieten steht, wo ähnliche Tragmethoden bezeichnend sind (Gunda 1955, 190—193). Diese dominante Methode wird durch verschiedene Geräte und Methoden ergänzt, die eine untergeordnete Rolle spielen und mehrere Entwick­lungsschichten repräsentieren; die aufschlußreichsten Er­gebnisse haben wir hierbei der Untersuchung des Seiles und des Tragkorbes zu verdanken. József Liszka 243

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