Gunda Béla et al. (szerk.): Ideen, Objekte und Lebensformen. Gedenkschrift für Zsigmond Bátky - István Király Múzeum közelményei. A. sorozat 29. (Székesfehérvár, 1989)

Václav Frolec: Die Genesis des dreiteiligen Bauernhauses auf dem Territorium der Tschechoslowakei

Abb. 7.: Wüstung Pfaffenschlag, Haus 11/62—63 (nach V. Nekuda). Südosteuropa hin, anderswo ging der Termin dum (Haus) auf den Eingangsflur erst sekundär über (Frolec 1970, 42—44, Frolec, 1974, 32—33). Diese Situation ergab sich offensichtlich in Böhmen, wo im süd- und westböhmi­schen Bereich die Nähe des deutschen Milieus wirksam war (Vareka 1978, 90) und wo an der Verbreitung dieser Bezeichnung die Kolonisten Anteil gehabt haben mochten, die sich hier seit dem Mittelalter niederließen. In das süd­mährische Grenzgebiet ist diese Bezeichnung nicht vor­gedrungen. Es bleibt zu überprüfen, inwieweit sich die Verbreitung der Bezeichnung dum für den Eingangsraum mit der Genesis des archäologisch und ethnographisch nachgewiesenen dreiteiligen Hauses mit dem nachträg­lichen Anbau von Flur und Kammer samt einem mit einem gemauerten Vorsprung versehenen Eingang deckt. An­scheinend war dies nur teilweise der Fall. Die Verwendung der Bezeichnung dum für den Eingangsraum des Hauses hängt offenbar im europäischen Maßstab mit den Beson­derheiten der Entwicklung der bäuerlichen Behausung aus der ursprünglichen einräumigen Form zusammen. Wäh­rend das Haus auf dem Territorium der Tschechoslowakei sich auf dem Prinzip der Addition entwickelte (die Stube behielt weiterhin die Funktion des Kernstücks des Hauses), gelangte das Haus in Mitteldeutschland — wie mich der gegenwärtige führende Kenner der deutschen Bauern­architektur Karl Baumgarten informierte — zur mehrräumigen Form durch innere Teilung des ursprüng­lichen rechteckigen einteiligen Raumes. Die ursprüngliche Bezeichnung für die ganze einteilige Behausung verblieb nach ihrer Aufgliederung beim Eingangsraum. Diese Frage würde eine Bearbeitung im Kontext der gesamt­europäischen Entwicklung des Bauernhauses verdienen. Die Übernahme der Bezeichnung dum auf dem Territo­rium der Tschechoslowakei bedeutet allerdings nicht auch eine Übernahme der Grundrißzusammensetzung des Hau­ses. Diese entstand und entwickelte sich auf dem heutigen Territorium der Tschechoslowakei selbständig unter den besonderen Bedingungen der Kolonisationsdörfer. Die dritte Strömung in der Entwicklung des Bauern­hauses fand ihren Niederschlag in der Theorie Nieder­les von der slawischen Kammer (klet). Im Lichte der neuen Forschungen ist klar, daß die Entstehung der dreiteiligen Behausung mit einer nachträglich angebauten einstöckigen Speicher in den böhmischen Ländern sowie in der Slowakei vor allem an Vorgebirgs- und Gebirgsgegen­den der inneren Kolonisation gebunden ist, wohin in der Anfangsphase der Besiedlung das zweiteilige Haus mit Stube und Flur vordrang und wo sich mit der Entwicklung der Landwirtschaft die frei stehenden Speicher ausbreite­ten, die nach und nach an das Haus angeschlossen wurden und seinen integralen Bestandteil bildeten oder selbstän­dig stehen blieben (Mend 1980, 169; Stránská 1966; Mácel 1981; Horváth 1981). Zum Unterschied von der im Mittelalter verlaufenden und abgeschlossenen Situation, wo der Flur nachträglich den Raum zwischen Stube und Kammer (zweite Bauströmung) überwölbte, geht es im Falle der Entstehung des dreiteiligen Hauses durch An­fügung der ursprünglich frei stehenden eingeschossigen Speicher an den zweiteiligen Grundstock um einen dy­namischen Prozeß, dessen Anfänge in das Mittelalter 22

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