Gunda Béla et al. (szerk.): Ideen, Objekte und Lebensformen. Gedenkschrift für Zsigmond Bátky - István Király Múzeum közelményei. A. sorozat 29. (Székesfehérvár, 1989)

Václav Frolec: Die Genesis des dreiteiligen Bauernhauses auf dem Territorium der Tschechoslowakei

Abb. 2.: Vacenovice, Bez. Hodonín : 1 : jizba 2 : sin 3 : kuchyn (Stube) (Flur) (Küche) 4: komora (Kammer) Abb. 3.: Bukovec, Bez. Frÿdek-Mistek. Václav Mend verwies darauf, daß es sich nicht um eine zufällige Erscheinung handeln kann. Er erklärt das Fehlen der einstöckigen Kammern im marchnahen Gebiet mit dem allgemeinen Vorkommen von Getreidegruben in dieser lößhaltigen Lehmgegend, in denen eine große Getreidemenge eingelagert werden konnte (Mencl 1980, 56). Die Getreidegruben waren manchmal im Wohnhaus situiert (Kunz 1965, 158). Die ebenerdige Kammer, die von allem Anfang an eines der Grundelemente des dortigen dreiteiligen Flauses bildete, diente vor allem zur Auf­bewahrung von Mehl und verschiedenartigsten Gegen­ständen. Die historischen Quellen belegen zwar die Exis­tenz einer ebenerdigen Kammer als untrennbaren Bestand­teil des Hauses erst seit dem Beginn des 16, Jahrhunderts (Frolec 1980, 317—318), man kann sie jedoch auch für den älteren Zeitraum voraussetzen. Endgültige Klarheit werden vielleicht die weiteren archäologischen Ausgrabun­gen eines Dorfes aus der großmährischen und nachgroß­mährischen Periode erbringen. Eine analoge Entwicklung kann auch in den weiteren Gebieten der bäuerlichen Besiedlung im Donautal angenommen werden. Eine andere Strömung der ländlichen Baukultur in der Entwicklung des Hauses äußerte sich im Kolonisations­milieu der Tschechoslowakei. Beweis dafür liefern die mittelalterlichen Wüstungen in Böhmen, Mähren und in der Slowakei. Die größte Argumentationsfähigkeit haben die archäologischen Entdeckungen in den mittelalterlichen Wüstungen Pfaffenschlag und Mstènicein Südwestmähren, die eine Konfrontation der Bauobjekte aus der jungburg­wallzeitlichen Ära und dem Mittelalter ermöglichen. Durch eine Analyse der Materialien aus diesen und weiteren Lokalitäten gelangten wir zu einer Theorie von der Ent­stehung des dreiteiligen Hauses dergestalt, daß die selb­ständige Kammer mit dem einteiligen Haus durch die nachträgliche Schaffung des Flurs als dritten Gliedes im dreiteiligen Hausgrundriß verbunden wurde. Ausgangs­punkt bildeten für uns insbesondere die Objekte 1/60, 11/62—63 (Abb. 7), V1II/65 (Abb. |8), IX/66 (Abb. 9), XI/67 (Abb. 10) in Pfaffenschlag (Frolec 1982, 69—70). Unsere Theorie beruht auf folgenden Tatsachen: 1. Der mit einem Herd und Ofen ausgestattete Wohnraum (Stube) der archäologisch bloßgelegten Häuser hat Ab­messungen, die der Größe der einräumigen Hütten aus der jungburgwallzeitlichen Ära ähneln. In der Blockhaus­konstruktion unterscheidet er sich in der Regel von den übrigen aus Stein erbauten Hausteilen. Dieser Umstand spricht für die Fortdauer der Tradition des einräumigen Hauses, eventuell des einteiligen Hauses mit zwei Wohn­­räumen im Mittelalter. In unserer Theorie bildet dieser Raum den Ausgangspunkt für die Weiterentwicklung des Hauses. — 2. Der mittlere Teil (Eingangsteil) des Hauses — der Flur — nimmt in der Komposition des Hauses die größte Fläche ein. Vom baulichen Standpunkt zeichnet er sich durch Unregelmäßigkeit (ungleiche Breite) der Um­fassungsmauern aus. Besonders wichtig ist der Umstand, daß bei einigen Häusern die Umfassungsmauer bloß auf einer Seite steht, während sie auf der anderen Seite völlig fehlt (Objekte VIII/65, IX/66 in Pfaffenschlag — Nekuda 1975). Man kann annehmen, daß der Flur in diesem Stadium bloß aus einem eingedachten Raum bestand, der auf der einen Seite ganz offen oder einfach eingefriedet war. Für diese Entwicklung spricht die Situation des Hauses XI/67, bei dem der mittlere Teil (Flur) überhaupt keine Umfassungsmauer hatte. Indirekt verweist auf diese Entwicklung auch das unterschiedliche Niveau des Fuß­bodens in der Stube und im Flur (Objekt IX/66). In unserer Theorie ist der mittlere Hausraum (der Flur) ein sekundäres, nachträglich erbautes Element. — 3. Der Kammerraum, in der Regel von quadratischem Grund­riß, hatte bei den mittelalterlichen Häusern einen nied­riger gelegenen Fußboden als die übrigen Teile des Hau­ses, war also eingetieft. In baulicher Hinsicht zeichnet er sich durch massive Steinmauern aus. Vom Standpunkt unserer Theorie ist der Umstand besonders wichtig, daß der Eingang in die Kammer mit kurzen Mauern versehen war, bei denen man voraussetzen kann, daß sie oben durch eine Wölbung miteinander verbunden waren. Sie erfüllten demnach eine Schutzfunktion. Die Kammer 18

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