Gunda Béla et al. (szerk.): Ideen, Objekte und Lebensformen. Gedenkschrift für Zsigmond Bátky - István Király Múzeum közelményei. A. sorozat 29. (Székesfehérvár, 1989)

Béla Gunda: Einige ethnobotanische Probleme des Triticum spelta L.

der Geschichte und der Phylogenese dieser Kulturpflanze besonders bedeutend. Tr. spelta wurde auch im östlichen Teil des Balkans gefunden, so in Bulgarien (Ovcarovo, Gumelnica-Kultur, 4. Jtsd. v. u. Z.; Popas—Tirlas, frühe Bronzezeit) und in Rumänien (Radovanu, mittleres Neo­lithikum, Boian-Kultur). All diese Funde sind laut Z. V. Janusevic älter als die mitteleuropäischen — so auch die polnischen — Funde; sie gelangten wahrscheinlich aus Vorderasien in den Ostbalkan und von dort in das Gebiet zwischen Pruth und Dnjepr (Januseviß 1976, 74—78; Janushevich 1978, 64—65, 1983, 207, 273; vgl. noch Hopf 1984, 467). All dies wird von E. Comça dahingehend ergänzt, daß man in der siebenbürgischen Körös-Kultur (Szászhermány—Hárman, Kom. Brassó—Kronstadt) auf einer Reihe von Scherben von Gebrauchsgefässen Abdrücke von Körnern Tr. monococcum, Tr. dicoccum und Tr. spelta gefunden hat, weshalb, laut E. C o m $ a, die Funde zwi­schen Pruth und Dnjestr präzisiert werden müßten. Seines Erachtens nach gelangte der Anbau der drei Weizenaiten nicht direkt von der Balkan-Halbinsel in das Gebiet zwi­schen Pruth und Dnjestr, sondern ist auf dem Umweg über Siebenbürgen und die Moldau übermittelt worden. Diese Schlußfolgerung wird z. B. dadurch bekräftigt, daß in der Keramik der Bug—Dnjestr-Siedlung Ruptura (Sei is te) ziemlich viele Elemente mit Körös-Charakterzügen nachgewiesen sind (Comça 1981, 113—115, 122, 125—126). In Jugoslawien bezeugt ein und aus der frühen Eisenzeit (Gomolova) den Anbau des Dinkels (van Zeist 1975, 84). Unweit des lettischen Städtchens Gabrielaski kam ein Tr. spelta-Fund aus dem 3.—5. Jh. u. Z. zum Vorschein (Januseviö 1976, 62). Aus Nordpolen und Litauen (Samo­­gitien) sind Dinkel-Funde aus dem 8.—13. Jh. (?) be­kannt (Bertsch 1949, 46). In den frühesten und späteren Landbaukulturen der pol­nischen Gebiete spielt der Anbau von Tr. spelta eine bedeu­tende Rolle. Im Neolithikum ist es in ausgedehnten Ge­bieten eine wichtige Kulturpflanze (Lasek, Bez. Poznan; Ksi^inice Wielkie, Zawarza, Bez. Pitíczów; Zberzynek, Bez. Konin; Ojców, Bez. Olkusz). Bronzezeitliche Funde sind nicht bekannt (Klichowska 1975, 106—107, 134; Renfrew 1973; 205), doch ist dies wahrscheinlich die Folge mangelhafter Grabungen. Dinkel-Funde gibt es aus der frühen Eisenzeit (Hallstatt, Kamieniec bei Torun, Bisku­­pin, Bez. Znin) sowie aus späteren Perioden, worüber G. Jorgensen eine anschauliche Zusammenfassug schrieb (Jorgensen 1979, 142). Hier sei bemerkt, daß der Dinkel bei den Niederlausitzer Slawen im 9. Jh. ebenfalls bekannt war; in diesem Zusammenhang erwähnt K.—D. Jäger auch aus dem „Hochmittelalter“ (Mogila, Bez. Krakow und Stettin) westslawische Funde (Jäger 1966, 289—291). In der Burg Pressburg—Devin fand man in einer Getrei­degrube Überreste von Tr. spelta und Tr. dicoccum aus der Hallstatt-Periode (Hajnalová 1979, 85—86). Aus der Spât-La-Tène-Zeit sind Dinkel-Reste aus der nörd­lichen Slowakei (Liptovská Mara I—Havránok) bekannt (Hajnalová 1979, 439, 440—442). Diese kamen in einer verhältnismäßig rauhen, .hohen (680 m) geographischen Umwelt zum Vorschein, ein Anzeichen, daß die dortigen Siedler an diesen Speltweizen festhielten ; vermutlich wurde in flachen, wärmeren Gegenden der Dinkel schon zu dieser Zeit in noch größeren Mengen angebaut. In der Slowakei ist der Dinkel aus der jüngeren Bronzezeit bekannt (Ducové, Hajnalová 1980, 95—106). Tr. spelta wurde auf dem Gebiet der heutigen Slowakei gegen Mitte des 4. Jh. gezüchtet (Cifer—Pác, Kreis Nagyszombat—Tyrnau, Hajnalová 1982, 216). Hier sei erwähnt, daß E. Hajnalová die bei Párkány­­nána—Stúrovo gefundenen Körnerreste von Tr. Spelta aus dem Neolithikum herleitet, allerdings mit einem Frage­zeichen (Hajnalová 1983, 200). Freilich ist der Dinkel in den verschiedenen Funden nicht von gleicher Bedeutung. Richtig schreibt E. Hajnalová über die Körner (mittleres Äneolithikum, Badener Kultur), die in Svodin (Bez. Érsekújvár) gefunden wurden, wie folgt: „...die vereinzelten Samen von Saatgerste (Hordeum vulgare con­­var. nudum) und ebenfalls Speltweizen (Tr. spelta) lassen nicht auf ihren selbständigen Anbau schließen, eher sind sie als Beimischung in den übrigen Getreidearten zu be­trachten“ (Hajnalová 1986, 180). In Ungarn sind vereinzelte Dinkelreste nur aus dem Neolithikum (Lengyel-Kultur, Zengővárkony) und der frühen Eisenzeit (Poroszló) bekannt (Hartyányi—Nováki 1975, 29). Der Dinkelfund aus Poroszló ist laut schriftlicher Mitteilung von P. B. Hartyányi höchstwahrschein­lich Tr. spelta. In den archäologischen Funden, die im Karpatenbecken zum ungarischen, slowakischen (im allge­meinen: slawischen) und rumänischen Ethnikum gehören, fehlen die Dinkelreste — es sei hinzugefügt : vielleicht nur heutzutage. Das Fehlen des Dinkels in archäologischen Funden läßt sich auch dadurch erklären, daß im Anbau der Kulturpflanze Änderungen erfolgten, und die archäolo­gischen Funde der Spelzweizenarten sehr schwer voneinan­der zu unterscheiden sind. In ungarischen Urkunden wird der Dinkel (ung. tön­köly). Ende des 15. Jh. (1498) erwähnt. Um diese Zeit entrichtet die Bauernschaft Steuern auch mit dem Dinkel. Zu Beginn des 15. Jh. verkaufen die deutschen Bürger von Buda (Ofen) den Dinkel auf dem Markt (1413—1421). Aus den Urkunden des 15. Jh. sowie aus dem ungarischen Namen des Dinkels (tönköly ist die Übernahme des deut­schen Wortes Dinkel) zog Zs. B á t k y den Schluß, daß dieser Spelzweizen durch deutsche Einwanderer aus der Rheingegend, aus Colmar (Elsaß) sowie durch den Donau­handel zu den Ungarn gelangte (Bátky 1918, 27—29).(4) Heute sehen wir die Verbindung zwischen dem ungarischen tönköly und dem deutschen Dinkel schon deutlicher. Das ungarische Wort tönköly ist bayrisch-österreichischer Provenienz aus der mittelhochdeutschen Zeit (vgl. mhd. dinkel ~ Unkel 'Tr. spelta'). Das deutsche Wort hat sich wahr­scheinlich in der Zeit vom Ende des 12. bis Mitte des 14. Jh. im Ungarischen eingebürgert ; es stammt von der Bauern­schaft, die sich in der mittelhochdeutschen Ära in West­ungarn, in der Gegend von Buda und im Börzsöny-Gebirge niedergelassen hat und eine bayrisch-österreichische Mund­(4) Zs. Bátky wirft auch den Gedanken auf, daß der Dinkel im 11.—12. Jh. in die Gegend von Eger (Erlau, Kom. Heves) von wallonischen Siedlern aus der Gegend von Liège ein­geführt wurde und das ungarische vótér ’Dinkel' eine Ent­lehnung des französischen épeautre 'Tr. spelta‘ ist (Bátky 1918, 25—26; 1921, 124). Vótér kann aber keineswegs im 11.—12. Jh. die Entlehnung des frz. épeautre sein (Bárczi 1938, 21). In Nordost-Ungarn war vótér der Name von Tri­ticum dicoccum, der in der Slowakei sporadisch auch heut­zutage gezüchtet wird (Gunda 1983, 148—151; Markus 1975, 29—36). 187

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