Gunda Béla et al. (szerk.): Ideen, Objekte und Lebensformen. Gedenkschrift für Zsigmond Bátky - István Király Múzeum közelményei. A. sorozat 29. (Székesfehérvár, 1989)
László Ádám: Feuerstätten in den Wohnhäusern der Grossen Ungarischen Teifebene
FEUERSTÄTTEN IN DEN WOHNHÄUSERN DER GROSSEN UNGARISCHEN TIEFEBENE In der Zeitschrift Néprajzi Értesítő (Anzeiger der Ethnographischen Abteilung des Ungarischen National-Museums) erschien 1930 eine Abhandlung, die sich bis heute auf die Erforschung der ungarischen Volksarchitektur auswirkt und unter dem Titel Magyar tűzhelyek és háztípusok (Ungarische Feuerstätten und Haustypen) von Zsigmond B á t k y , einem der hervorragendsten Wissenschaftler der ungarischen Volkskunde, verfaßt wurde. Indem er die Hausformen des ungarischen Sprachgebietes im Karpatenbecken systematisiert, erschließt B á t k y nicht bloß die großregionalen Varianten der ungarischen Hauskultur, sondern deutet zugleich auch deren europäische Beziehungen an (1930, 113—137). Freilich enthält das von ihm entwickelte typologische System auch Einzelheiten, die sich seither als irrtümlich erwiesen haben, doch seine Gesamtkonzeption wird von den neueren Forschungen eher bestätigt, denn widerlegt. Die auf den Spuren von Zsigmond B á t k y fortschreitende ungarische Wohnhausforschung konnte in den vergangenen Jahrzehnten in zwei Bereichen bedeutsame neue Ergebnisse erzielen. Zum einen wurden die kleinregionalen Varianten der Haustypen und Hausregionen erschlossen, zum anderen wurde die geschichtliche Vergangenheit der einzelnen Hausformen dargelegt. Bei der Untersuchung dieser Fragen stützt sich die Forschung nicht mehr nur auf die Feuerstätten, sondern beachtet auch andere Bestandteile des Hauses (Bedachung, Mauerwerk, Grundriß). Am erfolgreichsten sind dennoch die Untersuchungen in bezug auf die Feuerstätten. Die Änderungen der Lebensweise, die das Funktionssystem und die funktionelle Aufgliederung des Wohnhauses verändern, gelangen nämlich in jedem Fall auch in der Umgestaltung der Feuerungsanlagen zum Ausdruck, während in anderen Elementen des Hauses (Dachwerk, Dachform, Material und Technik der Dachdeckung, Mauerungstechnik, Gliederung des Grundrisses usw.) vielfach überhaupt keine wesentlichen Veränderungen zu beobachten sind. All dies wird durch die geographische Verbreitung der Varianten der Feuerungsanlagen-Typen verdeutlicht, die zugleich auch die Vielfalt der Hauskultur der Großen Ungarischen Tiefebene veranschaulicht. Das Wohnhaus der Großen Ungarischen Tiefebene wurde von B á t k y in die Gruppe der Häuser mit zwei Feuerstätten eingereiht, gekennzeichnet dadurch, daß in der Stube ein geschlossener Backofen, in der Küche jedoch ein offener Herd steht, darüber der freie Rauchfang zum Rauchabzug aus dem Haus (Bátky 1930, 115—117; Bátky 1941, 177—189; Dám 1982b, 109—115). Die Grundform dieses Wohnhauses — zwei Feuerstätten, Aufgliederung nach dem Schema Stube+Küche+Vorratskammer — entwickelte sich bereits im 17. Jh„ und im Laufe des 18. — 19. Jh. entstanden jene kleinregionalen Varianten des Haustyps, welche nun auch mit ethnographischen Methoden untersucht werden können. In der Großen Ungarischen Tiefebene existierten in der zweiten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts im wesentlichen gleichzeitig drei Systeme der Stubenfeuerung: 1) Schoberförmiger Ofen, oder eine ähnliche Form, 2) Kamin, als selbständige Feuerstätte der Stube, 3) Schoberförmiger Ofen, daneben ein kleinformatiger Kamin. Vorrherrschend waren schoberförmige und formverwandte Öfen, meistverbreitet im ganzen Tiefland, bis auf die nordöstlichen Gebiete (Karte lj.f1) Die Ofenformen sind allerdings höchst abwechslungsreich und sind im wesentlichen in drei Gruppen einzustufen. Der ersten gehören die pyramidenstumpfförmigen oder -ähnlichen Öfen an, die östlich der Theiß noch in der jüngsten Vergangenheit fast ausschließlich, in der ersten Hälfte des Jahrhunderts aber auch in den nördlichen Randgebieten der Tiefebene und im Zwischenstromgebiet Donau-Theiß in beachtlichem Maße verbreitet waren. Seit der Jahrhundertwende wurden diese Öfen allmählich und je nach Gebieten im unterschiedlichen Tempo durch vier-, sechs- oder acht-eckige, sich (1) Die Kartenbeilagen der vorliegenden Arbeit wurden nach Angaben des Ungarischen Ethnographischen Atlasses, der Fachliteratur und der eigenen Forschungen des Verfassers angefertigt. 115