Lukács László (szerk.): Märkte und Warenaustausch im Pannonischen Raum - István Király Múzeum közelményei. A. sorozat 28. (Székesfehérvár, 1988)

Milovan Gavazzi: Zu einigen Problemen der Volkskulturforschung im Pannonischen Raum

dinnen einfach mit sestra 'Schwester' titulieren bzw. bei der Ausübung die­ser Wahlschwesternschaft auch nevesta 'Braut' nennen).(24) Oer Brauch wird, freilich mit unterschiedlichen Elementen, auch weiter gegen Osten, im sla­­vonischen Draugebiet sowie in der Baranja (dieseits und jenseits der gegen­wärtigen Staatgrenze) ausgeübt und ist überdies in Ungarn besonders aus den Komitaten Somogy und Zala (mit Göcsej) und sonst in Südpannonien häufig be­legt. Die erwähnten nordwestkroatischen Spielarten dieses Brauches bilden mit den entsprechenden ungarischen eine enger verwandte Gruppe. Abgesehen von ei­nigen (bisher anscheinend isolierten) Belegen ausserhalb der erwähnten Gebie­te, begegnet man diesem Brauch wieder häufiger bei den Rumänen weiter im Ba­nat bis an den nördlichen Saum Serbiens (hier ist wieder die Benennung matca leo u. ä. üblich). (25) Daraus ergibt sich vorläufig einerseits die Frage nach der Urverwandschaft aller obigen Bräuche angesichts der Tatsache, dass ihr Verbreitungsgebiet kein kontinuierliches, sondern ein lückenhaftes ist. Andererseits - die Ur­verwandschaft dieses gesamten Brauchtums einmal als bewiesen vorausgesetzt besteht - die Frage, wie sich diese Bräuche durch den südpannonischen Raum verbreitet haben bzw. von welchem Ausgangspunkt dies erfolgte - von Westen gegen Osten oder umgekehrt. Zuletzt drangt sich freilich auch die Frage nach dem Ursprung bzw. der weiteren Verwandtschaft mit ähnlichem Brauchtum anders­wo in Zentral- und Südosteuropa auf. (26) Alle diese Probleme hier lösen zu wollen wäre vermutlich verfrüht. Einiges kann jedoch angedeutet werden. Die Benennung des Brauches bzw.dar Wahlschwestern ergeben noch kein ausreichen­des Indiz für eine bestimmte Schlussfolgerung. Sestra (Schwester) besagt kaum etwas anderes als eine ganz allgemeine südslawische Bezeichnung für diesen Grad der Verwandtschaft. Der kroatische Ausdruck matka steht in engster Be­ziehung zu ung. mátka sowie zu rum. matca (leo). Obwohl die Herkunft von matka u. ä. als slawisch vermutet wird, (27) ist an einen slawischen Ursprung des Brauches selbst noch nicht zu denken. Dieser fehlt bei den übrigen sla­wischen Völkern (ausgenommen die Wahlschwesternschaften bei den übrigen Süd­slawen, die jedoch von weitgehend verschiedenem Inhalt sind und als Gegen­stück zu den weit häufiger auftretenden und unterschiedlich ausgeprägten Wahlbruderschaften gesehen werden müssen). Ein weiteres, musikethnologisches Problem zu diesem Bereich, ist unter der Annahme zu betrachten, dass bestimmte Merkmale der Volksmelodik der nicht­­ungarischen Bevölkerung des Donaubeckens nicht dem Einfluss der altüberlie­ferten Melodik der Ungarn unterlagen, sondern dass eben auch deren Volksme­lodik dieselben Markmale aufweist wie die der anderen Bevölkerungsgruppen des Donaubeckens. Die Charakteristika wurden von der einstigen frühmittelal­terlichen (slawischen) Bevölkerung dieses Raumes übernommen und haben sich bis in unsere Tage in relativ treuer Überlieferung aufrechterhalten. Das par­­lando-Singen, die Wiederholungen, bestimmte Tonarten sowie die Pentatonie sind als die entscheidenden Merkmale dieser Melodik hervorzuheben, die sich von den Hauptmerkmalen der Melodik der übrigen, nichtpannonischen Slawen be­sonders unterscheiden und folglich auch der ursprünglichen Melodik der land­nehmenden Ungarn fremd gewesen wären. (23) Einigen kritischen Punkten sollte dabei besonderes Augenmerk geschenkt werden: so den Merkmalen (oder zumin­dest bestimmten Überresten) bei allen anderen slawischen Völkern, auch bei ihnen vorausgesetzt werden müssten, handelt es sich um altes, gemeinslawi­sches Gut. Ebenso sollte die verwandtschaftliche Durchdringung aller jener (rezenten)Formen der nichtungarischen Volksmelodik des Donaubeckens mit der ungarischen bei künftigen i\ächforschungen besonders berücksichtigt werden. 22

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