Fitz Jenő (szerk.): Forschungen der Steinskulptur der Arpadenzeit in Ungarn - István Király Múzeum közelményei. A. sorozat 24. A Pannon konferenciák aktái 3. (Székesfehérvár, 1979)
D. Dercsényi: Einige Probleme der arpadenzeitlichen Steinmetzkunst
scheint das andere, mir schwer verständliche Bestreben : wenn schon die Anregung aus Pavia nicht bestreibar ist, hätten wir diesen Stil nicht direkt, sondern mit einem Umweg aus deutschen Gebieten übernommen. Da diese Voraussetzung nur durch die Chronologie beweisbar wäre, bezweifelt die Autorin das einzige sichere Datum : die Datierung von Ercsi. 1186 wurde hier in der Sakristei der Gründer begraben, und es wird vorausgesetzt, daß die Sakristei, zusammen mit der Ostseite der Kirche, zuerst erbaut wurde. Ich habe keine Kenntnis davon, daß man den Bau welcher Kirche immer mit der Sakristei begonnen hätte. Das Bestreben ist ziemlich klar, da Ercsi mindestens die vierte Etappe der Werkstatt ist, und so Pécs nach dort eingereiht werden müßte wo es hingehört, d. h. in die Mitte des 12. Jahrhunderts; die Vorbilder in Pavia standen damals bereits fertig und ihre Steinmetze waren nach ganz Europa ausgeschwärmt. Ziehen wir in Betracht, daß Ungarn bereits seit der Antike eng mit Norditalien verbunden war, und diese Verbindungen hatten sich auch später nicht gelöst; es waren die norditalienischen Fürsten, die ständig die Streifzüge der Ungarn bezahlten. Nach der Besetzung von Milano im Jahre 1162 unter Friedrich II. übersiedelt der ganze Stadtkreis nach dem Pécs ziemlich naheliegenden Francavilla; wir wissen, daß der Ort bereits vom 11. Jahrhundert an von Italienern bewohnt war. Es wurde auch eine Kirche zu Ehren des hl. Ambrosius gebaut. Nach dem oben Gesagten wäre es — denke ich — eher begründet, die Übernahme der Kunst aus erster Hand zu vermuten, als Umwege einzuschalten. Derselben Ansicht ist auch René Julian französischer Forscher, der in Mitteleuropa Pécs als das größte Depot der Kunst von Pavia bezeichnet. Melinda Tóth bringt eine neue Theorie über die Reliefs im Abstieg der Krypta. Die Reliefs sollten zu einem anderen Zweck hergestellt werden sein, dann wurde der Plan geändert und die bereits fertigen Reliefs wurden — um sie zu verwenden — an der Wand des Abstieges zur Krypta angebracht. Diese Theorie ist jener von Géza Hajós vorzuziehen, der im kreuzgewölbten Altarraum des hl. Kreuz- Altars eine barocke Raumgestaltung sehen wollte, er konnte jedoch diesen Umbau — aus geschichtlichen Gründen — nur in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts vorstellen. Die Theorie ist auch deshalb besser, weil sie unkontrollierbar ist, da wir von der Wende des 12 — 13. Jahrhunderts keine sicheren Angaben besitzen. Die Tatsache, daß hinter einer der Relieftafeln ein Schuppenornament entdeckt wurde, das als Dachdeckenfragment des hl. Kreuz-Altars betrachtet wird, kann höchstens beweisen, daß die Reliefs nach dem Bau des Altars oder eventuell gleichzeitig damit angebracht worden sind; es gibt viele Beispiele dafür, daß verdorbene Stücke als Baumaterial verwendet wurden. Emese Nagy fand in der Esztergomer Festungsmauer des 12. Jahrhunderts ein Akanthuskapitell, Miklós H é j j Baluster aus der Renaissance in der Grundmauer des Schlosses des Königs Matthias in Visegrád. Dies deutet eher auf Gleichzeitigkeit als darauf, daß das Akanthuskapitell aus dem 11. Jahrhundert stammen würde, bzw. daß die Haupttreppe des Schlosses nach der Türkenzerstörung gebaut worden wäre. Die Beweisführung der Autorin ist nötig, um die Datierung der schönsten Pécser Plastiken in das 12. Jahrhundert zu verlegen und so ihre Abstammung aus dritter, vierter Hand anzunehmen. Wenn die Datierung des Katalogs zutreffend wäre, würde ein sonderbares Bild entstehen: Das 11. Jahrhundert wäre fast leer, nur hie und da erscheinen in unseren Kirchen kleinere, dekorative Elemente (Chorschranke, usw.). Auch die erste Hälfte, sogar zwei Drittel des 12. Jahrhunderts wären ebenfalls leer, während in den letzten 20 — 30 Jahren sich ein unerhörter Reichtum entfaltet hätte. Es werden Pécs, Székesfehérvár, Esztergom auf einmal erbaut, dazu die kaum bekannten Kirchen in der Tiefebene und in Siebenbürgen, um die einzige, heute noch bestehende Kathedrale aus der Arpadenzeit in Gyulafehérvár garnicht zu nennen. Die hier vorgeschlagene Datierung beweist nicht die organische Entwicklung, sondern deutet eine gleichzeitige und unerwartete Blütezeit an. In Pécs werden noch die Reliefs am schönsten geschnitzt, während in Esztergom bereits die Frühgotik blüht. Die Priester der Esztergomer Hofkanzel studierten in den sechziger Jahren des 12. Jahrhunderts in Paris und bringen unter anderem die neuesten stilarischen Errungenschaften, die rytmische Prosa mit, welche sowohl in unseren Urkunden als auch bei Anonymus aufgezeichnet ist. Erzbischof Job selbst studierte in Paris, und an der Porta Speciosa sind erscheinen französische Elemente nachweisbar. Jedoch weder die führende Schicht, noch der König selbst bemerkten dies und König Stephan ließ seine Basilika in einem anderen, demodierten, oberitalienischen Geschmack bauen, und einer unserer reichsten Bischöfe, jener von Pécs nahm nichts wahr und befahl, daß die herumliegenden, zu anderen Zwecken hergestellten Steine in den Abstieg der Krypta eingemauert werden sollen. Und in Frankreich? St. Denis steht bereits fertig als die Romanik in der Provence sich zu eintfalten begann und dann bis in die klassische Gotik hineinlebt! Ungarn kann jedoch weder was das Landesgebiet, noch was die gesellschaftlichen Ordnung betrifft mit. Frankreich verglichen werden. Der im 11 — 12. Jahrhundert dort herrschende Partikularismus hat sich in Ungarn nie ausgebildet. Der ungarische König, besonders Béla III. war souveräner Herr, dessen Wille kein Bischof oder Gutsherr zu kreuzen wagte, wie dies den in Ungarn reisenden zeitgenössischen Schriftstellern auffiel. Deshalb steht es uns frei, der zentralen Macht auch in der Entwicklung der Romanik eine größere Rolle einzuräumen, als dies in Frankreich oder auch in den deutschen Staaten der Fall war, von Italien garnicht zu reden. 60