Fitz Jenő (szerk.): Forschungen der Steinskulptur der Arpadenzeit in Ungarn - István Király Múzeum közelményei. A. sorozat 24. A Pannon konferenciák aktái 3. (Székesfehérvár, 1979)
G. Entz: Methodische Fragen
METHODISCHE FRAI.EX Vor einiger Zeit sah ich in Paris, im Musée Cluny, die neuentdeckten Königsköpfe der Notre Dame- Fassade und die Bruchstücke der Gewände des Südwestportals. Wie würden wir uns die Notre Dame- Kathedrale vorstellen, wenn davon bloß diese Stücke erhalten geblieben wären? Diese Frage erhellt die großen Schwierigkeiten, wenn wir an die fragmentarisch erhaltenen Relikte der ungarischen Romanik denken. Deshalb muß die Methodik und die Beurteilung der Forschungsresultate immer wieder abgestuft und verfeinert werden. Um der Wahrheit näherzukommen ist in unserem Falle die anzuwendende Methode von entscheidender Bedeutung. Es gibt vier Hauptrichtungen : 1. Lokal- und Sachkenntnis, die technischen Fragen mit inbegriffen (archäologisch-technischer Weg), 2. Eine womöglich vollständige Kenntnis der spezifischen historischen Daten des Kunstgegenstandes, und eine darauf gestützte weitläufige Klärung der historischen und kulturgeschichtlichen Zusammenhänge (historischer Weg), 3. Naturwissenschaftliche Prüfung des Gegenstandes (naturwissenschaftlicher Weg), 4. Die eingehendste Feststellung und Erschließung der Stilentwicklung betreffs Form und Struktur (kunstgeschichtlicher Weg). Die vier Hauptrichtungen der Forschung und der Auswertung sind verschieden und führen zu je anderen Gebieten des komplexen Tatbestandes. ad 1. Sie ist verhältnismäßig genau und objektiv. ad 2. Sie ist objektiv, gibt jedoch nur einen ungefähren Rahmen der historischen Daten an ; diese können durch eine gesteigerte Kenntnis und das Feststellen der Zusammenhänge geklärt werden. ad 3. Sie ist genau, jedoch ziemlich eingeengt. ad 4. Sie ist konkret bezüglich Form und Struktur und auch ziemlich objektiv, wenn eine Folgerung gezogen werden soll. Dieser ist doch der labilste Weg unter allen, jedoch für den Kunsthistoriker der eigenartigste und interessanteste. Die Durchforschung und Kritik der Stilentwicklung ist die primäre und unerläßlichste Methode der kunsthistorischen Forschung, die jedoch die anderen Wege nicht ersetzen oder in den Hintergrund drängen darf. Diese sind zwar sekundär, ihre Aufgabe ist jedoch, jene Lücken oder Schwächen überbrücken zu helfen, welche die Hauptmethode naturgemäß in sich birgt. Und vor der Lösung der Aufgaben gibt es zahlreiche Lücken und Schwächen. Ein entsprechendes Verhältnis in der Anwendung der vier Methoden verspricht das beste Ergebnis. Sie müssen einander kontrollieren können, wobei sich noch immer Fehlermöglichkeiten ergeben, besonders da wir fast ausschließlich fragmentarische Denkmäler besitzen. Bei der Ausformung eines neuen Bildes unserer Romanik erhielten die im weitesten Sinne betrachteten stiliarischen Gesichtspunkte — sowohl in der Ausstellung als auch in den Studien — eine betonte Rolle. Sie führen zu vielen guten und beachtenswerten Resultaten, z. B. hatte die frühere Forschung die Beziehungen zur süddeutschen, tschechischen und polnischen Kunst kaum beachtet ; jetzt wurden diese konkter nachgewiesen und die daraus gezogenen Schlüsse führten zu einer genaueren Definition der Rolle, der Lage und der entwicklungsgeschichtlichen Bedeutung der sogenannten Palmetten-Steine des 11. Jahrhundert. Es gibt jedoch manchmal auch solche Symptome, die wegen stilarischen und ähnlichen Fragen die oben beschriebenen sonstigen Gesichtspunkte mehr oder weniger in den Hintergrund drängen, und deshalb zu unsicheren, wenig überzeugenden Verallgemeinerungen, Vorstellungen, Akzentverschiebungen führen. Beispiele hiefür sind die den byzantinischen 31