A Móra Ferenc Múzeum Évkönyve: Studia Archaeologica 8. (Szeged, 2002)

BENDE Lívia – LŐRINCZY Gábor – TÜRK Attila: Honfoglalás kori temetkezés Kiskundorozsma-Hosszúhát-halomról

lieh des Verbreitungsgebietes dieser Sitte, vom Gebiet ge­genüber der Maros-Mündung waren nämlich weder sym­bolische noch echte Trepanationen aus dem 10. Jahrhundert bis jetzt bekannt. Der Grund dafür kann teilweise sein, dass das anthropologische Material von den meisten Fundstellen in keine anthropologische Sammlung gelangte, demzufolge stehen sehr wenige untersuchbare Schädel zur Verfügung. So kommt es vor, dass auch noch die an den drei Fundorten beobachteten Fälle im Verhältnis zur noch kleineren Zahl des in den für dieses Gebiet kennzeichnenden Einzelgräbern oder in Gräberfeldern mit niedriger Gräberzahl vorgekom­menen anthropologischen Materials einen bedeutenden An­teil ausmachen. Im Laufe der Freilegung des Grabes war die Beob­achtung völlig unerwartet, wonach die Füße des Mannes noch vor der Bestattung abgeschnitten worden waren. Die Füße kamen nämlich von dem Skelett weiter, in sekundärer, aber anathomischer Lage, im Ende des Sarges, neben den nachträglich begrabenen Pferderesten vor. Die Leichenver­stümmelung ist eines der sich bei den Bestattungen offen­barenden Elemente der abergläubischen Sitten, wodurch sich die Lebenden vor dem zurückkehrenden bösen Geist der Toten hüten wollten. In den landnahmezeitlichen Be­stattungen ist diese Sitte häufig zu beobachten, es kommt bei allen Gesellschaftsschichten vor, aber nur für ein oder zwei Gräber pro Gräberfeld ist sie kennzeichnend. Zahl­reiche Analogien sind zum Abschnitten der Körperglieder der Toten bekannt, das Abschnitten sowohl der Hände und Beine/Füße als auch des Kopfes ist bekannt. Nach der Bestattung wurde das Pferd des Mannes ihm symbolisch beigegeben. Im südöstlichen Ende des Grabes kamen nämlich die vier Schienbeine einer 5-5,5-jährigen Stute, ferner die Reste ihres — aus den Umständen des Begrabens beurteilt — ohne Haut begrabenen Schädels zum Vorschein. Der Schädel wurde nach kürzerer oder längerer Zeit in einer Grube über dem Grab bestattet. Gleichzeitig wurden das Pferdegeschirr, so der Sattel (auf ihn weisen ein Paar birnförmige Bügel und eine Gurtschnalle hin) in die nachträglich gegrabene Grube gelegt (Abb. 8-9). Auf den Kopfzaum deuten das Gebiß und die am Pferdegeschirr angebrachten Münzen hin. Aufgrund der in der Umgebung bekannten wenigen Bestattungen ist es zu sagen, dass die hinsichtlich der Benutzung wertvollsten, 4-10 Jahre alten Pferde aufgeopfert und den Toten beigegeben wurden. Wie erwähnt, wurde das Grab nach der Bestattung mit einem Graben umgeben und darüber ein Hügel errichtet. Nach den sarmatischen, mit einem Graben umgebenen Hü­gelbestattungen sind keine ähnlichen im Karpatenbecken bekannt, aber für die Kurganbestattungen der osteuropäi­schen Steppe waren die rechteckigen, quadratischen (selten ovalen), fallweise an mehreren Stellen unterbrochenen Grä­ben vor der dortigen Ansiedlung der Ungarn in der Donge­gend zwischen der Mitte des 7. und der Mitte des 8. Jahrhunderts kennzeichnend. Die mit einem Graben um­gebene Bestattung konnte vor den sich im Karpatenbecken ansiedelnden Ungarn nicht völlig unbekannt sein. Unserer Meinung nach könnten die landnehmenden Ungarn — wenn auch unsere bisherigen Angaben sehr sporadisch sind — diese Sitte von der osteuropäischen Steppe mitgebracht haben. Im Gegensatz zu den beachtlich reichen Gräbern von Zemplén, Geszteréd usw. ist das Grab des in Kiskundorozs­ma-Hosszúhát mit Bogen und Köcher bestatteten Mannes unseres Erachtens kein Einzelgrab, obwohl es wegen seines einsamen Vorkommens in der Mitte einer mehr tausend m 2 großen Fläche auf den ersten Blick ein Einzelgrab zu sein scheint. Hinsichtlich der geheimen Bestattung ist nicht das eines der grundlegenden Kriterien der Einzelgräber, da der Krieger auf dem höchsten Punkt des östlichen Endes des Hügelzuges unter einem Hügel begraben wurde, keineswegs mit der Absicht der Verbergung. Andererseits suggeriert die Lage der Bestattung innerhalb des Grabens — das Grab wurde nicht in der Mitte, sondern in der einen Hälfte des Kreises gegraben —, dass Platz mindestens für eine, even­tuell für zwei Personen unter dem, aus der entnommenen Erde des Grabens errichteten Hügel frei gehalten war — wenn wir eine absichtige Handlung annehmen. Nach diesem Beispiel ist es nachzudenken, ob die bisher bekannt gewor­denen, für Einzelbestattungen gehaltenen Gräber tatsächlich die klassischen Fälle der geheimen Bestattung vertreten, oder wir mit den ersten Gräbern eines Kleinfamiliengrä­berfeldes, vielleicht einer kleineren Gemeinschaft rechnen müssen. Im Laufe der sorgfältigen Bestattungszeremonie wurden die wichtigen Gebrauchsgegenstände dem Mann beigege­ben. So kamen mehr als 30 kleinere und größere Stücke der Köcherversteifung mit Eisenbügel am rechten Oberarm vor (Abb. 4-7). Aus den früheren Freilegungen wissen wir, dass die Pfeile mit der Spitze nach oben bewahrt waren. In dem von uns erschlossenen Grab kamen alle vier Pfeilspitzen an der linken Seite des Schädels zum Vorschein, d. h. wurde der Köcher mit dem Mund nach oben, nach dem westlichen Ende des Grabes gerichtet neben den Toten gelegt. Auf das Beigeben des Bogens können wir nur folgern, da wir die Spuren der beinernen Versteifungsplatte nicht fanden. Aufgrund des Daseins des Köchers können wir aber mit Recht annehmen, dass auch der Bogen, der keine bei­nerne Versteifung hatte, neben den Krieger gelegt wurde. Der Gürtel des Mannes war aus Leder. Die Spuren des Gürtels konnten unter einer durchlochten Münze hinter dem linken Hüftbein registriert werden, da das Metalloxyd das sich berührende Lederstück konservierte. Aufgrund der ne­ben dem linken Schienbein freigelegten Eisenschnalle und der um das Becken vorgekommenen Münzen ist es sicher, dass der Tote mit diesen, für die Krieger wichtigen Tracht­gegenständen bestattet wurde. In dem landnahmezeitlichen Fundmaterial kann die sekundäre Anwendung der während der Streifzüge erworbenen Silbermünzen als Zierat, haupt­sächlich am Pferdegeschirr, oder als Gewandzierden häufig beobachtet werden. In der Beckengegend vorgekommene Münzen sind in der Fachliteratur der Landnahmezeit be­kannt, aber nachweisbar als Gürtelbeschläge wurden sie in einem einzigen Grab, in dem von Fonyód, dokumentiert (Abb. 17). Am silberbeschlagverzierten Gürtel des jungen Kriegers waren die zwischen 931 und 945 geprägten Mün­zen von Hugo von Provence bis Lothar II. unter den Gürtel­beschlägen angenäht. Im Laufe der Freilegung konnten wir auch die Reste des Schuhwerkes des im Grab liegenden Kriegers beobachten. Am unteren Ende beider Schienbeine konservierte das Me­tal loxyd dicke, sich dunkel verfärbte Lederstücke, die ver­mutlich die Reste der kurzen Stiefelschächte sind. Die Stie­felschäfte wurden ein wenig über den Fußknöcheln mit, an zwei Stellen nebeneinander durchlochten Münzen sowohl

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