A Móra Ferenc Múzeum Évkönyve: Studia Archaeologica 5. (Szeged, 1999)
NAGY Margit: Ornamenta avarica II. A fonatornamentika
besser der aus dreiteiligen Bändern gehauenen Musterung des Bruchstückes einer Chorschrankenplatte (Abb. 3. 2). Das den älteren ravennischen Stil rein repräsentierende Flechtbandmuster von Szentendre stammt nach der Meinung von G. Haseloff aus einer direkten byzantinischen Quelle (HASELOFF 1981, 596-597, 612-614). Als eine weitere Analogie gilt z. B. der mit Geilechtmuster verzierte Säulenkopf der St.-Vitale-Kirche von Ravenna (DEHLI O J. 19). In der Awarenzeit vertreten die vierbändige Diagonalflechte und die sechsbändige Korbflechte die unendlichen Geflechtmuster (NAGY 1989, 282-283, Abb. 28-29). Die spezielle awarische Variante des sechsbändigen Musters ist die Kombination der Sanduhr-Mandelform, die nach dem Beweis der Grabkomplexe auf den frühesten, sicher an Ort und Stelle hergestellten Stücken erschien (NAGY 1989, 383, Abb. 30). Nach der Übersicht der gegenwärtig bekannten Flechtbandornamentik der Gépiden und pannonischen Langobarden müssen wir zum Schluß feststellen, daß der beträchtliche Teil der auch von den Awaren angewandten Geflechtmuster in der langobardischen Kunst schon in der ersten Hälfte des 6. Jahrhunderts aufkam. Trotz der Ähnlichkeiten können unmittelbare Werkstattbeziehungen bei den Flechtbandmustern nicht nachgewiesen werden. DIE ZÄHNUNG Die Forscher nahmen die Feststellung von A. Alföldi und N. Fettich einheitlich an, wonach die Zähnung als Stilelement nur auf den, im Karpatenbecken hergestellten Gegenständen vorkommt (ALFÖLDI 1926, 36-38; FETTICH 1926, 5-34; BONA 1974, 57; HASELOFF 1990, 30-47; BONA 1993, 150-153). Wir sind der Meinung, daß die Zähnung von den awarischen Goldschmieden in erster Linie aus technischen Gründen, als Ersatz der Nielloeinlage angewandt wurde. Es ist unbestritten, daß die Zähnung bei den Awaren ursprünglich wirklich an die Tierfiguren gebunden war. Das kann durch Gegenstände bewiesen werden, auf denen die Tierfiguren „naturalistisch" erscheinen (z. B. Keszthely-Fenékpuszta, Horreum, Grab 17, eine pferdförmige Silberfibel: BARKÓCZY 1968. 284, Taf. 61) bzw. „abstrakt", aber noch erkennbar ausgeführt wurden (eine goldene Schnalle und eine Riemenzunge in der Jankovich-Sammlung: NAGY 1992, Abb. 8. 2, Abb. 10. 3. Abb. 12. 1). In der Frühawarenzeit wurde die Zähnung bei der Darstellung der Tierbeine mit Vorliebe angewandt (z. B. auf dem Ring von Mezőbánd und auf den Aufhängegliedern der Schwerter von Bocsa, Abb. 7. 1, 4). Ohne die früheren Vorschläge abzulehnen, wonach die Zähnung aus der quergestreiften Verzierung der Tiergestalten des I. germanischen Tierstils stammt, also sie deren Nachahmung ist, und die gleichzeitig von den Awaren auch auf den Bändern der Geflechtmuster verwandt wurde (BOTT 1976, 248, 253; NAGY 1992, 25), möchte ich diesmal eine andere Möglichkeit der Entfaltung der Zähnung skizzieren. Im Grab 34 des langobardischen Gräberfeldes von Szentendre kamen gegossene, vergoldete, silberne Schwertgurtbeschläge mit Nielloeinlage vor (Abb. 4. 1) (BONA 1974, 122, Abb. 62-63; BONA 1990, 38,1. 20). Aufgrund der Rekonstruktion der Nielloeinlage wurde die schwer erkennbare Komposition deutlich: Beiderseits der mit geperlten Bändern umrahmten Menschenköpfe plante der Künstler neunteiligc „krallige" Tierbeine. Die Tierbeine knüpfen mit gebogenen Linien an das, aus doppelten Bögen bestehende geometrische Muster des Mittelteiles (Abb. 4. la, 6). Auf den „abstrakten" Kompositionen sind die Krallen der Tierbeine und die Bezeichnung des Bartes der Menschenköpfe identisch. Dem entsprechen auch die Striche am Rand des seichten, weniger ausgetieften Mittelteiles. Die Striche, die auf den Tierbeinen noch die „Krallen" und auf den Menschenköpfen den Bart bezeichnen, wurden auf dem Mittelteil der Beschläge zu selbständigen dekorativen Elementen (Abb. 6. 2a). Der durch Schraffierung geschöpfte einheitliche Rahmen hebt die Menschenköpfe, besonders die mit einer gebogenen Doppellinie unterstrichenen Augen hervor. Diese Komposition ist ein wirksamer und eleganter Ausdruck des Wunsches, der sich auf den Schutz des Schwertes und seines Besitzers richtet. Ich halte es für möglich, daß die Striche auf dem Beschlag von Szentendre und gewiß auch auf anderen ähnlichen Mustern, die „Krallen" der geometrisierten Tierbeine für die frühawarenzeitlichen Goldschmiede als Vorbild zur Zähnung gedient haben könnten. Dazu müssen wir die Verbindungen der Meister und Werkstätten, aber mindestens das Kennen der germanischen Muster annehmen. Mehrere Preßmuster des Grabes des Goldschmiedes von Kunszentmárton beweisen, daß die awarischen Goldschmiede Motive fremden Ursprungs kannten (CSALLÁNY 1933, 27; WERNER 1970, 71-73). Beschläge mit Kompositionen, die der Musterung des Fundes von Szentendre ähnlich sind, wurden in erster Linie in fränkischen, bajuwarischen und italisch-langobardischen Werkstätten erzeugt. Die Tierbeine bekamen bei allen eine besondere Betonung (Abb. 6. 3-7, 10). Dem geometrischen Mittelteil der Beschläge von Szentendre ähnelt der Mittelteil des Beschlages von Eichloch (Rommersheim, Kr. Alzey) am besten, auf dem auch die Striche vorhanden sind (Abb. 6. 6) (BÖHNER 1976, 104, Abb 6). Die „Menschcnkopf-Tierbein"-Komposition kommt nicht häutig vor. Sie taucht auf zwei berühmten Schmuckstücken von umstrittener Datierung (vom Ende des 6. Jahrhunderts bis die Mitte des 7. Jahrhunderts), aber unumstrittener Deutung auf. Das eine ist die Schnalle von Aker (Norwegen), auf deren Platte ein punzierter und vergoldeter, gekrönter Menschenkopf mit Nielloeinlagen, von Adler- und Eberköpfen in die Mitte genommen dargestellt wurde (Abb. 5. 5) (ARRHENIUS 1986, 142, Abb. 11; ROTH 1986, 274, Taf. 47). Über dem Menschenkopf beiderseits sind sich an keinen Tierkopf knüpfende krallige Tierbeine sichtbar (Abb. 4. 3). B. Arrhenius machte darauf aufmerksam, daß das Scharnier des Schnallenrahmens Y-förmig ist und die punzierten Muster sicher nördlichen Ursprungs den punzierten Y-förmigen Mustern am Fußende der im Grab 56 von Szentendre vorgekommenen Fibel ähneln. Trotzdem weicht diese Schnalle formell von den nördlichen Schnallen ab. Ihr Herstellungsort könnte auf dem Kontinent gewesen sein. Arrhenius bewies aufgrund der Analogien überzeugend, daß der. auf der Beschlagplatte von Áker sichtbare gekrönte Menschenkopf