Lőrinczy Gábor szerk.: Pusztaszertől Algyőig. A Móra Ferenc Múzeum Évkönyve: Monumenta Archeologica 2. (Szeged, 2010)
Spätawarenzeitliches Siedlungsfragment und Bestattung in der Gemarkung Kiskundorozsma
218 SZ. WILHELM Gábor SPA TA WARENZEITLICHES SIEDL UNGSFRA GMENT UND BESTA TTUNG IN DER GEMARKUNG KISKUNDOROZSMA Gábor SZ. WILHELM Das Siedlungsfragment liegt in Daruhalom-dülö nordöstlich von Kiskundorozsma in einem Gebiet, das von der Verbindungsstraße zwischen Kiskundorozsma und der Autostraße E5, von Kettőshatár und vom Balaton-ér umgrenzt wird, auf einem Hügelrücken in N-S-Richtung. Der damalige Maty-ér und das aus den damaligen toten Theißarmen entstandene Gewässersystem gehörten zu den bedeutendsten flächen- und raumbildenden Faktoren der engeren Region und boten den damaligen Bewohnern ausgezeichnete Siedlungsbedingungen (ANDÓ 1995, 26-27). Während der vorläufigen Grabung im Mai 2008 haben wir im 950 m 2 großen Gebiet ein awarisches Siedlungsfragment und ein Raubgrab freigelegt. Im untersuchten Streckenabschnitt kamen zwei Halbgrubenhäuser der awarischen Siedlung zutage (Obj. 3; 11). Spuren der Dachkonstruktion erschienen nur bei einem der beiden Häuser, auf der Längsachse des Gebäudes fanden wir zwei Pfostenstellen. Von seinen Abmessungen her gehörte es wahrscheinlich zu dem üblichen Typ dieser Zeit mit drei Pfosten auf der Längsachse. Ein Gebäude in ähnlicher Konstruktion erschien u.a. bei der vorläufigen Ausgrabung der Umgehungsstraße von Szentes (MADARAS 2000, 240, 5. kép 1) und auch in Kompolt (VADAY 1999, 235). Auf dem Gelände kam ein Backofen mit Vorgrube zum Vorschein, der halb im Lehmboden errichtet war, aber ein gebautes Gewölbe besaß. Er wurde wahrscheinlich lange benutzt, darauf deutet sein zweimal erneuerter Ofenboden hin. Pfostenstellen im unteren Ofenteil kennzeichneten die Dachkonstruktion . Am Fundort fanden wir verhältnismäßig wenige, insgesamt 10 awarische scheibengedrehte Keramikfragmente. Neben einigen kleinen grauen Bruchstücken kamen ein paar charakteristische ziegelfarbene, gedrehte, mit kleinen Kieskörnern gemagerte Gefäßstücke zum Vorschein. Diese Art von körniger, gedrehter Keramik mit feinem Kies ist ab dem 8. Jhd. im Material der awarischen Siedlungen zu finden (LISKA 1999,70). Des Weiteren fanden wir ein kleines Fragment eines fein ausgearbeiteten, grauen, mit Wellenband verzierten Gefäßes (Abb. 2, 6). Weiters erschien das Schulterfragment eines Topfes, der manuell gefertigt oder mit einer langsam drehenden Töpferscheibe hergestellt worden war. Der größte Teil des Keramikmaterials bestand aus handgefertigten Gefäßen. Für die Magerung wurde jedes Mal mehr oder weniger klein gestampfter Keramiksplitt verwendet. Die Mehrheit der handgefertigten Keramik, die typologisch eingeordnet werden kann, gehört zu Töpfen. Einige Stücke waren auch verziert, der Rand von zwei Exemplaren wurde mit Fingereindrücken gegliedert (Abb. 1,1,3). In einigen Fällen ist auf der Schulter auch eine einfachere Verzierung — eine eingeritzte Wellenlinie bzw. ein Wellenband — zu beobachten. Die Backglocke ist einer der charakteristischsten Keramik-Typen, der mit der Awarenzeit verbunden werden kann, ihr Gebrauch kann im gesamten spätawarischen Gebiet nachgewiesen werden (TAKÁCS-VADAY 2004, 37). In den Objekten kam sie in nicht unbedeutender Anzahl vor (Abb. 3,2-3, 5-6; Abb. 7,5-6). Auf der Innenseite von zwei Fragmenten war ein Textilabdruck zu erkennen (Abb. 3,1). Es kamen auch einige charakteristische Randfragmente von handgefertigten Kesseln zutage, weil sie aber sehr stark fragmentiert sind, können sie keinem Typ zugeordnet werden. Das Nord-Süd-orientierte, rechteckige, sehr tiefe Grab wurde durch einen damaligen Raub zerstört. Im ungestörten Teil zeichnete sich der Sarg als Verfärbung ab. Im Grab lag der Überrest einer mongoliden (saianen) Frau im maturen Alter. Oberhalb des Sarges befand sich über dem linken Bein ein Skelettteil eines jungen Widerkäuers (vermutlich eines Lamms). Aufgrund der Überlagerung mehrerer Objekte ist das Siedlungsfragment nicht einschichtig, es war wahrscheinlich längere Zeit in Gebrauch. Das gesamte Fundmaterial kann in eine verhältnismäßig lange Periode vom Anfang des 8. Jhd. bis zur Mitte des 9. Jhd. datiert werden. Die Graberde enthielt zahlreiche Keramikfragmente, die mit aller Wahrscheinlichkeit vom Laufhorizont der Siedlung stammten, was auf den Zusammenhang von Bestattung und Siedlung hindeutet. Die Siedlung und das Gräberfeld passen gut in das intensiv bevölkerte Awarengebiet am rechten Ufer der Theiß, das vom heutigen toten Arm bei Körtvélyes über den Fehér-tó, längs der Linie von Kiskundorozsma-BordányZákányszék-Kisszéksós-Madarász-tó bis zur Holt-Tisza von Gyálarét reichte und durch die neue Ansiedlungswelle seit dem Ende des 7. Jhd. bedeutend geworden war (KÜRTI 1983,190). Es scheint so, dass in der Spätawarenzeit die Rolle und die strategische Bedeutung des Gebietes größer wurden, darauf deuten die zahlreichen Fundorte (Gräberfelder und Siedlungen) in dem verhältnismäßig engen Gebiet bzw. auch das reichhaltige Fundmaterial hin. Übersetzt von Éva PÁ VAI-MORCHE Sz. Wilhelm Gábor Nemzeti Örökségvédelmi Központ Dél-alföldi Regionális Iroda 7624, Szeged Árvíz u. 61. E-mail: sz. wilhelm.gabor@gmail. com