A Móra Ferenc Múzeum Évkönyve, 1974/75-1. (Szeged, 1975)

Pertlwieser, Manfred: Die „Berglitzl” von Gusen. Eine neolithisch-frühbronzezeitlicher Opferplatz

Gefäße festgestellt werden. Neben teils verbrannten tierischen Einzelknochen lag bei einer Feuerstelle die komplette vordere Körperhälfte einer Ziege (mitsamt dem Schädel), flankiert von Gefäßresten. Der ganze Handlungsabschnitt war anschließend von gewaltigen Mengen gleich­großer (sichtlich ausgewählter) Rundsteine in einem dichten, mehrschichtigen Mantel zugedeckt. Am bergwärts gelegenen Rand lag in der Steinmantelung (mit der Spitze zur Kuppe weisend) ein prachtvoller „nordischer" Feuersteindolch von 21 cm Länge. Über der Steinmantelung befand sich eine saubere, sandige Zwischenschicht, darauf folgte eine weitere Belegung völlig gleicher Art. Am Rande einer Feuerstelle dieser zweiten Schicht lag neben einem zerdrückten Gefäß die Schädelkalotte eines Kindes. In besonderen Positionen fanden sich auch hier wieder jeweils einzeln liegende tie­rische Unterkieferhälten. Fast genau über der Fundstelle des Feursteindolches war im Steinmantel der höheren Schicht (ebenfalls mit der Spitze bergwärts weisend) ein triangulärer Bronzedolch deponiert. An der Kante des Wassergrabens fand sich, mit den Schultern schräg an den hier aufsteigenden Steinmantel gelehnt, das inkomp­lette Körperskelett einer jungen Frau, in Rückenlage. Der Schädel einschließlich Unterkiefer, die Handskelette und die Beinskelette von den Knien abwärts, fehlten. Die Steinabdeckung der Handlungs- und Deponierungshorizonte erweis sich in den unteren Schichten als stark hitzebeeinflußt (brandgeschwärtz oder -gerötet, hitzezersprungen bis durchglüht). Daraus folgt, daß die Zudeckung der Handlungs­zone wohl Bestandteil der Ritualhandlungen war und spätetens zu einem Zeitpunkt erfolgte, als zumindest noch starke Glutnester aktiv waren. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt, wo erst etwa die Hälfte des riesigen Fundmate­rials gesichtet und die Auswertung der Befunde erst im Anfangstadium steht, kön­nen doch bereits einige konkrete Annahmen skizziert werden. Aufgrund der erstaunlichen Handlungsintensität und der großen Fläche, die für zeitgleiche Handlungen in Verwendung stand, muß für den Kulturplatz ein ge­wisser Einzugsbereich, vermutlich mehrere nicht unbedeutende Ansiedlungen, ange­nommen werden. Nach unterscheidbarer Art der Denkmäler, des daraus stammenden Fundinventars, seines Zustandes und seiner Situation, lassen sich hauptächlich drei inhaltlich gegeneinander abgegrenzte Ritualbezirke bestimmen: 1. Die meist auf der Plateauhöhe deponierten und vermutlich einem dort ab­gehaltenen Ritual entstammenden, menschlichen Reste; 2. Die am dichtesten in den Hangzonen aufgetretenen Situationen, Objekte und Fundstreuungen, die am deutlichsten durch Art und Zustand des dortigen Tierkno­chenmaterials auf ein großes Gemeinschaftsmahl schließen lassen ; 3. Die eindeutigen Widmungsopfer (hauptsächlich Tier- und Fruchtopfer) am tieferen Hang, bzw. in der dortigen Uferzone. Religionsethnologisch interessant und aufschlußreich scheint die Zuwendung — des höchsten (Menschen-) Opfers zum höchstgelegenen Punkt des Ortes. Ande­rerseits die Zuwendung der eigentlichen Opfergaben zum Wasser. Einen dominieren­den Bestandteil des Rituals bildete der zwingende Gebrauch des Feuers bei jeder Art der gepflogenen Handlungen. Auch die reinen Opfergaben, die dem offenbar gewollten Zugriff des Wassers preisgegeben waren, hatten zuvor „den Weg durchs Feuer" zu gehen. Sehr interessante Ergebnisse sind von der Bearbeitung des zoologischen Mate­rials zu erwarten. Nach den Grabungsbefunden scheint in den verschiedenen Bele­gungsperioden ganz bestimmten Tierarten ganz besondere Bedeutung zuzukommen. Innerhalb dieser bevorzugten Arten spielten — abgesehen von der zweifellos ganz besonderen Bedeutung der Unterkiefer im allgemeinen — anscheinend noch bestimm­309

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