A Móra Ferenc Múzeum Évkönyve, 1971. 2. (Szeged, 1974)

Die VII. Archäologische Konferenz in Szeged - Fodor, István: Einige kulturgeschichtliche Beziehungen der ungarischen Urgeschichte

In Jahrhunderten, die der Landnahme vorangingen, wurde die halbnomadische ungarische Wirtschaft mit zahlreichen Elementen der angesiedelten Lebensweise bereichert. 72 Unseren 896 in die neue Heimat übersiedelten Landnehmenden — wie wir uns es oben zu beweisen bestrebten — standen schon zweitausend Jahre alte Überlieferungen des Feldbaus und der Viehhaltung zur Verfügung, und die Produk­tionserfahrungen vermehrten sich in den VIII — IX. Jahrhunderten an einer Reihe neuer Elemente. Ihre wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung lief im Kar­patenbecken ungeschwächt weiter, und die Vollendung dieses Prozesses war die Aus­bildung des frühfeudalen ungarischen Staats, während eine Menge Dörfer angesie­delten Bauerncharakters erschienen sind. Bei der Untersuchung des Zustandekom­mens der letzteren soll man nicht im jeden Fall an äusseren Einfluss oder an die Ein­wirkung fremder Völker denken. (Natürlich bestreben wir uns ihre Rolle nicht zu bezweifeln.) Die wirtschaftliche Entwicklungsstufe des landnehmenden Ungartums war nicht niedriger, als die der Völker, die hier gefunden wurden, oder die der umliegenden Nachbarschaft. Seine beweglichere als halbnomadisch bestimmbare) Lebensweise war nur vom anderen Anschein, aber natürlich deshalb, weil seine Wirt­schaftsweise in einer solchen Umwelt ausgebildet wurde (Ural-, Wolga-, später Don-Gegend), die vom Karpatenbecken in besonders vielen Hinsichten verschieden war. Im Karpatenbecken mussten sich die Ungarn natürlich den örtlichen Verhält­nissen anpassen (es haben sie meisterhaft erfüllt) darum haben sie die Produktions­erfahrungen der örtlichen und umliegenden Bevölkerung benutzt. Der wirtschaft­liche Einfluss war aber beiderseitig. Keinesfalls soll man dieses Verhältnis für das des „Lehrmeisters" und des „Schülers" halten. 73 72 Unserer Meinung nach beweisen es unsere mit der Schweinezucht verbundenen bulgarisch­türkischen Lehnwörter disznó, ártány, serte 'Schwein", 'verschnittener Eber', Haar des Schweines' Gombocz Z., op. cit. S. 20.; Bárczi G., A magyar nyelv életrajza. Вр. 1966 2 . S. 45.) Unter noma­dischen Umständen zum Beispiel auf dem Gebiet, wo das Ungartum früher lebte (die Gegend des Südurals) wurden Schweine beweisbar nicht gezüchtet. (Сальников, К. В., Очерки ... S. 330.;) Wir halten auch für zweifellos, dass dem Ungartum auf den zur Don-Gegend nahen Gebie­ten die Gartenkultur sowie unter anderen auch der Weinbau bekannt war, dessen hochgradige Verbreitung sowohl die geschriebenen Quellen, wie die archäologischen Funde eindeutig bezeugen Nach E. Moór hat das Ungartum auf diesem Gebiet den Wein als Gegtränk kennengelernt, den Wein­bau haben sie aber von den Slawen von Karpatenbekcen gelernt. (Moór E., A bor és szőlő. NyK. LXV. (1963) S. 413—423.) Seine Meinung wurde von M. Füzes ausführlich kritisiert. (Füzes M., Régészeti-növénytani megjegyzések Moór Elemér: A bor és szőlő с cikkéhez. Veszprém megyei Múzeumok Közleményei. 10. (1971) S. 115—125.) 73 In diesem Sinne können wir mit der Meinung von E. Moór nicht einverstanden sein, nach der das landnehmende Ungartum alle Elemente der Produktionswirtschaft durch die Slawen kennengelernt hat. (Moór E., A magyarság gazdasági formáinak kialakulása szláv jövevényszavaink tükrében. Magyar Nyelv. LIV. (1958) S. 278—290.; Ders., Die Ausbildung der Betriebsformen der ungarischen Landwirtschaft im Lichte der slawischen Lehnwörter. Studia Slavica. II. (1956) S. 31—117.) Jeder Grundlage entbehrt zum Beispiel seine Feststellung, dass die Slowaken (!) von der Obertheissgegend auf die Ungarische Pferdezucht grosse Wirkung ausgeübt haben, und ,,... nach dem Beispielgeben der tierzüchtenden Slowaken wird das Ungartum..." zu der Winterfütterung der Tiere übergehen. (Die Rezension von MNy. i. h. S. 283. siehe: Dienes /., A honfoglaló magya­rok lószerszámának néhány tanulsága. Arch. Ért. 93. (1966) S. 228—229.) Dagegen, wenn die frühe­ren Angaben jetzt unbeachtet gelassen wurden (siehe N. 42.), muss man auf dem Gebiet der Sal­towo-Kultur mit Heuernte, mit Winterfütterung der Tiere rechnen. (Плетнева, С. A., op. cit. S. 147., in der Landnahmezeit erscheint die Winterfütterung auch bewiesen. Siehe: Dienes L, A hon­foglaló magyarok. Вр. 1972. S. 27—31.) — Aus der oben sehr kurz dargestellten Entwicklung der Wirtschaftsgeschichte ausgegangen können wir die vor kurzem aufgeführte Auffassung von Zs. Csalog nicht annehmen, der von den Unterschieden der Orientierung der Gräber von X — XI. Jahrhunderten jene weitgehende Konsequenz gezogen hat, dass „...man das Ganze des ungarischen Wirtschaftslebens von X — XI. Jahrhunderten als wirtschaftlichkulturelle Symbiose einer sesshafti­gen Bauenrgemeinschaft in minderer Zahl und einer zahlreichen, migrierenden Hirtengemeinschaft 174

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