A Móra Ferenc Múzeum Évkönyve, 1968. (Szeged, 1968)

Torgmayer, Ottó: Die Hauptfragen des Neolithikums der ungarischen Südtiefebene

Der Ursprung der Ziege ist noch nicht beruhigend geklärt. Es gibt Auffas­sungen, die für Möglich halten, dass in Südosteuropa eine Tierart leben konnte woraus die Urform der heutigen Ziegenarten hochgezüchtet wurde. Man kann eindeutig beweisen, dass das andere wichtigste Haustier keinen europäischen Ursprung hat. Es ist unmöglich vorauszusetzen dass am Beginn des Holozens in SO-Europa eine solche Muflonart gelebt hätte, woraus man die neolithischen Schafearten ableiten könnte, damit in den frühneolithischen Schichten von Argissa keine einzige wilden Individuen gefunden wurden. Auch die Funde der La Adam Höhle bestimmen nicht eindeutig dass solche wilden Individuen lebten woraus die fraglichen domestizierten Formen hätten hochgezüchtet können. Die Gemeinschaften (hierher können wir die Funde des thessalischen akera­mischen Neolithikums gesellen) die sich vorerst mit Schafezüchtung und Acker­bau beschäftigten - folgerungsweise davon lebten, die Keramik nicht kannten, waren in Südosteuropa von fremder Herkunft. (Damit kann von einer „Kultur­einwirkung" keine Rede sien.) Ihr Ausgangsgebiet wird durch die Urheimat des Schafes und der Gerste bzw. durch das Gebiet der Vorformen gewisser Kul­turgegenstände bestimmt. Diese kleinere Volksgruppen wanderten aus Klein­asien nach Südosteuropa vermutlicherweise um Klimaoptimum des Atlantikums. Es war die hier lebende Urbevölkerung die sich mit den Ankömmlingen assimi­lierend in Thessalien die eigenartigen vorkeramischen bzw. frühkeramischen Kul­turen ausformte. Die Erscheinung der eingewanderten Bevölkerung hat das Leben der Be­wohner von Thracien, von dem unteren Donauland und vielleicht von dem südöstlichen Teil des Karpatenbeckens in eine eigenartige Richtung gelenkt. Obwohl die Schafezucht einen sicherer Unterhalt sicherte, brauchte der voll­ständige Bruch mit den alten Lebensweisen eine sehr lange Zeit. Diese lokale Bevölkerung, obwohl sie die Errungenschaften der sich auf dem fruchtbaren Halbmondgebiet abgespielten neolithischen Revolution - samt mit deren einigen Gegenständen - übernommen hatte, bewahrte noch für eine lange Zeit ihre örtlichen Lebensarttraditionen. Während nämlich in Thessalien seit dem Beginn des akeramischen Neolithikums eine mit der kleinasiatischen beinahe in Einklang stehende, doch provinziellere, sesshafte, aus Ackerbau und Viehzucht lebende, nahrungsproduktive Kultur sich auszubilden im Gange war, lebte ein Volk, das eine ganz eigenartige gemischte Wirtschaft führte, nördlich von den makedonischen Gebirgen. Sie waren die Träger der Zwickenkeramik. Der Ursprung dieser Keramik ist zu einem von den griechischen festländischen Keramiktypen differierenden Vorbild zurückzuführen, in weren Herausbildung und Verzierungsmotiven die Formen und Verzierungselemente der in den frühe­sten Perioden gebrauchten Vorrätsgeräte eine entscheidende Rolle gespielt hat­ten. Die zweite Welle der kleineren ethnischen Einheiten, die von Kleinasien ankamen, die davon ausschwärmten, brachte die Keramik und zahlreiche cha­rakteristische Züge der Protosesklo Kultur mit. In dieser Periode konnte sich schon die Keramik der Kultur von Zwickenkeramik ausbilden. Diesen Satz, der wie ein Paradox zu klingen scheint, sollen wir aufgrund dieser Voraussetzung erklären, wonach die einzelnen Volksgruppen, die auf einem einheitlichen Gebiet eine einheitliche Wirtschaft führten, bildeten eine umgrenzbare Einheit im Begriff der Kultur schon bevor dem Auftritt der Keramik. Infolge der günstigen klimatischen Verhältnisses, mit der wirtschaflichen Entwicklung schritthalten­den Bevölkerungszunahme und der eigenartigen, sich bewegenden Lebensweise, 18

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