Kunt Ernő szerk.: Kép-hagyomány – Nép-hagyomány (Miskolc, 1990)
I. RÉSZTANULMÁNYOK - Wolfgang Brückner: Képhasználat és keresztes hadjárat a parasztság ellen a 13. században (Avagy a nácik Stedingenben)
schof bedroht? Die oben zitierten Historiker haben die lateinischen Texte so nicht gedeutet, sondern ziemlich genau mit „wächsernen Götzenbildern" und „Trugbilder von Wachs" übersetzt. Was aber sollte damit ausgesagt sein? Jedenfalls ein Hantieren mit magischen Hilfsmitteln, die corpora delicti, d.h. handfeste Beweise für Zauberei liefern konnten. Der ein halbes Jahrhundert zuvor (1180) verstorbene berühmte Autor Johann von Salisbury kannte aus der literarischen Tradition der Antike den Zauber mit Hilfskörpern, und er teilte deren Praktiker in zwei Gruppen ein: die „imaginarii" die nach hellenistischer Theurgen-Art Weissagegötter fabrizierten und die „vultivoli", die Machtzauber für Liebeszwänge trieben. Für den gelehrten Theologen war selbstverständlich beides verwerflich, weil ein Spiel mit Dämonen, mithin Teufelsdienst, aber wir erhalten für unseren Beleg aus dem Jahrhundert vor der kirchlichen Indienstnahme des Bildzauberdeliktes als Attentatsanklage gegen den französischen König, Päpste und dann bald gegen jedermann den richtigen Hinweis auf das Verständnis jener Stelle. Es handelt sich im frühen 13. Jahrhundert eindeutig um Wahrsagebilder. Hatten die Bremer 1230 noch sehr unspezifisch von „imagines" gesprochen, so formutlierte man in Rom nun um zu „simulacra", nämlich richtig zu übersetzen „orakelnde Götzenbilder", weil nur diese zaubertechnische Bedeutung von Wachsbild damals geläufig war. Vor den „imagines" ist die Rede von der Dämonenbefragung, danach von den ratgebenden Zauberinnen. Das sind also keine drei verschiedenen Delikte, sondern ein einziger Akt in dreifacher Umschreibung. Es werden danach zaubernde Frauen aufgesucht, die sich wächserner Kobolde bedienen, um die aus jenen sprechenden Dämonen befragen zu können. Jetzt erst macht die intendierte Aussage einen theologischen Sinn und die für ein Faktum ausgegebene Sache damit politisch instrumentalisierbar. Der unterstellte Teufelspakt erscheint dadurch bewiesen, die Ketzerei also offenkundig und der Kreuzzug geboten. Indem sich meine Interpretation auf die in der Forschung wenig bekannte Entwicklungsgeschichte des Bildzauberdeliktes im Hochmittelalter stützt, benennt sie zugleich die Historizität dieser magischen Praxis und ihrer literarischen wie gebrauchstechnischen Tradition, d.h. wir können auch und gerade hier ständigen Wandel und stetige Entwicklungen beobachten und dürfen also nicht urtümliche oder gar volksläufige Konstanten voraussetzen. Fazit: Die Stedinger haben wahrscheinlich überhaupt nichts von der ihnen angedichteten zauberischen Praxis gewußt, und der Bremer Erzbischof hat damit lediglich ein passendes Argument gesucht und von seinen gelehrten geistlichen Juristen zugespielt bekommen, denn erst nach mehreren Anläufen ließ sich Rom zu der entscheidenden Urkunde bewegen. Einen Schein von Plausibilität vermochte dieses einzige aufgeführte konkrete Beispiel ketzerischen Tuns, neben Verunehrung des Sakraments und Tötung von Geistlichen, zum endgültigen Beweise der sichtbaren Formierung einer teuflischen Gegenkirche dadurch zu bieten, daß mantische Praktiken und Hoffnungen zu allen Zeiten und bei allen Schichten aller Völker geläufig waren und es noch immer sind, also hier - ohne jede Heiden- und Relikttheorie nach mündlicher Erfahrung und damit menschlichem Ermessen immer irgend ein quasi wahrer Kern oder zumindest nicht leugbarer Anlaß gegeben sein dürfte. Solchem harmlosen „Aberglauben" das Gewicht dämonischer Machenschaften zu verleihen, war die Kunst der politischen Drahtzieher. Für damaliges Volksleben oder bäuerliche Mentalität im 13. Jahrhundert aber ist so gut wie nichts zu holen. Wir stehen damit vor einem negativen Ergebnis. Doch die Falsifikation gängiger Erstannahmen wiegt schwer. Jetzt geht es nicht mehr um den mittelalterlichen Landmann, sondern um den neuzeitlichen Anthropologen und sein offensichtlich falsches Bild vom Menschen. Am Umgang mit Bildern - einst und jetzt - erkennen wir - so meine ich - etwas von uns selbst und werden dadurch den Menschen der Vergangenheit