Kunt Ernő szerk.: Kép-hagyomány – Nép-hagyomány (Miskolc, 1990)
I. RÉSZTANULMÁNYOK - Richard Jerábek: Cseh kéziratos és festett könyvek a 18-19. század fordulóján (Adalékok a paraszti használatú ikonográfia tanulmányozásához)
Darüber hinaus ist dieser Zug in den Zeichnungen noch durch ihre künstlerische Auffassung und Bewältigung unterstrichen. Trotzdem handelt es sich hier nicht um ein schöpferisches Ergebnis, das wir ohne Vorbehalt und Bedenken als volkstümliches Gemälde oder Zeichnung klassifizieren könnten, übrigens ist der Begriff „Volksgemälde" regional, zeitlich und gattungsmäßig sehr schwankend und seinen fachlichen Gehalt können wir nur schwerlich mit einer allgemeineren Berechtigung und Gültigkeit feststellen. Jedoch auch nicht nach den Kriterien, die wir für die tschechische etnische Umwelt um die Wende des 18. und 19. Jahrhunderts formulieren könnten, würde das Werk des anonymen Abschreibers und Zeichners in das Gesamtbild der volkstümlichen Malerei passen. In mancher Hinsicht erweckt es den Anschein, als ob es die spätere naive Kunst antizipieren würde, im großen und ganzen handelt es sich jedoch um ein Produkt laienhafter, ja noch mehr - geradezu dilettantischer Bemühungen die „Geheimnisse Gottes" im Geiste der zeitgenössischen, einigermaßen vulgarisierten künstlerischen Anschauungen darzustellen. Wegen des Mangels an Vergleichsmaterial läßt sich nicht genau bestimmen, wie groß der individuelle Beitrag des anonymen Zeichners zur resultierenden Auffassung der Illustrationen war. Es ist jedoch möglich, die nur sehr frei von den zeitgenössischen graphischen Vorlagen abgeleiteten und in vielen Details von ihnen abhängigen Zeichnungen von jenen Darstellungen zu unterscheiden, die vom Text des Alten und Neuen Testamentes sowie vom Katechismus ausgehen und sich wahrscheinlich nicht auf die Druckgraphik des 18. und Anfangs des 19. Jahrhunderts stützen und von den Zeichnungen, die aus freier Hand und aus der eigenen Vorstellungskraft hervorgegangen sind. Je sichtbarer die angedeutete Tendenz ist, desto mehr entfernt sich diese ikonographische Quelle auch in zeichnerischer Hinsicht von den offiziellen Vorlagen und desto deutlicher gewinnt sie einen volkstümlichen Charakter. Wenn wir die Zeichnungen für die Bedürfnisse der Taxonomie der volkstümlich gewordenen Ikonographie klassifizieren wollten, stünden diese Abbildungen verhältnismäßig tief in der Hierarchie der mannigfaltigen Dokumente volkstümlicher, ja selbst nichtvolkstümlicher Provenienz. Sie sagen eigentlich nur äußerst wenig über die Volkskultur und die Lebensweise des Volkes aus; einen etwas tieferen Einblick gewähren sie in die volkstümlichen religiösen Anschauungen ihrer Zeit und in die Fähigkeit ihrer künstlerischen Darstellung auf der Basis der massenhaft verbreiteten graphischen Produktion sowie der inoffiziell tradierten Vorstellungen unter den Volksschichten, in diesem Fall eher unter den Schichten der kleinstädtischen, hauptsächlich der Handwerkerbevölkerung. Auch beim Vergleich mit älteren tschechischen und besonders mährischen handschriftlichen illuminierten Kirchengesangbüchern ist ihr unmittelbarer ethnographischer Wert gering und dieser qualitative Unterschied wird in der Richtung zur Vergangenheit immer größer. Manche ostmährische Kantionale aus dieser Zeit, besonders die aus dem Hornäcko-Gebiet und die westslowakischen, namentlich das Gesangbuch aus der Stadt Senica, sind nämlich eine wichtige Quelle für das ethnographische Studium der Volkstracht und mancher anderer Komponenten der traditionellen Volkskultur im 17. und 18. Jahrhundert. Die Autoren dieser Kantionale waren keinesfalls des Lesens und Schreibens unkundige Angehörige der ländlichen Bevölkerung, sondern relativ kultivierte und gelehrte Vertreter der örtlichen Intelligenz oder doch zumindest Angehörige der mittleren Handwerkerkreise; zu ihnen gehörten Lehrer, Regenschori, wohlhabende Bauern u.a. Auch darf man nicht der irrigen Ansicht verfallen, daß gerade die prunkvollsten handschriftlichen Gesangbücher den breiten Volksschichten gehörten: sie dienten vor allem den Kirchen- und Bestattungsbruderschaften, also kirchlichen Vereinigungen örtlicher freiwilliger Sänger. Unter dem Volk fungierten meist nur weniger anspruchsvolle Gebetbücher. Unser illustrierter Katechismus gehört entschieden nicht zu den allgemein verbreiteten und typischen Produkten der volkstümlichen Buchkultur, obwohl er zweifellos von volkstümlicher Herkunft ist.