Kunt Ernő szerk.: Kép-hagyomány – Nép-hagyomány (Miskolc, 1990)

I. RÉSZTANULMÁNYOK - Richard Jerábek: Cseh kéziratos és festett könyvek a 18-19. század fordulóján (Adalékok a paraszti használatú ikonográfia tanulmányozásához)

numerierten Seiten nehmen die 62 Zeichnungen nicht nur eine große Fläche ein, son­dern verleihen dem sonst langweiligen Inhalt einen ausgesprochen kuriosen Charakter. Die erwähnte Textvorlage (der „Große Katechismus. . .") ist mit hervorragenden Gra­vierungen des Prager Graphikers Johann Georg Balzer (1736-1799), eines Schülers und Fortsetzers des Nürnberger, in Böhmen ansäßigen Graveurs Michael Heinrich Rentz verziert. Während der Text von der Vorlage beinahe sklavisch abgeschrieben wurde und sein einziger Reiz in den zahlreichen Archaismen, Dialektismen und orthographi­schen Verstößen besteht, die sich in keine andere Sprache übersetzen lassen, erinnern die meisten Federzeichnungen in keiner Weise mehr an die potentielle Vorlage. Ja im Gegenteil - sie stehen mit den zeitgenössischen Illustrationen der religiösen Literatur vielfach geradezu im Widerspruch, darauf beruht auch ihre ikonographische Attrakti­vität. Die Zeichnungen im Zyklus von den Zwölf Glaubensartikeln sind zum großen Teil konventionell aufgefaßt. Sie enthalten eine einfache Stilisierung des Christogramms, die naiv aufgefaßte Szene der Geburt des Herrn mit einer Miniaturzeichnung der Vedute Bethlehems, das Thema der Kreuzigung, die primitiv dargestellte Auferstehung und Himmelfahrt, die symbolisch ausgedrückten Gaben des Heiligen Geistes und des Ewigen Lebens. Doch vom ethnographischen Aspekt aus am bemerkenswertesten sind die ungewöhnlichen Abbildungen menschlicher Figuren in den Szenen der allgemeinen Auferstehung und des Jüngsten Gerichtes, vor allem ja die von der Kirche verbotene Darstellung der Dreifaltigkeit mit drei Gesichtern auf einem Haupt (Triprosophos), die in der tschechischen ethnischen Umwelt bis zum Ende des 19. Jahrhunderts in der volkstümlich gewordenen Druckgraphik und in der Malerei auf Papier und Leinwand weiterlebte. Der hohe Grad der Phantasie des Zeichners, die stellenweise gewisserma­ßen sogar krankhaft erscheint, äußert sich in den Illustrationen zu den Zehn Geboten. Jedes Gebot begleitet er mit einer anschaulichen, in einigen Fällen bis greulichen und absichtlich abstoßenden, manchmal auch unpassenden Abbildung (wie z. B. die Mord­szene zum 4. Gebot Ehre Vater und Mutter). Ähnlich wie auch an anderen Stellen des handgeschriebenen Buches nützt er jede Möglichkeit aus, die Nacktheit und erotischen Reize abzubilden, und dies nicht nur in der Illustration zum 6. Gebot Du sollst nicht Unzucht treiben, zu dem er das Motiv des brennenden Sodoms als Kulisse verwendete, und zum 10. Gebot Du sollst nicht begehren deines Nächsten Weib, noch seinen Knecht, Magd, Ochs, Esel noch alles, was sein ist. Besonders betonte er die apokalyp­tische Rolle des Teufels und der Tierungeheuer in der fünf Geboten der Kirche und in der Darstellung der Sieben Todsünden. Und schließlich wären noch einige Realien ethnographische Aufmerksamkeit wert, die einen Teil der religiösen Szenen bilden und ihnen ein zeitgenössisches und regionales Kolorit verleihen. Es tauchen in ihnen man­che Äußerungen der materiellen Volkskultur auf, z. B. ein Waagebalkenbrunnen, eine Hirtentasche und ein Hirtenstab sowie volkstümliche Musikinstrumente - eine Geige, ein Kontrabaß und ein Zymbal. Es sind dies gleichzeitig kleine Andeutungen der Humanisierung mysteriöser Sujets. Wenn unser Beitrag schließlich auf methodologische Fragen der volkstümlichen Ikonographie ausgerichtet sein soll, dann haben wir Gelegenheit, unsere Aufmerksam­keit den Erwägungen über das Maß der Volkstümlichkeit dieses handschriftlichen Buches zuzuwenden. Aus der Charakteristik des ikonographischen Gehalts der Dars­tellungen geht hervor, daß trotz der streng religiösen Orientierung des Textes seine bildliche Begleitung nur eine sehr freie Interpretation darstellt, ja daß sie sich in man­chen Bildern auffallend von ihm entfernt. Nach den Maßstäben der katholischen Glau­benslehre könnten zahlreiche Illustrationen geradezu als ketzerisch und verwerflich erscheinen, doch die Ethnographie kann in der bildlichen Darstellung der inhaltlichen Seite des Katechismus einen ziemlich hoher Grad der Volkstümlichwerdung erblicken.

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