Fügedi Márta: Állatábrázolások a magyar népművészetben (Officina Musei 1. Miskolc, 1993)

Tierdarstellungen in der ungarischen Volkskunst (Auszug)

man bedenken, dass diese ihre „Informationen", die im Laufe der Jahrhunderte in Ver­gessenheit gerieten und verblassten, nun von einem anderen Zeichensystem übernommen wurden. Somit ist der überwiegende Teil unter den ornamentalen Elementen der volks­tümlichen Verzierungskunst vom Standpunkt der Form her mehrere hundert Jahre alt, ja in gewissen Fällen können diese sogar auf eine mehrere Jahrtausende zurückreichene Vergangenheit zurückblicken. Es steht ausser Zweifel, dass diese Motive einst symboli­schen Inhalt vermittelt haben. Die Intention für ihre Anwendung mag sich aber im Laufe der Jahrhunderte je nach Religion, nach kulturellen Region und nach dem Lauf der Ge­schichte mehrmals gewandelt haben. Aus diesem Grunde stösst man bei dem Verständnis um das Symbolsystem der volkstümlichen Ornamentik und bei der Aufdeckung ihrer Ikonographie auch auf ganz spezifische Schwierigkeiten, denn sie wurde nicht den fest­gelegten, für die künstlerische Praxis als Vorschrift geltenden Kanons nachgebend gebo­ren, sondern war das Ergebnis der Wechselwirkung zwischen beliebiger lokaler Tradition und der durch sie eingeschränkten individuellen Invention, sie setzte sich aus der von Brauch, ja sogar Mode geheilgten Erinnerung zusammen, stellte Kincső Verebélyi fest. Es gibt verschiedene Gründe dafür, dass wir auch über die Träger der Verzierungen und bei den gegenständlichen Erinnerungen aus der Volkskunst nicht immer über die In­formationen verfügen, anhand derer wir die Beziehungen zwischen Funktion und den Verzierungen eines Gegenstandes eindeutig erkennen. Im übrigen weist die Anwendung des sich herausgebildeten Formenschatzes und des Motivvorrates in der Volkskunst star­ke qualitative Abweichungen auf, denn die Skala reicht von der disziplinierten proporti­oneilen Kompositionsübernahme, von der Neuformulierung bis hin zur ungeschickten Kopie, zu einer formalen Nachahmung, die am Zerfallen ist, mechanisch ist und allen In­halt verloren hat. Daher kann das uns zur Verfügung stehende, vor allem aus dem 18.-20. Jahrhundert stammende Material aus der Volkskunst nicht mehr eindeutig belegen, wie die Motive als allgemeingültige Symbole angewendet wurden, und wie ihre Jahrhunderte alten Bedeutungen ungebrochen übernommen wurden. Somit lässt sich eine Einheit von Verzierung und Bedeutung anhand der Gegenstände aus dem 18.-20. Jahrhundert nur schwer nachweisen. Die einzelnen Motive verfügen über keinen allgemein angenommenen Symbolwert, allein ihre individuelle, gefühlsmäs­sige Aussage kann sich zur Darstellung des einen oder anderen Motivs gesellen. Demzu­folge dürfen wir die in der Verzierungswelt der Volkskunst auftretenden typenartigen Kompositionsvarianten mit grosser Wahrscheinlichkeit nur als Übernahme von Symbo­len, als deren spezifische Umformulierung, als Mustervariante betrachten. „Die gesamte gegenständliche Welt des Bauerntums, das heisst, das ganze Rund an Gegenständen, die die Bauersleute benutzten, und unter diesen vor allem die einer fest­lichen Rolle zugeordneten, die »in die Repräsentationssphäre« gehörenden Gegenstände können in ihrer Gesamtheit als ein Zeichensystem betrachtet werden. Das heisst aber nicht, dass die an den Gegenständen vorhandenen Verzierungen auch für sich als eine Be­deutung tragende, in Elemente aufspaltbare Sprache angesehen werden dürfen" - schrie­ben Tamás Hofer und Edit Fél. Doch zweifelsohne ist die eine oder andere Tierdarstellung auch gleichzeitig eine über sich selbst hinausv/eisende Nachricht. So trat beispielsweise an den sog. Jägerlöffeln oder aber an den für die Jäger geschnitzten Trinkgefässen immer wieder der Hirsch als Verzierung auf. Hingegen trug der Hirtenhaken vorwiegend eine Widderdarstellung. Im gegebenen Fall kann das Tiermotiv fast als Meistersiegel gelten. Der Fisch auf dem

Next

/
Thumbnails
Contents