Fügedi Márta: Állatábrázolások a magyar népművészetben (Officina Musei 1. Miskolc, 1993)
Tierdarstellungen in der ungarischen Volkskunst (Auszug)
derstiessen und auf diese Weise eine neue, symmetrische und dekorative Motiveinheit schufen. Anhand der Tierdarstellungen lässt sich auch gut verfolgen, wie die Vorbilder von ihrer Komposition und ihrem Inhalt her allmählich abstumpften, wie die Volkskunst sie ihren spezifischen Grundsätzen nach umkomponierte. In dem Masse wie die ursprünglichen Kompositionsregeln und Details verblassten, wurden die Tiergestalten immer mehr zu Ornamenten, verschmolzen immer stärker mit der Pflanzenornamentik und wurden schliesslich zu „pflanzenähnlichen Gebilden". So büsste der doppelköpfige Adler seine heraldischen Attribute, das die Macht symbolisierende Zepter, das Schwert, die Krone, ein. Sein Körper nahm Herzform an, seine langen Schwanzfedern wurden zu Blütenblättern, anstatt der Krone trägt er einen Pappus, selbst in den beiden Schnäbeln sowie in seinen Krallen hält er Blütenzweige. In einem ähnlichen Bemühen mag auch die Fahne des Agnus Dei zu einer Tulpe geworden sein; auf einigen Darstellungen ist der Kopf des Tieres sogar mit einem Blütenpappus geziert. An anderer Stelle steht ein Löwe oder eben eine Pferdegestalt für das Lamm mit der Fahne. Auf einem Schiesspulverhorn aus Székelykeresztúr ist ein Löwe dargestellt, auf dessen Haupt eine blumenartige Krone geritzt ist und auch an der Schwanzquaste sitzt eine Blume. Dieser Tendenz darf aber auch jene Tatsache zugeordnet werden, dass nämlich der Löwe manchmal zum Untier, manchmal hingegen zu einem katzen-oder hundeähnlichen Tier wird. Sehr lehrreich ist auch eine Analyse der Pelikandarstellungen in dieser Hinsicht. Das einst christliche Symbol wird zuweilen auf einen Tulpenstock oder auf eine Baumkrone aufgesetzt dargestellt. Anders wird der Pelikan dann wieder zum Vogel, der gleich einer Henne bei seinen Küken sitzt. Doch es kommt auch vor, dass eben die für die symbolische Darstellung unerlässlichen Vogeljungen fehlen, und das Tier zu einem Vogel stilisiert wird. Wie sehr die ursprünglichen Bedeutungen in Vergessenheit geraten sind, bzw. wie wenig sie interpretiert werden zeigt sich auch in den veränderten Musterbenennungen: So heisst die Stickerei an einem Kopftuch aus Sárköz „Hundchenmuster", die Ofenkachel mit Adler aus Siebenbürgen wird stellenweise „Käferchen" genannt, und die Kachel mit Blumenstock und Vogel heisst „Kartenmuster". Das Angus-Dei-Muster, das auf das Musterbuch nach Sibmacher zurückgeführt werden kann, heisst in den Stickereien aus der Bukowina in Siebenbürgen sogar schon „Widder" oder „Elefant". Und der heraldische Vogel Greif wird in Disznajo „Hase" genannt. Auch die Ausführung der Verzierung und die angewandten Verfahren tragen dazu bei, die Tiergestalten an die Gesamtheit der Komposition anzupassen und harmonisch in sie einzufügen. In einer von der Keilschrift geprägten, stark stilisierten Umwelt, in der Gesellschaft von geometrischen Motiven sind auch die Tiergestalten abstrakt, geometrisch, oftmals nur zeichenartig. Bei den plastischen Schnitzereien, die auf eine detaillierte, naturalistische Wiedergabe bedacht waren, ist auch die Darstellung von Vögel, Hirschen und Widdern auf Detail und Naturtreue aus. In den frei gezeichneten Stickereien wendet man die bei der Ausführung von Blumen angewandten Stiche und Farben auch zum Sticken der Tiermotive an. So ist zum Beispiel der an den Lakenrändern in Westtransdanubien angewandte variationsreiche Plattstich auch bei der Darstellung der Vögel, Pfauen, Hirsche und Lämmer anzutreffen. Dort, wo die Ausführung in der Blumenomamentik vereinfacht und vergrösserter ist, dort erschienen auch die Tiergestaltcn flcckenartigcr und verwischter.