A Herman Ottó Múzeum Évkönyve 35-36. (1997)

KILIÁN István: Ismeretlen képversek a 19. század második évtizedéből Gyöngyösről

UNBEKANNTE GYONGYOSER BILDGEDICHTE AUS DER ZWEITEN HÄLFTE DES 19. JAHRHUNDERTS Der Autor hat diese Arbeit in drei größere Kapitel gegliedert. Im ersten Kapitel stellt er die Geschichte des europäischen, im zweiten die des ungarischen Bildgedichtes dar, im dritten Kapitel veröffentlicht er die bisher nicht publizierten schön gezeichneten Dichtungen eines bisher unbekannten Gyöngyöser geistlichen Lehrers der Franziskaner. Das europäische Bildgedicht kann auf eine mindestens viertausendjährige Geschichte zurückblicken. Etwa 1700 vor Christus entstand der sogenannten Phaistus-Diskus, auf welchem der in Hieroglyphen geschriebene Text in Spiralform zu lesen ist. Die Griechen setzten diese Tradition fort. Simmias von Rhodos hat im letzten Viertel des vierten Jahrhunderts vor Christus Gedichte in Form eines Eis, Flügels und einer zweischneidigen Axt, Theokrit als Hirtenflöte, Dosiadis von Kreta als Altar geschaffen. In der späten lateinischen Dichtung trat Optatianus Porfyrius im Zeitalter Konstantins des Großen mit dieser Kunstform auf. Er überraschte seine Leser mit Gedichten in Form eines Altars, einer Hirtenflöte und einer Wasserorgel. In seinen geometrischen Dichtungen verbarg er dagegen mehrere sogenannte Mezostikhon figurale, das heißt, eine Gestalt formende Mezostikhon. Venantius Fortunatus (310-393) hat unter anderem solche Gedichte verfaßt, in denen die folgende Zeile mit dem einsilbigen Abschlußwort der vorangegangenen Zeile beginnt. Die Reihe der mit „hochentwickelten" Techniken arbeitenden Dichter könnte mit Alkuin, Josephus Scotus, Hrabanus Maurus und anderen noch weiter fortgesetzt werden, die nicht nur auf die Aussage, den Inhalt des Gedichtes achteten, sondern auch auf seine Erscheinung in Form und Bild. Die Autoren der Gedichttheorie waren auch darum bemüht, den Leser durch die Kraft des Gesehenen oder ein verborgenes Geheimnis zu gründlicherem Nachdenken, zur Aufgabe des schnellen, flüchtigen Lesens zu bringen. Ab der zweiten Hälfte unseres Jahrhunderts hat sich die Fachliteratur des Bildgedichtes außerordentlich viel entwickelt. Giovanni Pozzi überblickt in seinem Buch „La parola dipinta" (1981) die Weltgeschichte des Bildgedichtes. Die Arbeit von Dock Higgins („Pattern Poetry", New York, 1987) bringt sehr viele nützliche Informationen über die Weltgeschichte und Technik, sowie die über diese Kunstart entstandene Meinung. Jeremy Adler und Ulrich Ernst haben ab September 1987 in Wolfenbüttel eine Ausstellung veranstaltet, auf der die Geschichte des europäischen Bildgedichtes von den ältesten Zeiten bis in unsere Tage vorgestellt wird. Das Material dieser Ausstellung ist von den Autoren im gleichen Jahr veröffentlicht worden („Text und Figur", 1987). 1989 hat der Pole Piotr Rypson in polnischer Sprache ein Buch herausgegeben („Obraz slova história poezji wizualnej"), dessen Gegenstand die Geschichte des Bildgedichtes ist. Im Jahre 1991 veröffentlichte der Deutsche Ulrich Ernst ein Werk, das die Weltgeschichte des Bildverses von den ältesten Zeiten an bis zum Ende des Mittelalters mit sehr vielen Illustrationen vorstellt. 1993 ist eine spezifische Variante dieser Art der Kunst, der Rätselvers, von dem ebenfalls Deutschen Dirk Kampmann präsentiert worden (1993). Die Dichter der Neo-Avantgarde halten den Bildvers für eine besondere Vorgeschichte der modernen Kunstart. Im Zeichen dieser Anschauung stellt Pál Nagy die reiche Vergangenheit des ungarischen Bildverses im Band „Az irodalom új műfajai" („Neue Kunstarten der Litaratur") vor. Hier können natürlich nur die wichtigsten zusammenfassenden Werke aufgeführt werden. 414

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