Horváth Attila – Solymos Ede szerk.: Cumania 5. Ethnographia (Bács-Kiskun Megyei Múzeumok Közleményei, Kecskemét, 1978)

Gaál K.: Divat vagy népművészet

lehnen, äußerte sich sinngemäß der bekannte schwei­zer Volkskundler Robert Wildhaber, welcher Mei­nung wir uns vorbehaltlos anschließen müssen. Auch der künstlerisch gestaltete oder zumindest so wir­kende Gegenstand ist das Produkt des regionalen Gesellschaftsgefüges in einer bestimmten Zeit bzw. widerspiegelt dieses Sozialgefüge, indem er selbst in seinen Varianten eine „soziale Schichtung" erken­nen läßt. Diese Tatsache wird von der volkskundli­chen Muséologie nochimmer zu wenig beachtet, sozial­und wirtschaftshistorisch nicht zugeordnete, sondern ausschließlich wegen ihres Zierrats als „volkstypisch" präsentierte Objekte leisten einer übertrieben natio­nalen Volkskunde Vorschub, beschwören einen Zeit­geist herauf, der auf Grund der historischen Weiter­entwicklung nicht mehr der unsere sein kann. Ungarn zählt zu jenen Ländern Europas, in denen früher als in anderen erkannt wurde, daß Volkskunst nicht der Spiegel der „Volksseele" ist, sondern daß auch die verzierten Gegenstände historisch-regional betrachtet, nach ihren 1 lerstellern und Benutzern ein­gereiht werden müssen. Die soziale und wirtschaft­liche Lage des Produzenten und des Konsumenten, die näheren Umstände der Erzeugung und der Ver­wendung bilden Fragen von wesentlicher Bedeutung in einer Vorurteils- und wertfrei betriebenen Volks­kunstforschung; sie sind nur durch die historische Forschungsmethode zu bewältigen. Von Bedeutung ist auch, ob ein Stück zum Zeitvertreib aus innerem künstlerischen Antrieb, auf Bestellung (beispielsweise als „Liebesgabe" ad personam) oder als handwerk­liche Handelsware für den Markt hergestellt w T urde. Dieser Beitrag beschäftigt sich mit einem Hand­werkerprodukt, mit dem Warenangebot eines Kamm­Machers; es wird dabei das Problem aufgeworfen, ob diese verzierten Haarknoten-Kämme zur Kiskun­Volkskunst gezählt werden müssen, oder ob sie ein­fach als Produkt der Handwerkskunst eines Kamm­Machers aus Kiskunfélegyháza zu betrachten sind. Es soll vorausgeschickt werden, daß wir die Antwort nicht als eine kategorische geben, sondern als eine von vielleicht mehreren möglichen vorstellen wol­len. Während seiner Museumszeit litt Gyula Szalay ebenfalls an dem für Museumsleute beinahe obligaten chronischen Geldmangel. Er mußte daher trachten, seine Sammelobjekte möglichst geschenkt, oder zu­mindest für wenig Geld bekommen zu können. Bei den Bauern und den Bürgern gelang ihm das auch durchwegs, denn diese gaben die für sie unbiauch­bar und daher wertlos gewordenen Dinge leichten Herzens ab. Von einem kleinen 1 landwerker, der in geringen Mengen für den Wochenmarkt produzierte und sein Arbeitsprodukt auch voll absetzen mußte, um überhaupt nur leben zu können, von einem klei­nen Kamm-Macher aus Kiskunfélegyháza konnte man jedoch schwerlich erwarten, daß er dem Museum ein ganzes Sortiment Kämme schenken könne. Szalay fand einen Ausweg. Er nahm die Muster der Zier­kämme ab und ließ sich von dem Meister Ferenc Váradi die Kammerzeugung, die Werkzeuge, den Werkstoff genau beschreiben. Nach dem Tod Váradis kaufte Szalay dessen Werkstatt und sorgte so dafür, daß der Nachwelt ein handwerkliches Produkt und sein Herstellungsbetrieb in einer bestimmten Zeit als organische Einheit erhalten blieb. In den Jahren 1948 — 1951 hatte ich Gelegenheit, längere Zeit mit dem Kiskun-Múzeum verbunden zu sein. Diesen Umstand nützend, ordnete ich den bislang ungeordneten Stoff systematisch und führte ergänzende Befragungen durch. Eine Zusammen­fassung unter dem Titel „Deutsche Einflüsse auf das 200

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