H. Tóth Elvira - Horváth Attila: Kunbábony (Kecskemét, 1992)
IV. Die Insignien der fürstlichen Würde: Das Zubehör des khaganischen Gürtels Kat. 1–18
Nagyhegy.603 Die Messer in einer Lederscheide mit Silberblechstreifen finden sich aber nicht nur unter den Beigaben der Gräber mit Männern von Rang, bei den reichen germanischen Edelfrauen waren diese verzierten Messer an den vom Gürtel oder den Fibeln herabhängenden Bändern befestigt.604 Unseren heimischen germanischen Grabfunden stehen allerdings die silberbeschlagenen Messer der Frauen-Gräber von Castel Trosino näher.605 Einen wiederum anderen Typ vertreten das einst mit Silberblechen verzierte beinerne Messerfutteral aus dem Grab 60 von Nagy- harsány,606 sowie das Messer mit langem Elfenbeinheft, kurzer Klinge und mit seinem silbernen, riemenzungenartigen, von geripptem Goldband gesäumten Heft- und Ortbandbeschlag aus Grab 29 des Gräberfeldes Kunpeszér.607 Letzteres veranschaulicht auf jeden Fall, daß in den ranghöheren awarischen Frauengräbern neben Toilettengeräten auch mit dem Tragen verzierter Messer gerechnet werden kann. Ein gutes Beispiel dafür ist auch das goldbesetzte Messerpaar des Frauengrabes von Cibakháza.608 Unter den Parallelen unserer Messerbeschläge mit ihren kunstvoll ausgearbeiteten Heftabschlüssen und Scheidenortbändern ragt das goldbeschlagene Exemplar des Grabes 119 des Gräberfeldes Castel Trosino heraus.609 In gewisser Weise als dessen Vorläufer sind die beiden aus dem Schatz- oder Grabfund von Domagnano (San Marino) stammenden Dolche mit einem Ortband in Filigranarbeit zu betrachten.610 Die Filigranverzierung läßt sich auch auf 603. CSALLÁNY: 1961, 51, Taf. XXX. 16. Das Ortband ist beidseitig offen, zwischen seine Enden hatte man aus Silberblech eine zungenförmige Einlage gearbeitet. Die Dolchscheide hielten zwei aus geripptem Silberband gefertigte, vernietete Bänder am Gürtel. Mit einem ebensolchen gerippten Silberband und der darauf angelöteten bügelförmigen Drahtöse war das Messer aus Grab 26 des langobardischen Gräberfeldes von Vörs befestigt. SÁGI: 1964, Taf. XXXVI. 3. 604. BÓNA: 1974, 37, Abb. 8. Ein solches ist beispielsweise das Frauengrab 84 des Gräberfeldes Szentes-Nagyhegy (Csallány: 1961, Taf. XXXIX. 8, XLI. 3.), in dem sich neben zahlreichen anderen Gegenständen auch ein aus Silber gefertigtes, oben gerade abschließendes Ortband befand. Zwischen die beiden Balken des „U , die an ihren oberen Enden nach innen breiter werden, war auf der Vorderseite Silberblech angebracht, seine Rückseite war offen. Diesem steht das Silberortband des Frauengrabes 2 vom langobardischen Gräberfeld Kápolnás- nyék nahe (BÓNA: 1971 b, 264, Abb. 13.). Das Messer und sein Futteral befestigte ein gerippter Bandring am Gürtel. Ein kleineres Messerpaar mit Goldbeschlägen kennen wir fernen aus dem Frauengrab des Kölner Doms (DOPPELFELD: 1960, Taf. 18), das Ortband des einen Exemplars erinnert mit seiner gestreckt durchbrochenen Goldblecheinlage, mit der Vernietung des oberen gerippten Bandes an unsere o.a. Messer. 605. MENGARELLI: 1902, 300, Abb. 200; 202, Abb. 43; 258, Abb. 120. Griffende und Ortband aus Grab 124 waren in gleicher Weise mit gerade endenden, offenen Silberbändern verziert, die Ortbänder aus Grab „H” und 87 aber ähnlicher Form. Auf letzterem jedoch werden die Bänder, die aus dem gerippten den ähnlichen Silberbeschlägen aus den Gräbern von Männern höchsten Ranges des Gräberfeldes Castel Trosino finden.611 Zu den Parallelen dieser Meisterwerke der Gold- und Silberbeschläge - die aus Castel Trosino, Nocera Umbra, Chiusi stammen612 — gehören auch die mit doppelt gehaltener, größerer „P"- Öseund kleinerem halbkreisförmigen Aufhänger versehenen Exemplare. Eigenartigerweise finden wir unter den östlichen Parallelen unserer Funde nur die Aufhängung dieser fürstlichen Stücke, und das wiederum nur im Fund von Maloje Perescepino. Eine derartige Funktion könnten die sich spiralartig entfaltende, rankenendige größere „P"-Halterungsöse und der kleinere, doppelt gelappte goldene Aufhängerbeschlag gehabt haben,613 die am oberen Rand der Tabelle der ersten Fundpublikation vorgestellt wurden. Eine ähnliche Ausstattungsweise kommt - ausnahmsweise — auch im einheimischen Fundmaterial vor, wie z. B. am Dolch des Grabes 8 von Kunpeszér.614 Seine „P"-halbkreisförmige kleinere Halterungsöse war aus glattem Silberblech, das Scheidenband aus geripptem Band gefertigt, Ortband-und Heftbeschlag besaß er nicht. Bei Vergleich der Parallelen unserer Messer und deren Ausstattung wirft sich die Frage auf, wie man diese wohl getragen haben könnte, da uns weder ihre Scheidenbänder noch sonstige, zur Halterung dienende Stücke erhalten blieben. Vielleicht läßt es sich mit der hohen Qualität der Halterungsösen erklären, daß diese in den Händen der Finder zum Großteil Band der Scheide gefertigt sind, und das Leder durch ein längliches Silberband zusammengehalten, an seinem oberen Ende diente ein Silberdrahtöse zur Aufhängung. Eine ähnliche Lösung finden wir an der Messerscheide aus dem reichen Frauengrab des Gräberfeldes Zamárdi, die zusammen mit Toilettengeräten zum Vorschein kam.Awaren in Europa. 1986, 45; östliche Parallelen s. GENNINC-GOLDINA: 1973, Taf. 8, 12, 14-17. 606. PAPP: 1963 (1964), 132, Abb. 27; Taf. XI. 7. 607. H. TÓTH: 1987. 608. LÁSZLÓ: 1955, 241-242, Abb. 68., Taf. LIV. 5, 7-9; LV. 14-15. 609. MENGARELLI: 1902, 290, Taf. XII. 5. 610. HAMPEL: 1897, Taf. CCIV. 10-11. MENCHIN: 1987, 424, 427, Taf. X. 2. 611. MENGARELLI: 1902, 260, Abb. 125; 288. Abb. 177. 612. PARIBENI: 1918, 179, Abb. 25, 280, Abb. 141. ÄBERC: 1923, 102, Abb. 161. HORVÁTH: 1935, 99, Abb 25. 613. BOBRINSKI: 1914, Taf. XII. WERNER: 1984, Taf. 12. Mit richtiger Anbringung publiziert diese Beschläge auch Ambros und hält sie für das Zubehör eines Gegenstandes, den er zusammen mit den Schwerthalterungen behandelt. Seine Argumentation für eine fernöstliche Abstammung dieser Stücke allerdings sowie hinsichtlich dessen, daß die Waffen von Maloje-Perescepino im Grunde nicht Träger awarischer Traditionen sind, ist weniger überzeugend. AMBROS: 1986 b, Abb. 5-6. 614. H. TÓTH: 1987. (Manuskript) 169