Linzbauer, Franciscus Xav.: Codex Sanitario-Medicinalis Hungariae 1 (Budae, 1852-1856)

Mantissa

Man hat die Frey- und Sicherheit (Asylum) und die Ruhestätte des Gra­bes verletzt; man hat den guten Namen der Abgestorbenen und ihrer Familien geschändet, welche ein gleiches Schicksal zu gewarten hätten ; wenn solche Missbrauche nicht abgeschafft würden. Man hat die todten Leiber unschuldi­ger Kinder, deren Seelen die ewige Glückseligkeit gemessen, dem Henker übergeben. Man hat die Söhne gezwungen (entsetzliche SacheJ die Leiber ih­rer Mutter dem Henker vorzuschleppen. Sogar die Kreuze selbst (ein Zeichen, eine Erinnerung unserer Erlösung, die bey der Kirche so verehrungswürdig ist) die Kreuze, sage ich, sind auch verurtheilet worden. Man hat sie schändlich und nur dessicegen verbrennet, weil sie auf den Gräbern dieser unglückse­ligen Schlachtopfer der Ignoranz und des Aberglaubens gestanden sind. Welche schreyende Ungerechtigkeit in der Verurtheiluny derjenigen Men­schen , welche ein untadelhaftes Leben geführet, und nur das Unglück gehabt haben, dass man sie auf einem Freudhof erst eingegraben, nachdem schon vorher eine angegebene Hexe allda zu Grabe gebracht worden! man erkläret sie für Hexen und Zauberer. Man übergiebt sie dem Schinder, damit er ihre Leiber verbrenne. Man setzt sogar in das Urtheil, dass man sie weit schär­fer würde gezüchtiget haben, wenn sie noch lebendig wären. Man verbrenne aber ihre Leiber mit Spott und Schande, damit dieses ihren Mitgehülfen zum Beispiele diene 9­Wo sind die Gesetze, welche einen solchen Ausspruch rechtfertigen ? Man bekennet, es seyen keine Gesetze vorhanden, hingegen zieht man zur Rechtfertigung ganz kalisinnig an: es sey also der Gebrauch2J. Was für eine Menge von Unglücks fällen erfolgen darauf ? Viel arme Kranke, und JVeiber, die sich zum Gebühren schon bereit fanden , nehmen die Flucht, und finden ihren Tod auf der Strasse. Sie sind doch noch getrö­stet , dass sie zum wenigsten nach ihrem Tode dergleichen Schande nicht aus­zustehen hätten. Die Einwohner, von einer beständigen Furcht durchdrungen, sind be­reit , Hauss und Hof um ein anderes Ort zu verlassen. Mit einem Wort, alles ist in der Verwirrung. Dass das gemeine Volk, welches oft sehr wenig unterrichtet ist, in Aus­schweifungen verfalle, das bewegt mich zum Mitleiden , und nimmt mich nicht ') Acht und zwanzig Körper waren es, die in Zeit von 18 Monaten in dem nemlichen Freudhofe, wo die vermeinte Hexe ist begraben worden, ihre Ruhestatt hatten. Alle wurden ausgegraben. Neun davon bekamen Gnade , die andere aber , nachdem sie durch ein Loch der Mauer des Freudhofes hinausgeschleppet worden, wurden dem Henker übergeben. Dieser brachte sie auf Schlitten in einem eine Stund vom Dorfe entlegenen Wald, wo er, um sie zu verbrennen, 200 Schult Holz verbrauchte. Die Schlitten, der Werkzeug, alles was zu dieser Verrichtung gedienet hat, musste verbrennet werden. 5) Unterschiedliche wunderbarliche Geschichten von Erscheinungen und Schäden, wel­che (wie man aussprengle) die Vampyren in Mähren sollten verursachet haben , gaben dem Herrn Carl Ferdinand von Scherz Anlass ein Buch zu schrei­ben mit dem Titel: Magia Posthuma; welches der Verfasser dem Fürsten Carl Bischoffen von Olmütz zugeeignet hat, und im Jahre 1706 gedrucket wurde. Ei erzählet darinne besondere Schäden, die die Einwohner von einem gewissen Doife, (es scheinet, es sey das nemliche , in welchem der obbesagte neue und seltsame Process ist angeslellet worden) glaubten, dass sie ihnen von einem andet n Weibe, welches dortmals gestorben, und eben auch mit den Heiligen Sacramenten der Kir­che versehen worden ist, seyen verursachet worden. Schlüsslich wirft der Verfas­ser eine rechtliche Frage auf: gesetzt, dass diese Schäden (wie man gewiss dafüi hielt) von besagtem Weibe herkämen, ob es erlaubt sey, es auszugraben, und an­dere dergleichen verdächtige Körper zu verbrennen.

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