Linzbauer, Franciscus Xav.: Codex Sanitario-Medicinalis Hungariae 1 (Budae, 1852-1856)
Mantissa
693 zu entweichen , in den Porto eingelassen zu werden verlanget, wird ihm solches um so leichter verstattet, als widrigen Falls bey dringender Noth, heimliche oder gewaltsame Ausladungen, und die traurigste Folgen davon zu besorgen sind. Und muss vielmehr der Gesundheits-Magistrat in dergleichen Fällen, sowohl dem Schiff, als der darauf befindlichen Equipage schleunige Hülfe, jedoch mit behöriger Vorsichtigkeit, leisten lassen. Dem zu Folg werden die henöthigte Lebensmittel und Erfrischungen, entweder an einem abgesonderten Ort, wo weder Menschen noch giftfangende Sachen sind, gebracht, und daselbst von dem Schiffsvolk abgeholet; oder auch denen Hülfesuchenden, von einem reinen Ort, und in behöriger Entfernung, in ihr Batello oder Cha- louppe geworffen. Man kan auch besagte Lebensmittel und Bedürfnissen, auf einen blosen Fahrzeug, worinn weder Leute, noch Seegel, Stricke oder ander giftfangende Sachen sind, transportiren lassen. Jedoch muss ein dergleichen Fahrzeug, [hernach zweymal ins Meer getaucht werden, und wenigstens drey Tage lang mit Wasser angefüllt bleiben, um solches auch von denen klei- nesten ansteckenden Theilen, so etwa darinn geblieben seyn möchten, zu reinigen. Übrigens darf sich das Schiff, so lang der Sturm währet, oder zu befürchten ist, mittelst von Stroh geflochtener, oder wohl mit Pech überschmierten Stricken am Ufer anbinden. Bey dergleichen, und allen andern in diesem Capitel angeordneten Anstalten, werden die Gesundheits-Vorsichten, und daher auch die anstellende Guardiani verdoppelt, welche, für einen, nach denen Zufällen und Umständen, ihnen auszuwerfenden Lohn, unter Aufsicht eines von dem Sanitäts-Magistrat dazu ernennenden Beamten, oder andern Person, bey Tag und bey Nacht die Wacht verrichten müssen. Ist das Schiff nicht mehr brauchbar, und begehrt der Capitain nebst der Equipage ein inländisches Schiff, muss ihnen der Magistrat (nach zuförderst geschlossenen Handel, und unter, im vorhergehenden Capitel angeordneten Vorsichtigkeiten, empfangenen Werth) ein dergleichen Schiff verschaffen, damit dadurch sowohl Volk als Waaren gerettet werden. Will oder kan aber der Capitain kein anderes Schiff haben, sondern bittet, wegen augenscheinlicher Schiff-Bruchs-Gefahr, an das Land kommen zu dürfen: Wird in solchem Fall der äussersten Noth ihm und denen andern Personen das Anländen an einem ganz abgesonderten Ort verstatteu , jedoeh ein doppelter Cordon herum gezogen , und solcher auf allen Fall verdoppelt. Vermittelst desselben werden die an das Land gestiegene Personen, von einheimischen Leuten, so lang als der Sanitäts-Magistrat es für nöthig findet, Tag und Nacht bewahrt. Und ehe man sie hernach in das Lazareth aufnimmt, müssen sie zuförderst ihre alte Kleidung aus und neue anziehen , da alsdann jene verbrannt wird, wann sie von einem angesteckten Ort hergekommen sind, oder mil einem angesteckten Schiff Gemeinschaft gehabt haben. Wäre das Schiffvolk, gänzlich ausser Stand, die Kosten der Rettung und des Unterhalts zu zahlen, muss die Sanitäts-Cassa solche herschiessen; wo alsdann wegen der Ersetzung die Inlendenza den Anspruch thun, und das Behörige veranstalten wird. Begehrt ein dergleichen Schiff, Schutz und Zuflucht gegen einen Seeräuber, in welchem Fall es keine blose Sanitäts-Angelegenheit mehr ist, sondern die Sache das Governo zu gleicher Zeit angehet, muss sich der Sanitäts-Magistrat, wegen Zulassung oder Abweisung des Schiffs, nach denen Befehlen der lntendenza richten, jedoch bey deren Erfüllung, die nöthi- ge Gesundheits-Obsichlen jederzeit vor Augen haben. Da es auch bisweilen geschiehet, dass ein verdächtig oder angestecktes