Grosse, Johannes dr.: Ignaz Philipp Semmelweis, der Entdecker der Ursache des Kindbett-Fiebers (Leipzig-Wien, 1898)

Zweiter theil. Die Wirksamkeit von Semmelweis in Pest

28 Verhältnisse auf der geburtshilflichen Universitätsklinik, deren Direction Semmelweis übernommen hatte, waren die Resultate aut dieser Klinik schlechter als im St. Rochushospitale. Die strenge Durchführung seiner Maassnahmen wurde durch die misslichen Verhältnisse innerhalb der Klinik unmöglich ge­macht. Semmelweis beschaffte, zunächst auf eigene Kosten, später erst auf Staatskosten, die erforderliche Wäsche, während er anderseits grosse Mühe hatte, deren wirkliche Reinigung durch­zusetzen. Nachdem Semmelweis bereits im Jahre 1856 begonnen hatte, in der königlichen Gesellschaft der Aerzte zu Pest Vor­träge zu halten, veröffentlichte er im Jahre 1857 ein ausführliches Excerpt aus einem dieser Vorträge in der Wiener medicinischen Wochenschrift, sowie auch in der Prager Vierteljahrsschrift. Es betraf diese Publikation einen seltenen Fall von sack­artiger Ausbuchtung des schwangeren Gebärmutterhalses.24) Nachdem jedoch die Pester Gesellschaft der Aerzte im Juni 1857 ein eigenes Organ gegründet hatte, welches den Titel: „Orvosi hétilap“ (Aerztliches Wochenblatt) erhielt und von Ludwig Markusovszky redigiert wurde, erschienen die Arbeiten von Semmelweis in dieser ungarischen Zeitschrift. Da nur wenige nicht ungarische Aerzte die Kenntnis der ungarischen Sprache besitzen, wäre es ein grosses Verdienst, wenn die in ungarischer Sprache geschriebenen Arbeiten von Semmelweis aus dem Ungarischen in andere Sprachen über­setzt würden. Semmelweis, der auch an der Begründung der ungarischen medicinischen Bücherverlagsgesellschaft sich be­theiligte, lebte sich in Pest so sehr ein, dass er eine Berufung nach Zürich ohne Bedenken ablehnte. Am 23. Februar 1858 erklärte sich leider die Pariser Akademie der Medicin nochmals gegen ihn. 1859 erhielt er für seine Klinik ein neues Local, welches etwas besser war, aber noch keineswegs seinen Anforderungen entsprach.25) 24) Vergl. von Wurzbach, biographisches Lexicon des Kaiserthums Oesterreich, enthaltend die Lebensskizzen denkwürdiger Personen, welche in den österreichischen Kronländern geboren wmrden, 34. Theil, p. 88. 2d) Vergl. von Kézmárszky: Klinische Mittheilungen aus der ersten ge­burtshilflich-gynäkologischen Universitätsklinik in Budapest, Stuttgart 1884.

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