Bókay, J. von dr.: Die Lehre von der Intubation
I. Teil. Die O'Dwyersche Intubation und deren Ausübung bei der diphterischen Larynx-Stenose
dem Eingang des Crouppavillons der Findelanstalt angebracht werden können, sagt O’ Dwyer in einer Ansprache, die er gelegentlich der Montrealer Jahresversammlung der amerikanischen Ärzte im Jahre 1896 hielt. Das Ganze, was zugunsten der Operation herangezogen werden konnte, bestand darin, daß der Leidenden leichtere Erlösung erreicht wurde. Infolge der ständigen Mißerfolge kam schließlich die Operation in so schlechten Ruf, daß man von ihrer Anwendung überhaupt absehen mußte. 0’Dwyers erste Versuche bestanden in der Einführung eines Katheters durch den Mund oder die Nase. Abgesehen von der Schwierigkeit der Einführung und der großen Erregung sah er jedoch, daß die Reinhaltung so großer Röhren ein Ding der Unmöglichkeit sei, weshalb er weitere Versuche in dieser Richtung als nicht zweckdienlich unterließ. Das Herumprobieren damit hatte jedoch den Erfolg, daß er zur Einsicht gelangte, daß das Rohr zum Durchtritt von Luft und Sekret kürzer zu bereiten sei, daß er demnach ein solches Röhrchen konstruieren muß, welches auch mit dem proximalen Ende bloß im Kehlkopf liegen dürfe, um auf diese Weise zu ermöglichen, daß sich der Kehlkopfdeckel beim Schlucken darüber schließt. Wie müßte ein solches Rohr geformt sein, das trotz der ex- pulsiven Wirkung der Hustenstöße im Kehlkopf bliebe und gleichzeitig die entzündeten und geschwollenen Gewebe durch großen Druck nicht gefährdete? Die Trachealkanüle wird mittels einer genau um den Hals geführten Binde fixiert, — welche Vorrichtung müßte eingeschaltet werden, um die Rolle dieser Binde am geeignetsten zu vertreten? Diese waren die ersten Fragen, auf die im weiteren Verlaufe der Versuche Antwort gefunden werden mußte. Nach vielem Überlegen fand er keine andere Lösung, als die Konstruktion einer Metalltube mit doppelten Blättern, die während der Einführung geschlossen waren, aber sich durch Federdruck öffneten, sobald dieselben vom einführenden Instrumente abgelöst wurden. Die erste Schwierigkeit, die sich bei einer derartigen Konstruktion der Tuben ergab, bestand in der Auswahl der richtigen Kraft der Feder. War sie zu schwach, so entfernten sich die frei gewordenen Blätter nicht genügend voneinander, und es trat Apnoe ein, war sie hingegen zu stark, so bildeten sich um die distalen Enden der Blätter zufolge des andauernden Druckes Geschwüre. Doch die ansehnlichste Schwierigkeit, die sich in der Folge als unüberwindlich zeigte, ergab sich bei dem Bestreben, den freien Spalt zwischen den Blättern zu beseitigen, wenn der Tubus ,,in situ“ war. In diese Spalten drang nämlich die geschwollene Schleimhaut allmählich ein und hob den anfangs zur Verfügung stehenden genügenden Atmungsraum auf. Die Tuben saßen stets fest und brachten bei Atemnot gewöhnlich rasche Erleichterung, Besserung; die sekundäre Tracheotomie konnte jedoch niemals, zumindest in den nur einige Aussicht bietenden Fällen nicht, umgangen werden, zufolge der alsbald auf getretenen Dekubitalgeschwüre. Mit Tuben dieser Form behandelt, heilte endlich doch ein Fall, nachdem das Kind die nach der sekundären Tracheotomie eingeführte Kanüle volle sechs Monate hindurch getragen hatte. Der Kehlkopf mußte zweimal eröffnet werden, bevor die Kanüle endgültig entfernt werden konnte, der kleine Patient hatte jedoch die Stimme für immer verloren. Dies geschah im November 1882, und das war der erste operierte Croupkranke, 6 Die O'Dwyersche Intubation und deren Ausübung bei der diphtherischen Larynx-Stenose.