Inventare Teil 9. Inventar des Verkehrsarchivs in Wien (1959)
Die Bestände des Verkehrsarchivs: - A. Selekte und Gesamtregistraturen von Hofstellen und Ministerien
14 Auflösung dieser Behörde im Jahre 1848 beschränkte sich ihr Aufgabenkreis nur mehr auf Fragen der „Eisenbahnpolizei“ und auf die Kontrolle der Verpflichtungen bestehender Bahnen gegen Privatpersonen und gegen die Staatsverwaltung sowie auf die Konzessionserteilung an private Bahnen, die nicht in der Richtung der Staatsbahnen lagen. Letzterer Punkt hatte nur mehr eine theoretische Bedeutung, da solche Konzessionserteilungen praktisch nicht mehr erfolgten und überdies 1845 gänzlich sistiert wurden. Die Bestände, die bis zur Mitte der ersten Staatsbahnperiode in Österreich reichen, enthalten über die Gründung der Eisenbahnunternehmungen genügend Material, geben jedoch über bauliche Herstellungen und über den Betrieb verhältnismäßig wenig Hinweise, da die Aufsicht in diesen Angelegenheiten praktisch von den Landesstellen und besonders von den Kreisämtern ausgeübt wurde. (Leider sind zum Beispiel vom Kreisamt Korneuburg, das ja für die niederösterreichische Teilstrecke der Nordbahn zuständig war, wegen fast totaler Skartierung kaum noch Geschäftsstücke im Niederösterreichischen Landesarchiv vorhanden.) Nur die Erteilung der Betriebskonsense behielt sich diese zentrale Verwaltungsstelle seit August 1841 vor. Fast gleichzeitig fand eine organisatorische Änderung in der Behandlung von Eisenbahnangelegenheiten statt, insofern als diese von der allgemein üblichen Form der Gremialberatung ausgenommen und nur einem kleinen Komitee, bestehend aus dem Obersten Kanzler und vier Hofräten, zur Beratung überwiesen wurden. Grundlegend waren jedoch die Leistungen der Vereinigten Hofkanzlei auf dem Gebiete der Entwicklung des Eisenbahnrechtes. Die bereits 1839 begonnenen Vorarbeiten zu einer allgemeinen Eisenbahnpolizei-Ordnung, später als Eisenbahnbetriebsordnung bezeichnet, führten am 30. I. 1847 zur kaiserlichen Approbation eines provisorischen Entwurfes. Von den vielen anderen Verordnungen oder Vorschriften, die noch von dieser Behörde in Dekretform für den Bau und den Betrieb von Eisenbahnen ausgearbeitet wurden, seien erwähnt: feuersichere Herstellungen (1841 — 1843), Lokomotivführerprüfung (1846), Zufahrtsstraßen und Bahnhofsvorplätze (1846) und Einführung eines eigenen Eisenbahnsanitätswesens (1847). Auch die Entwicklung im Ausland wurde besonders beachtet. Als besonderer Eisenbahnreferent fungierte in der ersten entscheidenden Zeit Wilhelm Freiherrvon Droßdik. Bei Auflösung der Hofkanzlei am 15. V. 1848 waren in Österreich (spätere österreichische Reichshälfte) insgesamt 570 km Eisenbahnlinien von privaten Bahngesellschaften auf Grund erteilter Privilegien und Konzessionen hergestellt. (Zum Vergleich in Lombardo— Venetien 112 km und in ganz Ungarn nur 164 km). Der vom Ministerium für Inneres bei der Errichtung des Eisenbahnarchivs übernommene Bestand ist bereits ursprünglich als Selekt (4. Registratur— Departement) geführt worden; leider fiel jedoch im Jahre 1879 eine große Anzahl von Projekten und Vorschlägen aus der Zeit der Anfänge des heimischen Eisenbahnwesens einer Skartierung zum Opfer. Verzeichnisse in Karteiform über die im Allgemeinen Verwaltungsarchiv vorhandenen Akten der Ver-