Inventare Teil 9. Inventar des Verkehrsarchivs in Wien (1959)
Das Wiener Verkehrsarchiv
5 Mit dem Dienstantritt des dritten Archivdirektors, Dr. jur. Max Freiherr von Wimpffen, der mit Leih und Seele ein richtiger Archivar war, (Ingenhaeff wurde 1901 zum Staatsbahndirektorstellvertreter in Linz ernannt, sein Nachfolger, Reg. Rat Dr. jur. Julius Schlag, erhielt bei seiner Pensionierung den Hofratstitel) begann erst so richtig die geschichtswissenschaftliche Auswertung der Altbestände des Eisenbahnwesens mit seinen vielfältigen Beziehungen zur Innen-, Außen- und Wirtschaftspolitik des Staates. Als Frucht seiner Studien erschien 1913 der ausführliche „Bericht des österreichischen Eisenhahnarchivs für das Jahr 1912“, der einerseits als Teilinventar, andererseits als exakte, quellenmäßig erarbeitete Übersicht über die älteste österreichische Eisenbahngeschichte bezeichnet werden kann. Durch diese Veröffentlichung (der gleichfalls gedruckte Bericht über das Jahr 1911 hält sich nur im Rahmen eines üblichen Jahresrapports) ist das Eisenbahnarchiv erst richtig der Fachwelt hekanntgeworden. Wimpffen verfaßte auch verschiedene kleinere wissenschaftliche Studien, die infolge des Kriegsausbruches nicht mehr zur Veröffentlichung gelangten. Außerdem stellte er den Antrag, das Archiv mit der Bibliothek und mit dem Museum in eine engere organisatorische Bindung zu bringen, und verfaßte die erste Archivordnung; beide Schriftstücke wurden jedoch von den Vorgesetzten Dienststellen ad acta gelegt. In Einzelfällen wurde das Eisenbahnarchiv damals von archivfremden Personen bereits zu wissenschaftlichen Zwecken benützt, so von Prof. Birk für seine grundlegende Negrellibiographie. Während des 1. Weltkrieges ruhten alle Ordnungs- und Erschließungsarbeiten fast völlig, da Wimpffen als Reserveoffizier bald seine Einberufung erhielt (gest. an Kriegsverletzungen am 14. 5. 1917) und da die laufenden Arbeiten von dem schließlich zum Oherinpektor beförderten Simon Pechmann allein erledigt wurden, der im Archiv seit der Gründung tätig gewesen war und sich zweifellos große Verdienste erworben hatte. B. Die Ausgestaltung zum Verkehrsarchiv in den Jahren 1918—1938. Beim Zusammenbruch der Monarchie war das Eisenbahnarchiv praktisch fast verwaist; Pechmann schwer erkrankt (gestorben als Pensionist bereits im März 1919), eine nur für kurze Zeit tätig gewesene Kanzleikraft optierte für die Tschechoslowakei. Eine der ersten personellen Verfügungen des neuen Staatsamtes für Verkehrswesen war es, den Ministerialsekr. Viktor Zborowski zum neuen Archivdirektor zu ernennen. Für die Bewältigung der reichlich anfallenden Arbeiten (Übernahme neuer Bestände, insbesondere des Planarchivs der aufgelösten Generalinspektion, Ausgestaltung zum Verkehrsarchiv und Liquidierung an die Nachfolgestaaten) mußte zunächst der Personalstand aufgefüllt werden; die Tradition war nur mehr durch einen Amtsgehilfen gegeben. 1921 war der Höchststand in der personellen Besetzung erreicht, welcher in den folgenden Jahren wegen der allgemeinen Sparmaßnahmen nicht mehr gehalten werden konnte: außer dem juristisch vorgebildeten Vorstand zwei weitere Akademiker (Dr. phil. Karl Feiler, von 1924—1952 Vorstand des Verkehrsarchivs, und Dr. phil. Josef Schigon, der bereits 1923 starb),