Inventare Teil 7. Inventar des Wiener Hofkammerarchivs (1951)

Das Wiener Hofkammerarchiv

XVI Das Wiener Hofkammerarchiv zwischen Schauflergasse und Minoritenplatz, blieb nun Heimstatt der „alten Hofkammerregistratur“ oder, welcher Name seit der Mitte des 18. Jahr­hunderts aufkommt, des „Hofkammerarchivs“, bis die theresianischen Ver­waltungsreformen mit der Zuteilung des Camerale germanicum zum Directorium in publicis et cameralibus auch einen Wechsel des Standortes des Archivs der (jetzt auf ihre ungarischen Zuständigkeiten und das Reichscamerale zurück­gedrängten) Hofkammer bedingten. Ob um diese Zeit, so im späten 16. Jahrhundert, die alte Hofkammer- registratur bereits in einer engeren Verbindung mit der Registratur der n. ö. Kammer gestanden hat, ist nicht auszumachen. Die in der Literatur des 19. Jahrhunderts auftauchende Behauptung, 1694 sei das Archiv der n. ö. Kammer mit dem Archiv der Hofkammer im Hofspitale vereinigt worden, ist jedenfalls unrichtig: die n. ö. Kammer wurde ja 1625 zum erstenmal (1635 endgültig) aufgehoben und für 1629 ist bereits in einer Anweisung über die Behandlung der Akten der „n. ö. Expedition“ die Hofkammerregistratur als Lagerstätte auch der n. ö. Kammerakten bezeichnet. Die Fürsorge dieser Zeit für ihre Archive, soweit man überhaupt von einer solchen sprechen kann, war gering. Daher denn auch etwa das alte Archiv der Herzoge von Österreich, das „Schatzgewölbe“, seit Wilhelm Putsch es 1527—47 verzeichnet hatte, längst wieder in Unordnung geraten war, und in der Hofkammerregistratur lagen die Dinge nicht besser. Um 1600 sollte wohl „Michl Stoll das kays. archiv registrieren und widerumben in Ordnung richten“, dabei kann es sich aber wohl nur um das „Schatzgewölbe“ handeln — denn von 1602 liegt ein fast bestürzender Bericht über den Zustand des Hof kammer­archivs vor. Im August dieses Jahres hat Wilderich Weining sein Amt als Gehilfe des Hofkammerregistrators angetreten und „nach installierung seines hieischen hoffcamer diensts bey dero registratur unnd inventur die schrifften unnd truehen daselbsten dermassen unordenlich unnd mit staub uberhaufft befunden, das, wo demselben nit zeitlich fursehung gescheche, die schrifften letztlich alle durcheinander vermengt, vom staub schadthafft unnd wol gentzlich verzert werden möchten“. Er verlangt und erhält, da ein von der n. ö. Kammer angeordneter „augenschein“ seine Meldung bestätigt, eine „ausseuberung und zuerichtung mehrer stellen“ zugestanden — Gesamtkosten etwa 7 bis 8 Gulden! Allein, es scheint fast, als wäre Weinings Eifer nicht allzu nachhaltig gewesen, denn 1614 rügt die Hofkammer, „ess khombe für, dass diejenige schrifften, so in ihr der hofcamer alten registratur verwarth und aufgehaltten werden, hin und wider zerstreuett und nith ordentlich eingethailter ligen sollen, also daß unterweillen mit dem auffsuechen viell zeitt umbsonst verzehrtt und gleichwoll offt die notturfft nit zur handt gebracht werden mag“. Wie Weining sich gerechtfertigt hat, wissen wir nicht, sicher ist nur, daß er das Vertrauen der Hofkammerräte keineswegs verloren hat, denn als er 1622 zum „hoffcamer registrator und taxator neben der inventur“ ernannt wird, bestätigen sie ihm ausdrücklich, er habe seinen Dienst „von vilién jahrn hero zue ihrer kays. Mt. nutzen und der hofcamer guetten satisfaction versehen“. Und 1638, als er wegen „eingerissner grosser teurung“ um eine „zuepuess“ zu seinem Gehalt ansucht, wird sein „vili mühe und arbaith in aufsuechung der concept und, was sonsten begeert wiert, ja in Ordnungsrichtung der registratur“ nachdrück­lich hervorgehoben. Und vielleicht hat Weining solches Lob sogar wirklich verdient, denn 1608 berichtet er neuerlich von dem großen Wirrwarr in der Registratur bei seiner Amtsübernahme: die Schriften seien gänzlich durch­einandergebracht gewesen, Bücher und „Puschen“ hätte man aus dem Staub

Next

/
Thumbnails
Contents