Inventare Teil 5. Band 7. Gesamtinventar des Wiener Haus-, Hof- und Staatsarchivs (1938)

Kleinere Archivkörper und Sammlungen, von Fritz von Reinöhl

364 Kleinere Archivkörper und Sammlungen. keiten verschiedener Gebäude begnügen mußte,1 war an die Einrichtung einer ständigen Archivalienausstellung nicht zu denken. Auch standen dem neben den Schwierigkeiten räumlicher Natur nicht minder schwer­wiegende Bedenken grundsätzlicher Art entgegen. Letztere konnten erst während der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts allmählich überwunden werden. Noch immer aber verhinderte die Ungunst der Räumlichkeiten die Einrichtung einer eigenen Ausstellung. Man mußte sich mit der fall­weisen Beschickung fremder Ausstellungen begnügen: der Ausstellung des heraldischen Vereines „Adler“ in Wien von 1878, der Maria Theresia-Aus­stellung in Wien von 1888, der Musik- und Theaterausstellung in Wien von 1892, der Milleniumsausstellung in Budapest von 1896, der Buch­ausstellung in Brünn von 1898 u. a. m. Erst die Errichtung eines eigenen Archivgebäudes in den Jahren 1900 bis 1902 (vgl. Bd. I S. 132* ff.) hat die Anlage einer ständigen Archiv­ausstellung ermöglicht, der der Minister des Äußern Agenor Graf Golu- chowski seine besondere Aufmerksamkeit und Fürsorge widmete. So konnte ihr Siegenfeld einen prunkvollen äußeren Rahmen geben und ihn, von allen Archivbeamten unterstützt, mit über 500 sorgfältig ausgewählten Ausstellungsstücken füllen. Im April 1904 besuchte Kaiser Franz Joseph Archiv und Ausstellung. Im Januar 1905 wurde diese nach Fertigstellung des von Siegenfeld verfaßten Katalogs (AB. 466) allgemein zugänglich gemacht. Wiewohl nur einmal in der Woche geöffnet, ist sie doch bis 1914 von rund 2500 Personen besucht worden. In den letzten Vorkriegsjahren ist das Ausstellungsmaterial, das bisher mit dem zweiten Pariser Frieden von 1815 abgeschlossen hatte, bis zum Jahre 1848 erstreckt worden. Wenige Monate nach dem Kriegsausbrüche mußte die Ausstellung ge­schlossen werden und blieb es durch volle zehn Jahre. Das Ende der alten Monarchie und die Auslieferungsverpflichtungen, welche die in der Nachkriegszeit abgeschlossenen Archivverträge (vgl. Bd. I S. 38* ff.) dem StA. auferlegten, lichteten auch die Ausstellung. So mußte die monumentale Karte des Gardasees aus der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts, die im Vorraume der Ausstellung in prunkvoller Um­rahmung angebracht war, an Italien ausgeliefert werden. An ihre Stelle trat als Leihegabe des Hofkammerarchivs eine Karte des Zillertals aus der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts.1 2 Diese Lücke hatte Siegenfeld unter Zuhilfenahme einiger Städtebilder aus Matthias Burgklehners „Tirolischem Adler“ noch selbst schließen können. Die übrigen verschwanden im Zuge der von Mayr 1923 in Angriff genommenen Neubearbeitung, wobei der Geschichte des 19. Jahrhunderts (bis 1894 einschließlich) fast die Hälfte der Ausstellung eingeräumt wurde. Nach Fertigstellung des von Mayr gearbeiteten Erklärenden Führers3 wurde die Ausstellung im Dezember 1924 von dem Bundespräsidenten und von Mitgliedern der Bundesregie­rung sowie des diplomatischen Korps feierlich eröffnet. Das Interesse 1 Bd. I S. 125*. 2 Ygl. A. Feuerstein in Mitteilungen der Geographischen Gesellschaft 55 und C. Inama- Sterneggs Angaben in der 2. Auflage des Erklärenden Führers. 3 AB. 466 a; eine zweite, nur wenig veränderte Auflage ist 1931 erschienen.

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