Inventare Teil 5. Band 7. Gesamtinventar des Wiener Haus-, Hof- und Staatsarchivs (1938)
Italien - Spanischer Rat, von Josef Karl Mayr
Vorträge der spanisch-italienischen Zentralbehörden — Lombardei. 67 nativa und des Magistrato politico-camerale; reali dispacci von 1535—1796; das archivio Panigarola; ferner Polizei-, Militär- und Justizakten bis 1796. Diesen letztgenannten Akten hat J. G. Obermayer — vgl. S. 64 — jene Verdachtsmomente entnommen, die auf eine knapp vor der Räumung der Stadt erfolgte Beraubung der Mailänder Bank, des Monte di Santa Teresa, hindeuteten. Wie Obermayers Tochter erzählt, wurde er am Tage vor seiner Audienz bei Kaiser Franz auf geheimnisvolle Weise vergiftet.1 Die Kupferplatten der topographisch-astronomischen Karte der Lombardei sind damals gleichfalls nach Wien gebracht worden. Auch unter seinen Privatpapieren hat Graf Wilczek, der letzte bevollmächtigte Minister in Mailand, beträchtliche Mengen Mailänder Akten — selbst aus der Epoche seines Vorgängers, des Grafen Firmian (gestorben 1782) — mit sich genommen.2 Andere Handschriften, Bücher, Bilder und Kunstgegenstände sind von den Franzosen nach Paris gebracht worden.3 Die aus Mailand stammenden militärischen Akten hat die Staatskanzlei im Jahre 1811 an den Hofkriegsrat abgegeben.4 Die Kriegsereignisse von 1799 und 1800 — die Auflösung der Cis- alpinischen Republik, die Errichtung eines österreichischen Landeskommissariates für die wiedergewonnene Lombardei unter Graf Ludwig Cocastelli und Napoleons siegreicher Vormarsch (2. Juni 1800 Einnahme Mailands) — haben die lombardischen Archivalien aufs neue in Mitleidenschaft gezogen. Als Cocastelli die Provinz räumen mußte, nahm er die wichtigsten seiner Amtspapiere an sich, die Polizeiakten und die Jagdverleihungen ließ er über Padua nach Venedig in Sicherheit bringen. Dorthin wurden auch die Mailänder Akten der Jahre 1796—1799 samt verschiedenen Papieren cis- alpinischer und französischer Minister gebracht. In den Jahren 1803—1806 sind die meisten dieser aus Mailand entfernten Archivalien auf Grund der Friedensschlüsse wieder ausgeliefert worden. Schon 1803 sind nicht näher bestimmbare lombardische Akten an Frankreich abgegeben worden, mit diesen auch die Kupferplatten der großen topographisch-astronomischen Karte der Lombardei. In viel größerem Umfange ist die Auslieferung zu Anfang 1804 in Angriff genommen worden. Sie umfaßte außer den besonders angeforderten auch solche Bestände, bei denen dies nicht der Fall war; offenbar wußte man in Mailand nur ungenügend hierüber Bescheid. Die Auslieferungsverhandlungen wurden in zahlreichen Sitzungen zwischen dem österreichischen Hofrat Leopold Giuliani und dem Bürger Giuseppe Tambroni als Delegierten der italienischen Republik von Juli bis Dezember 1804 geführt. Ende August erstattete Giuliani den zusammenfassenden Vortrag an den Kaiser und erhielt anfangs November die endgültigen Weisungen. Und zwar nicht nur über jene Bestände, die auszuliefern waren (darunter auch die Akten betreffend die Polesine), sondern auch über jene, die „nach und nach unbemerkt (aus dem Archive Zanettis) in das Staatsarchiv abzugeben waren: unter Hinweis (nämlich) auf die große Unordnung, in die diese Papiere seit mehr als acht Jahren geraten mußten“. Das mailändische Hofarchiv (die Mailand be2 Vgl. Bd. I S. 493, Bd. II S. 219, 220. 4 1811 Juli 18 Kriegsakten 489. 5* 1 W. Weckbecker, 1. c. S. 98 ff. und Anm. 55. 3 Verzeichnisse in Frankreich, Varia 88.