Inventare Teil 5. Band 7. Gesamtinventar des Wiener Haus-, Hof- und Staatsarchivs (1938)
Italien - Spanischer Rat, von Josef Karl Mayr
Allgemeiner Überblick. Unter den als Spanischer Rat zusammengefaßten, Italien betreffenden Verwaltungsbehörden, deren Aktenniederschlag hier behandelt wird, sind jene Wiener Zentralstellen des 18. und des beginnenden 19. Jahrhunderts zu verstehen, die nach dem Abschlüsse des spanischen Erbfolgekrieges zur Verwaltung der ehemals spanischen, nun österreichisch gewordenen Nebenländer Italiens eingerichtet worden sind: der Conse jo de Espana, der Con- siglio d’Italia (seit 1736), das Dipartimento d’Italia der Staatskanzlei (seit 1757) und die italienische Hofkanzlei (seit 1793). Als Anhang ist das Archiv des lombardo-venezianischen Generalgouvernements (seit 1815) verzeichnet, das nach dem Verluste dieser Provinzen ins StA. gebracht und nach dem Zusammenbruche der Monarchie an Italien ausgeliefert worden ist. Der Consejo de Espana war eine Fortsetzung jenes Ratskörpers, den sich der spätere Kaiser Karl VI. während des spanischen Erbfolgekrieges als König Karl III. von Spanien in Anknüpfung an den Consejo de Italia der spanischen Könige1 in Barcelona eingerichtet hatte. Als Karl in. nach dem frühen Tode seines Bruders Josef I. (1711) Spanien verlassen, die Regierung der österreichischen Erblande antreten und die deutsche Kaiserwürde auf sich nehmen mußte, hat er zugleich mit seinem Consejo auch dessen spanische Beamtenschaft mit nach Wien verpflanzt, die sich dort- selbst noch mehrere Jahrzehnte lang als ein Beamtentypus eigenartiger Prägung erhalten hat. Auch das Archiv der spanischen Zeit ist damals zum Teil nach Wien gebracht worden und nach wechselvollen, unten näher dargelegten Schicksalen schließlich im StA. als Unterabteilung der Abteilung Italien - Spanischer Rat verwahrt worden. 1923 ist es — insoweit es nicht schon aufgelöst und anderen Archivabteilungen einverleibt war — an Spanien abgegeben worden. Ausführlich hat H. Benedikt die eigenartige Stellung dieses Rates und seiner Räte geschildert.1 2 Eigenartig auch insofern, als diese Wiener Zentralstellen — der Spanische, später der Italienische Rat — bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts neben der inneren Verwaltung der vielfach wechselnden und schließlich bis auf das Herzogtum Mailand zusammenschrumpfenden österreichischen Anteile Italiens auch gewisse außenpolitische Agenden 3 versehen haben. Auch dies ein Überbleibsel aus der Zeit des Consejo 1 Vgl. über diesen Fr. Walser in Nachrichten der Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen, philol.-hist. Klasse, 1933, S. 135; vgl. ferner unten die Ausführungen Oskar Schmids im Kapitel IV der Abteilung Belgien über das Repertorium DD und derselbe, Marques Rialp und das spanische Staatssekretariat in Wien, in: Historische Blätter, 7. Heft, S. 52 ff. 2 Das Königreich Neapel unter Karl VI., S. 225 ff. 3 Vgl. L. Bittner und L. Groß unter Mitwirkung von W. Latzke, Repertorium der diplomatischen Vertreter aller Länder, herausgegeben vom Internationalen Ausschuß für Geschichtswissenschaften, erster Band, Oldenburg 1936, S. 723 (unter Spanische Nebenländer).