Inventare Teil 5. Band 7. Gesamtinventar des Wiener Haus-, Hof- und Staatsarchivs (1938)
Belgien, von Oskar Schmid
132 Belgien. in normalen Zeiten soviel wie zwei Kurfürsten, im Fall eines Krieges soviel wie drei Kurfürsten vorgeschrieben.1 In der Folge wurden daher die Reichstage von Abgeordneten der Niederlande beschickt und im Namen des Burgundischen Kreises weilte ein Vertreter beim Reichskammergericht in Speyer. Ursprünglich hatte einer der Sekretäre des Conseil d’État (oben S. 97 f.) die deutsche Korrespondenz zu besorgen; seit den Abmachungen von Augsburg scheint jedoch festgesetzt worden zu sein, daß ein eigener, nur dem Herrscher und dem Statthalter unterstellter und verantwortlicher Sekretär mit diesem Geschäft betraut wurde. Er unterfertigte im Namen der beiden gewöhnlich „ad mandatum Serenissimae Suae Celsitudinis proprium“ oder „ad mandatum Domini Regis Catholici proprium“. In vertrauten Schreiben fehlt natürlich diese oder eine ähnliche Formel mitsamt der Unterschrift des Sekretärs. Sein Titel war verschieden: „secretaire en langue allemande“ (1556, 1582, 1602); „secretaire allemand de S. M. le Roi d’Espagne“ (1587); „secretaire d’État pour les affaires d’Allemagne“ (1632, 1642, 1666); „secretaire d’État de S. M. (des Königs von Spanien) aux affaires d’Allemagne“ (1676).1 2 Dem deutschen Sekretariat oblag vor allem der schriftliche Verkehr zwischen dem Burgundischen Kreis und dem deutschen Reich, also dem Kaiser, den Fürsten, Städten und sonstigen Behörden des Reiches sowie auch mit den außerdeutschen Staaten, sofern sie Besitzungen innerhalb der Reichsgrenzen zu eigen nannten oder in sonstigen Beziehungen zum Reich standen. Das deutsche Sekretariat stellte also für die Niederlande eine zweite politische Behörde für die Angelegenheiten im Rahmen des deutschen Reiches dar, es besaß seine Vertreter beim Reich und in gewissen eben genannten Fällen auch bei auswärtigen Höfen. Mit diesen hatte der Sekretär eine diplomatische Korrespondenz zu führen, er ließ ihnen Weisungen und Instruktionen zukommen und empfing ihre Berichte. Da ein lebhafter wechselseitiger Handelsverkehr den wesentlichsten Teil der Beziehungen zwischen dem Burgundischen Kreis und dem übrigen Reich, insbesondere natürlich den benachbarten Gebieten darstellte, war der deutsche Sekretär auch in dieser Hinsicht eine maßgebende Persönlichkeit. Von Bedeutung waren auch die militärischen Beziehungen: die Verwendung deutscher Truppen in den Niederlanden und umgekehrt von niederländischen und spanischen Völkern in Deutschland, die Korrespondenz mit den Kommandanten dieser Kriegsvölker. Die Militär- und Handelsangelegenheiten fanden natürlich weitgehend ihren Ausdruck in der Kanzlei und im Archiv des deutschen Sekretariates. Der Sekretär, der den Titel eines königlichen Rates (Conseiller du Roi) führte, hatte zwei bis drei Hilfsbeamte, „Diener“ genannt. 1 Belgien, Rep. PA, Fasz. 73: „Confédération de l’Empereur avec les Pays-bas faite ä Augsbourg“ (26. Juni 1548) mit Ratifikationen der Provinzen und Städte von Flandern, Zeeland, Namur, Utrecht, Geldern etc. Das Aktenbündel stammt ursprünglich aus Rep. PA, Fasz. 13. 2 Vgl. Laloire, a. a. 0. S. 13. Laloire gibt nur französische Titel an.