Inventare Teil 5. Band 6. Gesamtinventar des Wiener Haus-, Hof- und Staatsarchivs (1938)

Die Klosterarchive von Walther Latzke

deren Zwecklosigkeit er erkennen mußte, weiterhin zu fördern. 1520 mußte Kaiser Karl Y. seinen Bruder geradezu ersuchen, dem Orden nichts zu nehmen.1 Das Schwinden der landesfürstlichen Gunst zeigt sich am besten im Zurücktreten der hochmeisterlichen Ansprüche auf das Bistum Wiener- Neustadt. Am 6. Nov. 1522 kam ein gütlicher Vergleich zwischen dem Hochmeister Hans Geumann und dem Bischof Dietrich zustande; der Hoch­meister überließ dem Bischof die Domkirche, die Herrschaften Lichten- wörth, Wartenstein und Grimmenstein, die Pfarre Pürgg und die Maut zu Lieserhofen; dafür übernahm der Bischof die Bekleidung und Verköstigung aller Personen des Bistums, der Pfarre und des Georgsordens zu Wiener- Neustadt und gelobte, in den Orden einzutreten.2 1523 verlieh der Hoch­meister auch den Spitalhof zu St. Martin in Wien dem Bischof.3 Dieser trat 1528 nun wirklich in den Orden ein. Aber nach seinem Tode begann der Zwist von neuem und führte 1533 zur endgültigen Trennung von Orden und Bistum und zum Rückzug des ersteren in die Burgkirche.4 Im inneröster­reichischen Besitz des Ordens vollzog sich unter der Regierung Geumanns noch eine bedeutsame Veränderung; am 1. Jan. 1529 inkorporierte Fer­dinand I. dem Orden gegen Abtretung eines Zehents an der Feistritz und Gail an Sigmund von Dietrichstein und der Lehenschaft der Pfarren Spittal und Molzbichl an Gabriel Salamanca von Ortenburg die Propstei Wörth und die Lehenschaft der Pfarre St. Lorenzenim Mürztal.5 6 Die Propstei St. Primus und Felician zu Maria-Wörth war vor 1151 als Gründung Bischof Ottos von Freising, des berühmten Ge­schichtsschreibers aus dem Hause der Babenberger, entstanden. Der erste Propst war der 1151 erwähnte Gotebold. Die Propsteikirche (heute alte Frauenkirche oder Winterkirche genannt) wurde am 2. Sept. 1155 von Bi­schof Roman I. von Gurk eingeweiht. Unter den späteren Pröpsten ist besonders Heinrich von Lach hervorgetreten, der in den Jahren 1273—1278 einer der eifrigsten Anhänger König Ottokars war. Trotzdem wußte er nach Ottokars Fall die Gunst König Rudolfs I. zu erwerben und von ihm 1278 ein ausführliches Schutzprivileg für die Propstei zu erwirken, in der das Ver­hältnis der Propstei zu ihrem Vogt Otto von Finkenstein festgelegt wurde.8 Die Propstei besaß Güter um den Wörthersee, bei Sternberg (Kestenberg, Winklern, Goriach, Poderbach), zu St. Andrä unter Landskron, bei Gurnitz, Almersdorf, in der Reifnitz, zu Murau usw. Die Pfarre St. Lorenzen im Mürztal war eine der bedeutend­sten landesfürstlichen Pfarren in Obersteiermark. Ihr Sprengel, ursprüng­lich die „Pfarre im Mürztal“ schlechthin genannt, umfaßte bis 1232 das ganze Mürztal mit seinen Seitentälern; erst in diesem Jahre wurde die Pfarre Spital am Semmering (samt Langenwang) davon abgetrennt und der Schwöbingbach als Grenze festgesetzt.7 Im 14. und 15. Jahrhundert hatte die Pfarre einen ausgedehnten Gültbesitz zu St. Lorenzen, Lesing, Aller­Geschichte einzelner Klosterarchive: St. Georgs-Ritterorden (Millstatt). 593 1 Putsch, a. a. 0., fol. 172 v. 2 Nat. Bibi., Cod. ms. 14.177, fol. 68 v.—70. 3 Ebendort, fol. 319f. 4 Mayer, Wiener-Neustadt, III, S. 175, 187. 6 StA., Urk. Rep. II (AB. 378/3). 6 Jaksch, Geschichte Kärntens, II, S. 325, 368, 396. 7 Putsch, a. a. 0., fol. 39. Inventars des Wiener Haus-, Hof- und Staatsarchivs, Bd. 6. 38

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