Inventare Teil 5. Band 6. Gesamtinventar des Wiener Haus-, Hof- und Staatsarchivs (1938)
Die Handschriftenabteilung von Fritz Antonius
252 Die Handschriftenabteilung. große Geschichte der habsburgischen Herzoge von Österreich nach Innsbruck berufen und ihm 1610 ein kaiserliches Patent ausgefertigt, das ihm alle Archive des Keiches und der Stifter und Klöster in Schwaben, Breisgau und Elsaß öffnen sollte. Schon 1607 hatte Guillimann zehn Bücher seiner großen Geschichte entworfen und war auf Grund seiner umfassenden Studien im Frühjahr 1611 endlich so weit, daß er das Erscheinen des ersten Bandes ankündigen konnte. Es sollte zu diesem Zweck sogar eine eigene Druckerei für ihn in Freiburg eingerichtet werden. Die Sache verzögerte sich jedoch und der plötzliche Tod Guillimanns am 14. Okt. 16121 machte das Erscheinen des Werkes unmöglich. Es wurde dann der Freiburger Theologieprofessor Johann Paul Windeck mit der Vollendung der von Guillimann schon so weit geführten Arbeit betraut und dieser überreichte denn auch im Jahre 1617 dem Hoch- und Deutschmeister Erzherzog Maximilian das fertige Manuskript — 2 Teile in 4 Bänden —, betitelt: „De principum Habsburgicorum vita, moribus, rebus gestis, conjugiis, liberis etc. Opus absolutum in duos tomos divisum, quorum primus a nobili, clarissimo, doctissimoque viro Francisco Guillimanno, Sacrae Caes. Maiestat. consiliario et historiographo inchoatus, et maiori ex parte, summo studio et labore congestus, ipso vero, praematura morte e vivis abrepto, a reverendo, nobili clarissimoque viro Ioanne Paulo Windeckio, ssee. theologiae doctore, et in alma unversitate Friburgensi professore ordinario, cui hoc in mandatis datum erat, multis in locis, non sine exiguo et vigilanti labore auctus, completus et in hanc formam redactus est anno nativ. Chr. 1617.“ Dieses Manuskript, das der Allgemeinen Deutschen Biographie zufolge 1 2 „noch 1725 in Innsbruck vorhanden, schon 1783 nicht mehr aufzufinden“ war, ist nun zweifellos identisch mit unserer Handschrift Böhm Nr. 6, es muß also zwischen 1725 und 1755 aus Innsbruck in die Staatskanzlei nach Wien gebracht worden sein, d. h. vermutlich wohl 1751 durch Rosenthal. Aus der Staatskanzlei-Registratur kamen die Bände, wie wir eingangs sahen, 1755 ins StA. Von dem übrigen Schriftennachlaß Guillimanns soll vieles ins Kloster Einsiedeln gekommen sein, nur drei Bruchstücke seiner Originalaufzeichnungen verirrten sich später — ebenfalls auf dem Weg über Innsbruck — ins StA. Franz Gassier brachte nämlich mit den übrigen Tiroler und vorder- österr. Archivalien 1805 auch „einen Faszikel Handschriften und Hilfsquellen des österreichischen Geschichtsschreibers Franz Guilimanus“ mit nach Wien. Dieser Faszikel wurde in der Folge aufgelöst. Sein Inhalt bildet heute die Handschriften Böhm 7 und Böhm 114, enthaltend Aufsätze und Materialsammlungen Guillimanns, endlich Böhm 739, enthaltend die aus dem Besitz des Hans von Hinwyl stammenden Aufzeichnungen und Auszüge Guillimanns aus Tschudis Annalen. Der Band stammt offenbar aus 1 Er soll von schweizerischen Bauern erschlagen worden, bzw. den bei dem Zusammenstoß erlittenen Verletzungen erlegen sein; siehe Allgemeine Deutsche Biographie, Bd. 10, S. 110. 2 Bd. 10, S. 111; vgl. auch Vogel, Specimen Bibliothecae etc., Pars II, Wien 1783, S. 237.