Inventare Teil 5. Band 5. Gesamtinventar des Wiener Haus-, Hof- und Staatsarchivs (1937)

Das Habsburg-Lothringische Familien Archiv von Fritz Von Reinöhl

4 Das habsburg-lothringische Familienarchiv. 1805 werden sie zum erstenmal als eigener Bestand mit der Bezeichnung „Hausakten“ erwähnt; dieser muß noch recht klein gewesen sein, denn er füllte bei der in diesem Jahre nötig gewordenen Flüchtung des Archivs nur eine Kiste. Die Rückkehr des Archivs und die durch den Preßburger Frieden bedingte Schmälerung seines Besitzes gaben noch im selben Jahre den Anstoß zu einer Neuordnung. Das Archiv sollte in sieben Abteilungen (I S. 146* Anm. 4) gegliedert werden, deren sechste unter dem Namen „Kaiserthum Österreich“ alle Urkunden und Akten aufnehmen sollte, „welche die ... Regenten der Primo-Genitur und Chefs de famille, in älteren und neueren Zeiten als Souverains des gesamten Komplexus aller ihrer Reiche“ betrafen. Unter diese Rubrik sollten vor­nehmlich alle „sich nicht auf einzelne Provinzen beziehenden Verträge mit fremden Staaten von 1500 an, Nachfolgeordnungen, pragmatische Sanktionen usw.“ fallen. Alle Archivalien, welche sich nach damaliger Auffassung mehr auf den Chef des Gesamthauses als auf den Monarchen bezogen, also Renunziationen, Testamente und dergleichen, sollten in die dritte Abteilung „Österreich“ eingeteilt werden, was auch bis zu einem gewissen Grade durchgeführt worden zu sein scheint.1 Obwohl das StA. bei seiner Gründung als der zuständige Hinterlegungs- und Aufbewahrungs­ort aller die Herrscherfamilie betreffenden Urkunden und Akten erklärt worden war, obwohl Kaiser Franz am 27. Juni 1804 anläßlich der Aus­stellung der Versorgungsurkunden für sämtliche, mit keinem Etablisse­ment versehenen Erzherzoge neuerdings angeordnet hatte, daß derlei Akten und Urkunden im StA. zu hinterlegen seien,1 2 war diese Bestim­mung des Archivs von den Behörden nicht beachtet worden (I S. 49*). Lediglich die Staatskanzlei hat seit 1765 mehrfach ordnungsmäßig ein­geliefert. So war es dazu gekommen, daß nicht nur 1808 die letzteinge­lieferte derartige Urkunde vom 3. Jan. 1791 stammte, sondern auch Entfremdungen vordem im Archiv verwahrt gewesener Archivalien durch Entlehnungen zu beklagen waren. Der Direktor des StA. Freiherr von Hormayr sah sich daher veranlaßt, in einem Vortrag vom 26. Mai 1808 ein­dringliche Vorstellungen zu erheben.3 Die bewegten Zeiten brachten es mit sich, daß der Staatskanzler die Angelegenheit erst am 25. Dez. 1809 dem Kaiser vortrug, der mit Entschließung vom 6. Jan. 1810 als Grundsatz festsetzte, „daß sämtliche Urkunden, die Meine Familie betreffen, und zwar jene, welche eine strengere Geheimhaltung fordern, ... ausschließend in dem Hausarchiv bewahrt werden sollen“.4 In dem Wörtchen „ausschließend“ liegt die große Bedeutung dieser kaiserlichen Verordnung, welche hiemit über jene Maria 1 Dies läßt sieh aus der von Meiller nach 1846 vorgenommenen Ausscheidung schließen, siehe die Ausführungen über die Familienakten in diesem Band. 2 Die hier erwähnte Verfügung Kaiser Josefs II., die das gleiche Ziel bezweckte, konnte ich nicht finden. 3 Siehe auch I S. 21*, 49*. 4 Auf diese kaiserliche Entschließung (K. A. 882/1810) geht auch der stets beachtete Brauch zurück, streng geheim zu verwahrende Stücke versiegelt, mit kurzer Inhaltsbe­zeichnung und dem Vermerk versehen „Nicht zu eröffnen ausser auf Allerhöchsten Befehl Seiner Majestät des Kaisers und Königs oder des K. K. dirigirenden Ministers der aus­wärtigen Geschäfte vom Archivdirektor“ zu hinterlegen.

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