Inventare Teil 5. Band 4. Gesamtinventar des Wiener Haus-, Hof- und Staatsarchivs (1936)

Einleitung

Vierter Abschnitt. § 2. 119* errichten, das ausschließlich von Archivaren versehen wird 1 und dessen Zuständigkeit sich auf alle österr. staatlichen Archive erstreckt, erleichterte den Fortgang der Verhandlungen mit dem Ausland und sollte auch für die Übernahme weiterer behördlicher Agenden durch Beamte des StA., beson­ders auf dem Gebiete des Archivalienschutzes, auf welchem sich das Archiv- schön bisher betätigt hatte,1 2 von Bedeutung werden. Der Gedanke einer selbständigen zentralen Leitung des Archivwesens durch Fachmänner hatte im alten Österreich nicht vollkommen verwirk­licht werden können, weil das k. k. Minister, des Innern (vgl. oben S. 107*, Anm. 1) an der obrigkeitlichen Leitung des Archivwesens durch rechtskun­dige Beamte des höheren Verwaltungsdienstes festhielt, ein Standpunkt, der noch lange nachwirken und die Geschäftsführung der archivalischen Fach­referate erschweren sollte. So segensreich auch der 1894 geschaffene und 1911 ausgestaltete Archivrat3 gewirkt hatte, war er doch nur ein Beirat ohne behördliche Entscheidungsbefugnis geblieben. Die Not der Zeit und die sich immer mehr durchringende Tendenz, den Fachleuten größeren Einfluß auf die letzten Entscheidungen hinsichtlich ihres Faches zu ge­währen, wirkte sich nach dem Umsturz im Sinne einer stärkeren Zusammen­fassung des staatlichen Archivwesens aus. Als Kristallisationskern dieser Bestrebungen bot sich zunächst das Amt des Archivbevollmächtigten dar. Der Archivbevollmächtigte 0. Redlich hatte durch den Ministerratsbeschluß vom 15. April 1919 (oben S. 117*) auch die Befugnis erhalten, die Arbeiten für die Auseinandersetzung mit dem Ausland in allen in Betracht kommen­den österreichischen Archiven zu leiten. Die Tatsache, daß Redlich auch stellvertretender Vorsitzender des noch fortbestehenden österreichischen Archivrates4 war, ließ die Übertragung der Leitung auch der inneren An­gelegenheiten des Archivwesens an ihn als beinahe selbstverständlich er­scheinen. Tatsächlich hat Redlich auch 1919 und in der ersten Hälfte des Jahres 1920 eine Arbeitsorganisation der Archivdirektoren der Wiener Zentralstellen geschaffen, von dieser Organisation unterstützt, eine Gesamt­katalogisierung der staatlichen Archive eingeleitet, deren Ergebnisse leider 1 Vgl. L. Groß in Literaturberichte: Deutschland, Archival. Zeitschr. 36. Bd., S. 275; ders., Archivschutz in Österreich, S. 178 und oben S. 40* Anm. 4. 2 Siehe oben S. 53* ff. und L. Groß, Archivschutz, S. 161 und 168. Das StA. hat sich auch schon früher an den Arbeiten der öffentlichen Körperschaften und privaten Vereine, die sich mit Archivalienschutz beschäftigten, rege beteiligt, so an den Unter­nehmungen des k. k. österr. Archivrates (Arneth, Winter, Schütter), der Kommission für neuere Geschichte Österreichs (Winter, Schiitter, Mitis, Bittner, siehe oben S. 58* und unten 150,129, 92, 18), der Gesellschaft für neuere Geschichte Österreichs (Winter, Schiitter, Mitis und Gooß oben S. 58* und unten 150,129, 92, 46), des Vereines für Landes­kunde von Niederösterreich (Winter, Felgel, Lampel, Mitis), des Vereines für Geschichte der Stadt Wien (Lampel, Groß, Stowasser, Seidl), der Heraldischen Gesellschaft Adler (Siegenfeld, Mitis, Reinöhl), des Historischen Vereines und der Historischen Landes­kommission für die Steiermark (Siegenfeld), des Innsbrucker Museum Ferdinandeum (Voltelini, Hüter) u. a. 3 Siehe oben S. 117*. Ich verweise hier auf die zusammenfassenden und mit voll­ständigen Literaturbelegen versehenen Ausführungen von L. Groß, Archivschutz in Österreich, S. 170—178. 4 Vorsitzender war der Minister des Innern, der sich naturgemäß bei den Be­ratungen durch seinen Stellvertreter vertreten ließ.

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