Inventare Teil 5. Band 4. Gesamtinventar des Wiener Haus-, Hof- und Staatsarchivs (1936)

Staatenabteilungen (Vereinigte Diplomatische Akten)

Italien, Diplomatische Korrespondenz. 559 Amtsorganisation und 1865 erhielt es vom StA. 230 die Abtei San Gregorio betreffende Urkunden von 1028—1295 ausgeliefert. Diesen von Kaiser Franz Joseph und seinen Ministern betätigten wissenschaftlichen Inter­essen, die zur Dämpfung der österreichfeindlichen politischen Tendenzen des Landes dienen sollten und sicherlich auch mit der Franz Joseph eigen­tümlichen Vorliebe für die italienischen Provinzen zusammenhingen, machte der Krieg von 1866 ein Ende. Im Juli ließ die Generaladjutantur des Kaisers durch Pater Beda Dudik die wertvollsten Bestände des General­archivs und der Marciana, soweit sie sich nicht auf die territorialen oder administrativen Verhältnisse Veneziens bezogen, in 19 Kisten nach Triest, Graz und Wien schaffen.1 Mit Ausnahme von drei in Triest hinterlegten Urkundenbänden kamen alle übrigen Bestände, darunter auch die Dispacci di Germania, ins StA., wo sie Klinkowström im Juni 1868 aufstellte. Unter den so erworbenen Dispacci befanden sich 291 Bände Dispacci di Germania von 1541—1789 und 14 Bände Dispacci di Vienna von 1586—1794, wäh­rend sich 61 Bände Rubricarii di Germania von 1558—1758 und 18 Bände Depeschen nach Venedig von 1538—1797 schon seit dem Anfänge des 19. Jahrhunderts (Gassier) im StA. befunden haben mögen. Längst war aber indessen zu diesem Zeitpunkte das Schicksal der alt- venezianischen Bestände des StA. bereits entschieden. Denn nicht länger als drei Monate lang erfreute es sich ungestört dieser letzten, jahrzehntelang ersehnten Bereicherung. Der Wiener Friede vom 3. Oktober 1866 legte Österreich im Artikel XVIII die Rückgabe aller altvenezianischen Bestände auf. Viktor Cérésoles Broschüre „La vérité sur les déprédations autri- chiennes ä Venice“ tat ein übriges. 1867 kam es unter Arneths Mitwirkung in Mailand zu Verhandlungen über die Durchführung des genannten Ar­tikels, die 1868 in Florenz fortgesetzt und am 14. Juli abgeschlossen wur­den. Österreich verlor fast alle altvenezianischen Archivbestände, die Dalmatien, Friaul und Istrien betreffenden mitinbegriffen. Alles in allem machte dieser Bestand etwa 350 Urkunden, weit über 2000 Bände und Fas­zikel und über 80 Handschriften1 2 aus. Lediglich die Dispacci di Germania vermochte Arneth für das StA. zu retten,3 mußte sich aber gleichzeitig ver­pflichten, sie zur Abschriftnahme nach Venedig zu entlehnen. Noch im September 1868 gingen 66 Kisten mit Archivalien von Wien nach Venedig ab. Als freiwillige Gegenleistung stellten die italienischen Übernahms­kommissäre die Abgabe der in Venedig vorhandenen Abschriften jener Archivalien in Aussicht, deren Originale nunmehr wieder dorthin zurück­kehrten. In der Tat erhielt das StA. im März 1869 sechs Kisten solchen Inhalts. Weitere Abschriften wurden in Aussicht gestellt, so eine Kopie 1 J. Opoéensky, Beda Dudik a Archivni Konvence Florentská (Brünn 1925). 2 Ein Verzeichnis in Registr. des StA. 81/1869. 3 ln dem Zusatzprotokoll vom 14. Juli 1868 erklärten die Österreicher, von der Forderung nach Belassung der Dispacci um so weniger abgehen zu können, als es sich um einen verhältnismäßig unbedeutenden, für die Monarchie aber überaus wichtigen Archiv­teil handle und Österreich überdies dafür auf die Anforderung der Dalmatien, Istrien und Friaul betreffenden venezianischen Archivalien verzichte. — In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts sind diese Dispacci eine oft benutzte Quelle gewesen, an deren Heraus­gabe auch Arneth und Fiedler mitgearbeitet haben.

Next

/
Thumbnails
Contents