Inventare Teil 5. Band 4. Gesamtinventar des Wiener Haus-, Hof- und Staatsarchivs (1936)
Reichsarchive von Lothar Gross
286 Reichsarchive. der Reichsakten anvertraut war. Es ist hier nun der Platz, uns mit dieser Kommission, deren Tätigkeit an den ihr überlieferten Beständen nicht spurlos vorbeigegangen ist, näher zu beschäftigen und zu zeigen, was während ihrer Amtierung für die Reichshofratsarchivalien an Ordnungsarbeiten geleistet wurde, aber auch was gerade zufolge ihrer Bestimmung damals durch Auslieferung dem Reichsarchive für immer verlorenging. Bei der Beschreibung der einzelnen Abteilungen des Reichshofrates werden wir uns dann ziemlich kurz fassen können. Sie sind in ihrer Provenienz zum allergrößten Teil durchaus einheitlich beschaffen und haben vielleicht unter allen Abteilungen des StA. die geringsten Veränderungen und Umordnungen erfahren. Das Patent vom 4. Febr. 1807,1 mit dem die „zu den reichshofräth- lichen Judicial- und den in der Reichslehn- und Gratialregistratur aufbewahrten Acten, dann zur reichshofräthlichen Depositen-Casse verordnete Hofcommission“ ins Leben gerufen wurde, verfügte, daß die Kommission die genannten Registraturen ordnungsgemäß verwahren sollte, um die Rechte aller jener, deren Ansprüche durch diese Akten betroffen sind, zu sichern. Dementsprechend war sie zur Ausfolgung von Akten, Herausgabe von Depositen und Erteilung vidimierter Abschriften der in den genannten Registraturen erliegenden Originaldokumente berufen. Sie bestand aus dem ehemaligen Präsidenten des Reichshofrates, Grafen Philipp Öttingen- Wallerstein, den vormaligen Reichshofräten Landgrafen Friedrich Karl Fürstenberg, Konrad Friedrich Freiherrn v. Pufendorf, Johann Ludwig Freiherrn von Werner und Friedrich Christian Freiherrn von Gärtner als Mitgliedern, denen die Bearbeitung der einlaufenden Anforderungen und die Entscheidung darüber übertragen war, dem vormaligen Reichshofratssekretär Johann Nikolaus von Schwabenhausen als Sekretär und dem vormaligen Registrator Nikolaus v. Wolf als Registrator, dem noch die Registranten Franz Popp, Franz Winterheld, Augustin Winger und Friedrich v. Hofmann beigegeben waren.1 2 Die Kommission nahm, nachdem sie mit dem kais. Handbillett vom 20. Mai 18073 konstituiert worden war und damit auch ihre Geschäftsordnung erhalten hatte, noch 1807 ihre Tätigkeit auf und, wie ihre Amtsbücher zeigen, wurden schon in den Jahren 1807 und 1808 zahlreiche Akten an die verschiedensten ehemaligen Reichsstände ausgefolgt. Die Besetzung Wiens durch die Franzosen im Jahre 1809 unterbrach dann nicht nur die Tätigkeit der Kommission, sondern sie beraubte sie auch der ihr anvertrauten Akten, indem die Franzosen, wie bereits ausgeführt wurde, auch die Reichshofratsregistraturen nach Paris schafften. Als dieselben dann nach nahezu zehnjähriger Pause 1818 endlich wieder in gebrauchsfähigen Zustand versetzt worden waren, setzte die Arbeit der Kommission mit erneuter Intensität ein. Nach dem Berichte des Registrators Wolf 4 befanden sich damals im Laurenzer1 Reichsbofrätl. Hofkommission Fasz. 39, 1807, Nr. 45. * Ebenda 1807, Nr. 11. 3 Billettenprotokoll des Kabinettsarchivs, Jg. 1807. * Bericht Wolfs vom 30. Sept. 1818 in Reichshofrätl. Hofkommission Fasz. 41, 1818, Nr. 1 und Nr. 15.