Inventare Teil 5. Band 4. Gesamtinventar des Wiener Haus-, Hof- und Staatsarchivs (1936)

Einleitung

Erster Abschnitt. § 1. 21* großen Teil dem StA. zugewiesen wurden. 1807 erreichte Hormayr die Ein­verleibung der politischen Registratur der Reichshofkanzlei des 1806 zu­sammengebrochenen Römischen Reiches deutscher Nation. In demselben Jahr begann auch die Übernahme der 1794 aus Belgien geflüchteten Archive und des Archivs der Wiener niederländischen Hofkanzlei. Damit wurde aus dem landschaftlich auf die österreichisch-böhmische Ländergruppe und zeit­lich auf das Mittelalter beschränkten Archiv ein bis zur damals jüngsten Gegenwart reichendes Archiv universellen Inhalts. Ein methodischer Fort­schritt ist auch darin zu erblicken, daß man bewußt mit dem System der Auswahl von Urkunden brach und ganze, hauptsächlich aus Akten1 be­stehende Archivkörper der Anstalt einverleibte. Auch dieser Fortschritt knüpft sich an die Person Hormayrs. Ein vornehmlich aus Akten bestehen­des Archiv, das lothringische, hatte zwar schon Rosenthal 1765 übernom­men, weder er noch seine Nachfolger aber hatten sich darum gekümmert. Der erste Versuch, dieses Archiv zu bearbeiten, fällt in die Zeit Hormayrs (unten S. 221 AB. 308/3). Der Krieg von 1809 brachte dem Archiv neuerdings schwere Bedräng­nis. Der größte Teil des alten Bestandes wurde wieder nach Temesvár ge­flüchtet. Der Rest, insbesondere die politische Registratur der Reichskanzlei, fiel dem Aktenraub der Franzosen zum Opfer und wurde nach Paris ge­bracht,1 2 um erst nach Jahren wieder zurückzukehren. Dazu kamen die Forderungen auf Abgabe der Archivalien der in den Friedensverträgen von 1805 und 1809 abgetretenen Länder.3 Hormayr ließ sich jedoch dadurch nicht abschrecken. 1808 und 1811 betrieb er eifrig die Abgabe der im Kabinett des Kaisers, bei der Staatskanzlei, beim Oberstkämmereramt und 1 Schon in der von Hormayr verfaßten Instruktion für Gassier vom 17. Sept. 1803 findet sich die Anweisung, in Venedig auch Akten einzuziehen. Die von Hormayr erworbenen Archive der Reichshofkanzlei und der belgischen Regierung waren hauptsächlich Aktenarchive. Allerdings hat sich Hormayr der barbarischen Vernich­tung der Salzburger Reichsakten schuldig gemacht, unten S. 57. s Siehe unten S. 277 ff. und die dort zitierte Literatur. Vgl. auch H. Zimmer­mann, A. Handlirsch und O. Smital, Die beiden Hofmuseen und die Hofbibliothek, Wien 1920, S. 69, J. K. Mayr a. a. O. 30, 75 und Othmar Doublier, Die Wiener Hof­bibliothek in Kriegsgefahr im: Zentralblatt für Bibliothekswesen, Jahrg. 53 (1936), S. 44 ff. 3 Hier kommen in Betracht Art. XVI des Preßburger Friedens vom 26. Dez. 1805 (Neumann, Recueil des traités d’Autriche II 190) und Art. VIII des Schönbrunner Friedens vom 14. Okt. 1809 (ebenda 313). In beiden Artikeln wurde nur die Ab­tretung der Archive der abgetretenen Länder, nicht aber, wie in den neuesten Archivverträgen, zu deren Abschluß Österreich nach dem Weltkrieg gezwungen wurde, die Abtretung von Bestandteilen Wiener Archive vereinbart. Ich sehe hier davon ab, diese und spätere Verhandlungen mit dem Ausland über Archivalien­abgabe und Archivalientausch bis 1914 zusammenfassend zu behandeln, da ihre Auswirkung auf die einzelnen Bestände ohnehin in den betreffenden Abschnitten des Gesamtinventars geschildert wird. Nur die Archivverhandlungen nach dem Welt­krieg werden am Schluß dieses Kapitels genauer behandelt. Das Register (4. Bd.) verzeichnet übrigens unter dem Namen der betreffenden Staaten (Baden, Bayern, Belgien, Deutscher Bund, Frankreich, Italien, Jugoslawien, Luxemburg, Mainz, Niederlande, Papst, Polen, Preußen, Reich, Rumänien, Rußland, Schweden, Schweiz, Spanien, Tschechoslowakei, Ungarn) alle in dem vorliegenden Werk vorkommenden Hinweise über derartige Verhandlungen.

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