Inventare Teil 5. Band 4. Gesamtinventar des Wiener Haus-, Hof- und Staatsarchivs (1936)

Einleitung

142* Einleitung. das noch ein ganzes Jahrhundert hindurch ebenfalls im Sinne der Zer­störung organischer Archivkörper wirksam sein sollte. Er begann die Neu­anlage von Urkundenrepertorien mit diplomatisch genauen Regesten1 und eines Verzeichnisses der Handschriften.1 2 Von grundsätzlicher Bedeutung ist, daß unter seiner Leitung zum erstenmal3 Ordnungen größeren Stiles an Aktenabteilungen4 durchgeführt wurden. Die von ihm angeordnete An­lage eines Sachregisters über das Gesamtarchiv kam nicht zustande. Es war seinem Mitarbeiter und Nachfolger Knechtl5 Vorbehalten, für die Zeit bis etwa 1848 eine Ordnungs- und Repertorisierungstätigkeit von einer Fruchtbarkeit einzuleiten, wie sie seither niemals wieder erreicht wurde.6 In dieser Zeit wurde von einem nur aus wenigen Personen be­stehenden Beamtenkörper wahrhaft Erstaunliches geleistet. Schon die Masse der Bestände, die von dieser Ordnungstätigkeit erfaßt wurden, sowie Zahl und Umfang der damals geschaffenen Repertorien verblüffen. Auch hinsichtlich der Qualität der Einzelarbeiten vermag diese Leistung auch vor dem Auge eines modernen Fachmannes wohl zu bestehen. Neben der gewissenhaften Behandlung und Beschreibung der Urkunden ist insbe­sondere die sachkundige Bearbeitung der Akten zu rühmen, für welche damals noch keinerlei wissenschaftliche Vorarbeit bestand.7 Als Beleg, bis zu welchem Grad wissenschaftlicher Genauigkeit man damals vorge­drungen war, soll hier ein Bericht Reinharts über die Arbeiten Gévays aus dem Jahre 1840 wiedergegeben werden: „Es gelang ihm, eine be­deutende Zahl bloß mit Monatstagen und Absendungsdaten versehener Briefe Ferdinands I. in die gehörigen Jahre einzureihen.... Dies erreichte er vorzüglich durch drei Mittel: 1. durch sorgfältige Aufzeichnung der Aufenthaltsorte Ferdinands I. und der wichtigsten Personen seiner Zeit; 2. durch die Contrasignaturen der Secretaire, deren Amtsdauer er so genau als möglich zu erforschen suchte, und 3. durch die gleichen Wasserzeichen des Papiers. Selbst ähnliche Wasserflecken führten ihn mehrmals auf das Jahr, in welches der fragliche Bericht gehörte, ja sogar die Spuren der Zerstörung durch Würmer förderten mehr als einmal 1 Unten S. 240 AB. 388, S. 242 AB. 398, 400. 2 Vgl. hierüber Hormayr, Taschenbuch für vaterländische Geschichte XXV (1836), S. 479 f. 3 Der mißglückte Versuch Weinkopfs (unten S. 171 AB. 2/1) ist nicht zu rechnen. 1 Das Reichsarchiv (unten S. 277), das niederländische und das Salzburger Archiv wurden notdürftig geordnet, letzteres allerdings unter barbarischer Vernich­tung großer Aktenbestände (oben S. 21* Anm. 1, 51*). Hieher ist auch die erste Be­arbeitung des lothringischen Archivs im StA. (vgl. unten S. 221 AB. 308/3) zu rechnen. 5 Die dem Namen nach die Direktion führenden Hofräte Swietezky (unten 145) und Radermacher (unten 102), die für die eigentlichen Archivarbeiten gar nichts leisteten, kommen nicht in Betracht. 6 Für die Einzelheiten dieser Arbeiten verweise ich auf die Biographien Knechtls (unten 70), Reinharts (108), Rosners (123), Chmels (24), Kubitscheks (75), Baum­gartners (11) und Gévays (41) und die dort zitierten Archivbehelfe, deren Beschrei­bung in der Übersicht der Archivbehelfe (unten S. 169—272) nachzulesen ist. Auch die Anfänge Firnhabers (36), Meillers (88), Wochers (162) und Fiedlers (33) fallen in diese Zeit. 7 Als Musterbeispiel diene hier das Repertorium C (unten S. 191 AB. 108).

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