Inventare Teil 5. Band 4. Gesamtinventar des Wiener Haus-, Hof- und Staatsarchivs (1936)

Einleitung

116* zu stand gebracht haben wird“. Aus diesen Gründen forderte man eine wissenschaftliche Vorbildung der Archivare (oben S. 84*). Daiser erklärt 1801: „Dieses sehr wichtige Archiv ist aber ein toter Schatz, wenn die Archivare bloße Wächter desselben und nicht in dem diplomatischen Fache gründlich erfahrene Männer sind, welche die Urkunden in ihrer Urschrift nicht nur zu lesen, sondern auch mit andern zu vergleichen und aus der Ge­schichte zu erläutern im Stande sind. Denn keiner Hofstelle ist in einem wichtigen Geschäft mit einer bloßen Abschrift einer Urkunde gedienet, sie muß auch mit den Gründen ihrer Aechtheit und mit Erleuterungen über ihren wahren Sinn versehen werden.“ Diese Gedanken werden auch in der Folgezeit mehrfach in Noten und Erlässen der Staatskanzlei und des Min. d. Äuß. ausgesprochen.1 Die letzten Dienstordnungen von 1920 und 1925 (oben S. 81*) beauftragen die Archivleitung, dafür zu sorgen, „daß das Archiv in stets wachsendem Maße eine verläßliche geschichtswissenschaft­liche Auskunftsstelle für das österreichische Staatsamt für Äußeres sei“. Tatsächlich sind aus dem Archiv eine große Zahl von Deduktionen und Gutachten hervorgegangen. Sie bilden den wertvollsten Teil der Ge­samtleistung Rosenthals (unten S. 122). Roschmann (unten S. 115), Gassier (unten S. 39), Hormayr (unten S. 59), Knechtl (unten S. 73), Arneth (unten S. 8), Fiedler (unten S. 35), Winter (unten S. 160), Károlyi,1 2 Schiitter (unten S. 128), Voltelini (unten S. 152), Siegenfeld (unten S. 138) u. a.3 haben sich auf diesem Gebiete besonders betätigt. Es wäre müßig, eine Zusam­menstellung dieser Gutachten zu geben. Ihr Inhalt ist so vielseitig wie der des Archivs überhaupt. Ein gutes Bild der Bedeutung des Archivs für die Verwaltung bietet der von L. Groß verfaßte Katalog der anläßlich des internationalen Kongresses für Verwaltungswissenschaften 1933 veran­stalteten Ausstellung. Unter den Leistungen der Anstalt für die Staatsverwaltung ist noch ein dritter Aufgabenkreis zu nennen, die Veranstaltung von wissenschaft­lichen Veröffentlichungen, die einem bestimmten Staatszweck dienen. Diese werden im fünften Abschnitt § 6 besprochen werden. In diesem Abschnitt wird gezeigt werden, daß das Archiv über seine anfängliche Stellung als ausschließlich der Staatsverwaltung dienende Anstalt seit dem Anfang des 19. Jahrhunderts weit hinausgewachsen ist. § 2. Die Leistungen des Beamtenkörpers auf Grund persönlicher Betrauung mit obrigkeitlichen Aufgaben. Wie wir oben S. 61* ff. gesehen haben, gehört die Ausübung obrigkeit­licher, behördlicher Funktionen nicht zum Aufgabenkreis der Anstalt. Eine 1 Besonders energisch durch Fürst Felix Schwarzenberg in einer Note des Min. d. Äuß. an das Obersthofmeisteramt vom 17. Aug. 1849. Der Unterstaatssekretär Josef Freiherr von Werner (J. K. Mayr, Geschichte derStK. unter Metternich, S. 160) schreibt in einer gleichzeitigen Aufzeichnung: „Das Archiv ist die geistige Schatzkammer des Kaiserhauses, — und steht vor der materiellen Schatzkammer, die dasselbe besitzt und in der Burg aufbewahren läßt, noch in so weit höher, als die Schätze, die es umfaßt, als Originalien einer längst verflossenen Zeit ganz unersetzlich sind----“ 2 L. Bittner, Árpád von Károlyi 29. 3 Vgl. unten S. 18 und unten 3. Bd. (Archivalische Arbeiten). Einleitung.

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